Blick.Lüneburg – Kolumne von Jürgen Enkelmann, Geschäftsführer der Wirtschaftsfördergesellschaft mbH für Stadt und Landkreis Lüneburg
Wenn wir über Kreativität reden, dann tauchen schnell Forderungen nach mehr öffentlicher Förderung, Netzwerkbildung und Beratung auf. Gerechtfertigt wird dies mit den hohen regionalwirtschaftlichen Effekten der Kultur – und Kreativwirtschaft. Tatsächlich sind kreative Akteure wichtige Lieferanten von Inhalten (Content) für Innovationen. Allerdings stellt sich die Frage, ob eine Zusammenführung von zwölf Teilmärkten – von den darstellenden Künsten über die Filmwirtschaft bis zur Software-/Games-Industrie – unter dem Begriff „Kultur- und Kreativwirtschaft“ in der Sache weiterhilft oder nicht doch der Wirkung großer Zahlen in einem Wettbewerb um knappe Ressourcen wie Aufmerksamkeit und Budgets geschuldet ist.
Natürlich beeindruckt es, wenn aktuelle Datenerhebungen für die Metropolregion Hamburg (MRH) von 134 000 Beschäftigten in der Kultur- und Kreativwirtschaft ausgehen und die erwirtschaftete Wertschöpfung auf jährlich mindestens 5,7 Milliarden Euro geschätzt wird. Nicht überraschen kann dagegen die Tatsache, dass die Verteilung der rund
71 000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in der Metropolregion Hamburg unterschiedlicher nicht sein kann. Die Freie und Hansestadt Hamburg ist mit knapp 56 000 Beschäftigten der Hotspot. Lübeck und Lüneburg folgen mit rund 2000 Beschäftigten auf den Plätzen zwei und drei. In einigen Randbereichen der MRH sind allerdings lediglich 100 bis 200 Personen pro Landkreis diesem Themenspektrum zuzuordnen. Allein diese Spannbreite zeigt die Herausforderung, die in der Entwicklung von Handlungsempfehlungen für die MRH steckt.
Aber vielleicht sind die Dinge auch einfacher als man denkt. Erst kürzlich hatte der Vorstandschef des Medienkonzerns Bertelsmann, Thomas Rabe, mehr Investitionen in hochwertige Inhalte angekündigt und in diesem Zusammenhang faire Wettbewerbsbedingungen für Kreativunternehmen gefordert. In einem Diskussionsbeitrag sagte er: „Trotz aller Erfolge sind wir, wie alle Kreativunternehmen in Europa, im Wettbewerb mit den Tech-Plattformen wie Google, Apple, Facebook, Netflix und Amazon benachteiligt.“ Grund hierfür sind unterschiedliche Regulierungen, die der Realität der Märkte nicht mehr entsprechen.
Dabei ist das Urheberrecht als Grundlage für Wertschöpfung in einer digitalen Welt von besonderer Bedeutung. Die Möglichkeit, kreative Inhalte anderer, ohne Vergütung für die Erweiterung eigener Reichweiten zu nutzen, wiegt dabei schwer. In diesem Umfeld können anspruchsvolle Inhalte nur dann entstehen, wenn deren Produzenten, Autoren, Musiker und Medienunternehmen auch davon leben können. Dabei sind die Nutzer in der Pflicht für Qualität, auch im Netz, einen Preis zu zahlen. Hier gibt es noch viel zu tun. Aber die positive Beschäftigungsentwicklung im Bereich Medien/IT insbesondere in der Region Lüneburg (von 2012 bis 2015 immerhin ein Plus von 21,8 Prozent) zeigt, dass die Kreativität trotz allem lebt. Durch neue Allianzen kann sie sicherlich weiter gestärkt werden. Wir arbeiten daran.
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enkelmann@wirtschaft.lueneburg.de