B&P: Toppenstedt ist ja noch sehr landwirtschaftlich geprägt. Das sieht hier richtig idyllisch aus, aber vielfach ist das in den Dörfern näher an der Stadtgrenze zu Hamburg nicht mehr der Fall – dort schreitet die Verstädterung voran. Ist hier vor Ihrer Haustür noch heile Welt?
Isermann (zeigt auf die Höfe rundum): Täuschen Sie sich nicht. Dort drüben sind 19 Mietparteien untergebracht. Der Hof dort wirtschaftet nicht mehr. Der auf der anderen Seite wirtschaftet nicht mehr. Der nächste macht noch ein kleines bisschen Viehhaltung als Nebenerwerb. Als ich hier vor 43 Jahren nach Toppenstedt kam, hatten wir 18 Betriebe. Jetzt sind es fünf – wobei abzusehen ist, dass zwei weitere aufhören. Dann sind wir noch drei. Und wenn wir mal an die Grenze zum Heidekreis schauen – in Soderstorf beispielsweise gibt es schon seit zehn Jahren gar keinen Betrieb mehr.
B&P: Aber die Flächen sind ja noch da – und werden von anderen bewirtschaftet.
Isermann: Wenn jemand wachsen will, dann müssen andere weichen. Das ist ein ganz normaler Vorgang.
B&P: Wie sehen Sie die Entwicklungsperspektive für die Landwirtschaft im Kreis Harburg? Und was heißt das für die künftigen Betriebsgrößen?
Isermann: Das ist schwer zu sagen. Kommt immer darauf an, wie der jeweilige Betrieb strukturiert ist. Wenn ich da an einen Betrieb in Heidenau denke: Der melkt jetzt 750 Kühe – will auf 1000 erweitern und hat zwei Biogasanlagen dabei. Es gibt aber auch viele Betriebe, die um die 100 Kühe melken und damit gut zurechtkommen. Das kann auch weiterhin noch eine Familie leisten.
B&P: Wie fühlen Sie sich als deutscher Landwirt in der EU?
Isermann: Ein Beispiel: Die Milchquote ist weg. Die Milchviehhalter werden sich an den freien Markt gewöhnen müssen. Gar keine Frage – die Milch aus Neuseeland steht jetzt in Konkurrenz zur Milch aus Ostfriesland. Das ist einfach so . . .
B&P: . . . gibt es hier jetzt etwa schon Milch aus Neuseeland?
Isermann: Natürlich. Es gibt alles – nicht nur Kiwis oder so. Transport kostet offenbar kaum Geld. Das ist ja dasselbe Problem mit Rindfleisch aus Argentinien und Schweinen aus Brasilien. Wir haben einen globalen Markt – damit müssen wir uns abfinden.
B&P: Würden Sie denn heute noch einem jungen Menschen raten, Landwirt zu werden?
Isermann: Unbedingt! Weil es Spaß macht. Wir haben ja sogar Zuwächse in der Ausbildung . . .
B&P: . . . sogar von jungen Leuten ohne Land – ein Phänomen.
Isermann: Ja, das stimmt. Aber wir brauchen auch gute Leute. Und wer gut ist, wird auch gut bezahlt.