Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 11. Juli 2017 (IX R 36/15) entgegen seiner langjährigen Rechtsprechung entschieden, dass der Ausfall von Gesellschafterdarlehen und die Inanspruchnahme aus für die Gesellschaft eingegangenen Bürgschaften nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten im Sinne des § 17 EStG führen. Es ist zu erwarten, dass dieses Urteil große Auswirkungen auf die Finanzierung von Kapitalgesellschaften durch Gesellschafterdarlehen und die Absicherung von Darlehen durch Bürgschaften des Gesellschafters haben wird.
Als Begründung für seine Entscheidung führt der BFH an, dass durch das seit 2009 geltende MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008) die Aufhebung des Eigenkapitalrechts erfolgte. Dadurch ist nach Ansicht des BFH die steuerliche Grundlage für die bisherige Rechtsprechung und auch die Auffassung der Finanzverwaltung entfallen. Diese besagte, dass die Aufwendungen des Gesellschafters aus Darlehen und aus der Inanspruchnahme aus Bürgschaften unter bestimmten Voraussetzungen zu eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen führten und als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG steuermindernd angesetzt werden konnten.
Wegen der Brisanz dieses Urteils hat der BFH sich dazu entschieden, Vertrauensschutz für die Vergangenheit zu gewähren. Die neuen Rechtsprechungsgrundsätze sind nur für die Zukunft anwendbar. Die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen sind bis zum Tag der Veröffentlichung des Urteils (27. September 2017) anwendbar. Alle bis dahin eingezahlten Darlehen oder abgeschlossenen Bürgschaften sind nach den bis dahin geltenden Kriterien zu beurteilen.
Das Bundesamt für Finanzen (BMF) wurde vom BFH zum Beitritt zu dem Verfahren aufgefordert und hält momentan noch an seinen bisherigen Grundsätzen fest. Hier bleibt es abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung nach dem Urteil des BFH positionieren wird. Die Auffassung des BMF war schon vor dem Urteil in der Literatur umstritten, daher wurde bereits lange darauf gewartet, wie der BFH entscheiden wird. Nun hat er mit seinem Urteil einen Einklang bei der handelsrechtlichen, gesellschaftsrechtlichen und steuerrechtlichen Beurteilung von Gesellschafterdarlehen hergestellt. Im Schrifttum wird von einer zukünftigen Klarheit und Eindeutigkeit für die Berücksichtigung gesprochen. Zukünftig ist bei der Ausstattung einer GmbH mit Gesellschaftermitteln sorgfältig abzuwägen, ob dies über ein Darlehen erfolgen soll. Sollte es zu einem Ausfall des Darlehens kommen, ist dies steuerlich nicht mehr geltend zu machen. Unstrittig ist weiterhin die Einzahlung in das Stammkapital oder in die Kapitalrücklage. Diese Einzahlungen führen weiterhin zu Verlusten im Sinne § 17 EStG.
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