INTERVIEW Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch zu den Perspektiven der Luftfahrtindustrie in Hamburg
Frank Horch ist Präses der Hamburger Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Bei der Luftfahrt kommen alle drei Verantwortungsfelder zusammen, denn die Luftfahrtindustrie hat sich zu einem der innovativen Spitzen-Cluster in der Wirtschaft der Hansestadt entwickelt. Mit dem Wirtschaftssenator sprach B&P-Redakteur Wolfgang Becker.
Hamburg ist einer der größten Luftfahrtstandorte weltweit – wie beurteilen Sie das Verhältnis zum benachbarten Luftfahrtstandort Niedersachsen?
Wir arbeiten kooperativ zusammen. Gerade die Luftfahrt bietet sich da an, weil sie – was Airbus im Speziellen und die Luftfahrtindustrie im Allgemeinen angeht – mit unterschiedlichen Produkten und Produktionsabläufen auf niedersächsischem Raum und im Hamburger Bereich stark vertreten ist. Nehmen wir Finkenwerder, Stade und Varel als herausragende Beispiele. Da ist es eine Notwenigkeit, dass wir in unserem Luftfahrt-Cluster hier im Norden eng kooperieren.
Gibt es eine Entwicklung, als Norden gemeinsam aufzutreten? Beispielsweise auf Messen?
Ja, wir haben in den vergangenen Jahren immer das Ziel verfolgt, auf der ILA und auf anderen Messen gemeinsam aufzutreten. Es gibt zwar immer mal wieder Konkurrenzsituationen, beispielsweise wenn es um Fördermittel geht, aber unter dem Strich ist das Gemeinsame allemal überragender als das kleinteilige Konkurrenzdenken. Unser Cluster Hamburg Aviation hat Mitglieder aus der gesamten Metropolregion Hamburg.
Hamburger als Hafenstadt – das ist der Klassiker. Hat die Luftfahrtindustrie das Potenzial, aus der Hafenstadt eine Luftfahrtstadt zu machen?
Der Hafen ist für Hamburg identitätsstiftend – allein durch seine 800-jährige Geschichte. Er wird immer, auch in der Zukunft, eine entscheidende Rolle spielen. Die Lieferketten werden sich jedoch entscheidend verändern, damit müssen wir uns auch mit Blick auf den Hafen auseinandersetzen. Aber Produkte und Rohstoffe müssen auch in Zukunft transportiert werden. Es wird veränderte Prozesse geben. Stichwort Digital Logistic. Das ist ein Thema mit hoher Komplexität. Die Luftfahrt hat uns in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten stark geprägt. Anfangs sprachen wir über vielleicht 1000 Arbeitsplätze – heute sind es 45 000. Das ist ein ganz starker Wirtschaftszweig, der zukunftsweisende Perspektiven aufzeigt. Luftfahrt ist ein junges, aber sehr dynamisches und innovatives Thema in der Hamburger Industriegeschichte. Es gelingt Airbus bestens, sich da im internationalen Wettbewerb insbesondere mit Boeing zu behaupten.
Fliegen Sie eigentlich gern?
Ich habe damit keine Probleme, aber wenn man so viel geflogen ist wie ich, dann hat man nicht mehr so die große Sehnsucht, durch die Welt zu fliegen. Aber ja, ich fliege gerne.
Sie sind ja auch Präses der Innovationsbehörde – auf welche Innovationen im Bereich der Luftfahrt müssen wir uns in Hamburg in Zukunft einstellen? Stichwort: die autonome Drohne, die etwas transportiert. Vielleicht sogar eines Tages Menschen.
Wir stellen uns an die vorderste Spitze der Entwicklung, auch wenn wir nicht die einzigen sind. Wir wollen da nicht zuschauen, sondern unmittelbar dabei sein. Am ZAL in Finkenwerder gibt es dazu ein Projekt, das die Möglichkeiten auslotet. Ich bin außerdem Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz. Das Thema Drohne wird bei der nächsten Konferenz ein Schwerpunktthema sein.
Können Sie sich wirklich vorstellen, dass hier an Ihrem Bürofenster im achten Stock an der Wexstraße ein Lufttaxi vorbeifliegt?
Für bestimmte Transporte an Stellen, wo es der Luftraum hergibt, kann ich mir durchaus vorstellen, dass Drohnen beispielsweise Depots für die Auslieferung von Waren ansteuern. Wir sprechen da über die letzte Meile beim Lieferverkehr.
Halten Sie auch Personenverkehr per Drohne für möglich?
Beim autonomen Fahren ist es ja auch nicht so, dass die Autos morgen alle selbstständig unterwegs sind. So ist es beim Fliegen auch – es gibt eine Reihe von sicherheitsrelevanten Fragen. Bis die beantwortet sind, bedarf es noch vieler Schritte, aber theoretisch ist das alles denkbar. Durch Künstliche Intelligenz werden die Entwicklungsprozesse sehr dynamisch und es werden Entwicklungen möglich, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.