Kolumne: Ein Fall für … Schlarmann von Geyso
Die niedrige Inflationsrate spiegelt sich – zumindest auf der sprachlichen Ebene – nunmehr ansatzweise auch im Arbeitsrecht wider. So wurde die zunehmende Ausuferung von inflationären Bewertungen in Zeugnissen durch das Bundesarbeitsgericht gestoppt. In dem Gerichtsverfahren vertrat die Angestellte einer Zahnarztpraxis die Auffassung, dass im Hinblick auf die Vielzahl der durchschnittlich guten Bewertungen in Zeugnissen im Ausgangspunkt von einem guten Zeugnis auszugehen sei. Der Arbeitgeber müsse dann gegebenenfalls den Nachweis führen, dass die Arbeitsleistung schlechter als „gut“ zu bewerten sei.
Das Gericht hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 18. November klargestellt, dass in Zeugnissen die Note „befriedigend“ nach wie vor als mittlere Note der Zufriedenheitsskala anzusehen sei. Es komme letztendlich nicht darauf an, ob in der Praxis am häufigsten die Noten „gut“ und „sehr gut“ vergeben werden; dadurch verschiebe sich die durchschnittliche Zeugnisnote nicht auf ein „gut“. Es bleibe in einem Rechtsstreit bei der bisherigen Verteilung der sogenannten Darlegungs- und Beweislast. Begehrt ein Arbeitnehmer danach eine Benotung oberhalb der Note „befriedigend“, muss er weiterhin darlegen und im Streitfall auch beweisen, dass er eine gute oder sogar sehr gute Arbeitsleistung erbracht habe.
Der Zeugnisanspruch richtet sich laut Gericht auf ein inhaltlich „wahres“ Zeugnis, was auch die Schlussnote umfasst. Klarstellend stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass ein Zeugnis zwar wohlwollend sein müsse, aber eben „auch nur im Rahmen der Wahrheit“.
Wahrscheinlich ist es eine Frage des Blickwinkels, ob diese Gerichtsentscheidung als „voll befriedigend“ angesehen werden kann. Und übrigens: Ein Zeugnis darf bei Übersendung an den Arbeitnehmer tatsächlich nicht geknickt werden . . .