Kolumne: Der Steuer-Tipp
Von Dipl.-Ökon. Dr. Simone Wick, Steuerberaterin bei Dierkes Partner
Bei inländischen Arbeitgebern angestellte Arbeitnehmer werden vermehrt nicht nur allein in Deutschland, sondern auch in einem anderen Staat (oder sogar in mehreren anderen Staaten) tätig. Hieraus ergeben sich für die Lohnabrechnung zusätzliche Anforderungen. An sich ist ein inländischer Arbeitgeber verpflichtet, auf den gesamten Arbeitslohn Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. Gilt dies auch, wenn ein Arbeitnehmer in zwei Staaten arbeitet?
Beispiel: Die Paraplü GmbH produziert in Hamburg Regenschirme. In anderen Ländern gibt es keine Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten. Die GmbH beschäftigt seit mehreren Jahren einen Mitarbeiter, der in Deutschland und in den Niederlanden einen Wohnsitz hat. Ab November 2018 soll er die Vertriebsmöglichkeiten in den Niederlanden erkunden. Geplant ist, dass der Mitarbeiter jeden Monat ein Viertel seiner Arbeitszeit in Deutschland und den Rest in den Niederlanden verbringt. Neben dem Grundgehalt (4000 Euro/Monat) werden ihm Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld gezahlt.
Zuordnung des Besteuerungsrechtes
Für den Arbeitnehmer ist vom Steuerberater der Paraplü-GmbH geprüft worden, dass er in beiden Ländern unbeschränkt steuerpflichtig und für Abkommenszwecke in den Niederlanden ansässig ist. Die auf niederländische Arbeitstage entfallenden Einkünfte sind daher in den Niederlanden zu versteuern. Da sein Arbeitgeber in Deutschland sitzt, ist der anteilig auf die deutschen Arbeitstage entfallende Arbeitslohn allerdings in Deutschland zu versteuern.
Wie ist der Arbeitslohn aufzuteilen?
Tipp: Auch wenn die Niederlande kein antragsabhängiger Staat sind, ist es sinnvoll, beim zuständigen Finanzamt eine Bescheinigung über die Freistellung des Arbeitslohns nach Doppelbesteuerungsabkommen zu beantragen.
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat mit mehreren Schreiben (zuletzt vom 3. Mai 2018) ausführlich zur Ermittlung des steuerfreien und des steuerpflichtigen Arbeitslohns Stellung genommen. Zunächst ist zu prüfen, ob es direkt zuordenbare Gehaltsbestandteile gibt (zum Beispiel Unterkunft im anderen Staat). Der verbleibende Arbeitslohn (Gesamtarbeitslohn abzüglich direkt zugeordneter Gehaltsbestandteile) ist auf Basis der tatsächlichen Arbeitstage aufzuteilen. In der Regel führen Arbeitnehmer entsprechende „Reisekalender“, die dem Arbeitgeber jeden Monat zur Verfügung zu stellen sind. Am Ende des Kalenderjahres (oder bei Beendigung des Dienstverhältnisses) hat der Arbeitgeber die monatliche Aufteilung des Arbeitslohns anhand der Gesamtdaten für das Kalenderjahr nochmals zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
Wie ist der Arbeitslohn in der Lohnabrechnung zu erfassen?
Die Paraplü GmbH teilt ab November 2018 den monatlichen Arbeitslohn anhand der tatsächlichen Arbeitstage pro Monat auf (hier jeweils ein Viertel pro Monat). Der in Deutschland zu versteuernde Arbeitslohn beträgt somit 1000 Euro. Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld ist als sonstiger Bezug ebenfalls nach dem Verhältnis der tatsächlichen in-/ausländischen Arbeitstage zu den Gesamtarbeitstagen aufzuteilen und zu versteuern. Bitte beachten: Der anteilige steuerfreie Arbeitslohn ist im Lohnkonto ebenfalls zu erfassen und in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen.
Ergänzender Hinweis: Neben der Lohnsteuer ist stets auch die Sozialversicherung zu beachten. Zudem sollte der Arbeitgeber stets prüfen, welche Verpflichtungen er im Tätigkeitsstaat (hier Niederlande) zu erfüllen hat.
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