KOLUMNE
Von Martin Mahn, Geschäftsführer der Tutech Innovation GmbH und der Tutech Hamburg GmbH
Selber laufen ist doch anstrengend. Laufen lassen, das wäre klasse. So wie beim neuen Terminal des Flughafens Hamburg. Ich verlasse das (autonom gesteuerte) Wasserstoff-Taxi, betrete die Haupthalle und setze meine Füße nebst Gepäck auf einen der mobilen Bodentransporter. Der kleine Helfer liest mein digitales Ticket aus und setzt sich in Bewegung. Wie von Geisterhand werde ich automatisch zum Security Check an das richtige Terminal gefahren und in die Warteschlange eingereiht (das Warten konnte uns die Digitalisierung bisher leider noch nicht abnehmen). Die Schlange wandert zügig am Check Counter vorbei, an dessen Sensor-Spot ich nur noch kurz mein Handgelenk führen muss (mit dem subkutanen Transponder), und weiter geht‘s (Gesichtscanner gab‘s früher mal, aber die waren bei der Identifikation zu langsam). Mein Handgepäck wurde bei dieser Gelegenheit auch bereits durchleuchtet und ein anderer freundlicher FloorBot hat mir inzwischen mein größeres Gepäck abgenommen.
Gut, so richtig ausgereift ist das System der FloorBots noch nicht. Aber wie immer hängt der Erfolg neuer Technik eben auch mit der Akzeptanz und dem Geschick des geneigten Benutzers zusammen. So sind Unfälle mit zu hoch gestapeltem Gepäck, unzertrennlichen Pärchen, Passagieren mit Gleichgewichtsproblemen und mit Übergewicht (Gepäck oder Person) heute gelegentlich noch zu beobachten. Aber bequem ist es schon, und inzwischen hat mich mein Freund auch sicher durch
die Sky Shopping Meile ans Gate navigiert – ich hatte bei der Buchung bereits die „No-Shopping-Needs-Option“ gewählt. Okay, an Bord muss ich dann schon noch selbst gehen. Aber dann lasse ich mich in einen der ultradünnen, ergonomischen und super-bequemen Flexi-Seats fallen, die jede Viscoschaum-Matratze wie ein Brett erscheinen lassen. Erinnere mich an einen Ausschnitt einer alten Satire aus dem Jahr 2017 – NDR Intensiv-Station – etwa sinngemäß: „Ihr Pilot begrüßt Sie herzlich an Bord des Fluges HX998 nach New York.“ —„Ich stehe übrigens gerade mit meinem Co-Piloten an der Currywurstbude im Flughafen-Food-Court, aber keine Sorge, wir bringen Sie sicher ans Ziel!“
Und noch bevor der vollautonome SkyCruiser senkrecht abhebt, schlummere ich weg. Höre das Summen von Bienen. Ein Schwarm Airborn-Lieferdrohnen kommt auf mich zu. Will fliehen. Gelingt mir aber nicht – stolpere über eine Herde LieferBots auf dem Fußweg. Liege hilflos im Elektroschrott wie ein Käfer auf dem Rücken, als mich die Drohnen packen. Wache auf. Herz rast. Nur ein Alptraum. Finde mich an Bord mit üblichem Standard wieder. War auch zu schön, die Vision modernen Fliegens.
Wenn wir uns autonome Mobilität wünschen und den digitalen Anschluss an die Welt nicht verlieren wollen, sollten wir nicht laufen, nein, wir müssten ab sofort sprinten.