Eine Kolumne von Heinrich Wilke
Aus der Büro- und der Shoppingwelt und auch aus dem Medizinsektor kennen wir es schon. Die Begriffe Co-Working, Business-Center und Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) haben eines gemeinsam: Nicht der Quadratmeterpreis ist das hervorstechende Merkmal, sondern ein service- und konzeptorientiertes Geschäftsmodell, welches seinen Nutzern einen möglichst optimalen Rahmen für das eigene Geschäft bietet. Kollaborationen zwischen Unternehmen werden dabei gefördert, vorhandene Infrastrukturen nach Bedarf gebucht und/oder administrative Arbeiten übernommen. Vorteile für die Nutzer: niedrige Fixkosten, mehr Flexibilität, Konzentration auf die Kernkompetenzen und das Arbeiten in einem innovationsfördernden Umfeld.
Dass Bill Gates mit seinem Unternehmen Microsoft in den 70er-Jahren in einer Garage startete, weiß auch Rüdiger Gramkow, der in Hamburg-Bergedorf moderne Produktionsflächen für Kleinunternehmen zur Miete anbietet. In seinem neuen Projekt am Schilfpark gibt es 47 Quadratmeter große Plug-and-Play-Produktionshallen. Büros können raumweise dazu gemietet werden. Und eine Kita befindet sich auch gleich nebenan.
Aber auch ausgewachsene Unternehmen müssen flexibel bleiben und erwarten von ihren Vermietern nicht nur kurze Vertragslaufzeiten, sondern weitere Dienstleistungen rund um die Immobilie. Für den Vermieter bedeutet das nicht nur mehr Aufwand, sondern auch die Chance auf neue Geschäftsmodelle durch Mehrwert-Dienstleistungen. Gelingt es ihm zudem, ein kreatives Business-Klima in seiner Immobilie zu installieren, dürften ihm zufriedene und treue Mieter sicher sein.
Top-Infrastruktur ein Muss
Je höher die Arbeitsplatzdichte, desto wichtiger wird der Wettbewerb um die besten Köpfe und damit auch die Qualität der Infrastruktur. Nicht die nächste BAB-Auffahrt ist plötzlich das entscheidende Kriterium, sondern neben der Nähe zum Kunden auch die Qualität des öffentlichen Nahverkehrs, der nächste Einkaufsmarkt, die Kita in der Nachbarschaft und der Park für die Mittagspause. Aber welches ist das richtige Gewerbe-Immobilienkonzept für hochwertige urbane Lagen? Vorbildlich konzipiert wurde beispielsweise das Gewerbeobjekt Jaffe 12 der Firma Puhst in Wilhelmsburg. Lediglich die perfekte öffentliche Infrastruktur lässt noch etwas auf sich warten und wird mit der Fertigstellung des Rathausquartiers und des Elbinselquartiers in einigen Jahren folgen.
Technologie- oder Gründerzentren werden in Deutschland vielfach noch als öffentlich finanzierte Einrichtungen der kommunalen Wirtschaftsförderung verstanden. Gleichzeitig gibt es schon heute ein vielfältiges Angebot privat finanzierter Gewerbe- und Innovationsparks wie zum Beispiel das Tempowerk in Harburg. Und wenn sich ein Start-up die höheren Marktmieten in den ersten Jahren nicht leisten kann, warum denken wir nicht über einen staatlichen Mietzuschuss vergleichbar zum Wohngeld nach, wenn wir Unternehmensgründungen fördern wollen?
Ein sehr schönes Beispiel für die Schaffung eines Biotops für junge, produzierende Unternehmen auf privatwirtschaftlicher Basis ist das MotionLab aus Berlin. Unternehmen finden hier nicht nur eine erstklassige technische Ausstattung, sondern auch ein ausgefeiltes innovatives Milieu. Dass hier auch Flächen zu mieten sind, ist dabei fast ein Randthema. Im Kern handelt es sich um einen Hardware-Hub. Alle User zahlen wie in einem Fitness-Studio einen monatlichen Festbetrag und erwerben damit Nutzungsrechte an dem umfangreichen Equipment. Zur Verfügung stehen Werkstätten für 3-D-Druck, Lasercutting, Elektronik, Textil, Holz und Metall auf höchstem technischem Niveau. Bei Bedarf können versierte Fachkräfte gleich mit gebucht werden. Ergänzt wird das Angebotsspektrum durch Workshops und Events und natürlich durch einen attraktiven Treffpunkt mit Gastronomie.
Was sagt die Stadtplanung?
Das knappe Gut Boden zwingt die Stadtplaner in den deutschen Metropolregionen zu einer höheren städtebaulichen Verdichtung. Hinzu kommt, dass der Wohnungsbau bei den politischen Verantwortlichen in der Regel eine höhere Priorität genießt als der Gewerbebau. Neue Gewerbegrundstücke, auf denen Unternehmen ihr eigenes Produktions- oder Lagergebäude mit großzügigem Außenbereich und ausreichend Erweiterungspotential errichten können, wird es zumindest in Hamburg so gut wie nicht mehr geben. Für ein solches Grundstück wird man zukünftig weit hinaus ins Umland fahren müssen.
Hamburg setzt wie viele andere hochverdichtete und wachsende Großstädte auf gestapelte Gewerbenutzungen und wohnortnahe Arbeitsplätze. Der Entwickler Four Parx hat beispielsweise in Wilhelmsburg eine zweigeschossige Logistikimmobilie entwickelt und denkt über innerstädtische Lagergebäude mit sieben Stockwerken, unterirdischer Anlieferung und Lastenaufzügen nach.
Worauf kommt es an?
Es ist richtig, dass wir weiterhin darauf drängen, dass neue Gewerbegrundstücke in ausreichender Menge an den Markt gebracht werden. Wir müssen uns aber auch darauf einstellen, dass das nicht in erforderlichem Umfang geschehen wird. Immobilien-Entwickler sind deshalb gefordert, mit der Knappheit umzugehen und verdichtete Angebote an den Markt bringen, in denen sich ihre Mieter trotz der Enge gut entwickeln können. Genehmigungsbehörden sind gefordert, der Funktionalität solcher Gebäude einen höheren Stellenwert einzuräumen als ihrer Gestaltungsqualität, denn gute Konzepte brauchen wirtschaftlich vertretbare Baukosten.