Mahns Meinung – Kolumne von Martin Mahn, Geschäftsführer der Tutech Innovation GmbH und der Hamburg Innovation GmbH
Über zu viele Anglizismen in der deutschen Sprache hat man sich schon immer beschwert. Aber „Freitag für die Zukunft“ hört sich eben einfach doof an. Auch in der Lebensmittelbranche greift das schon länger um sich: Ich trinke ein „Craft Beer“ zu meinem „Pulled Pork Burger“, und danach gibt es einen „Toffee Nut Latte“ oder besser noch einen „Java Chip Chocolate Cream Frappuccino“. Molle und schwarzer Filterkaffee? Fehlanzeige. Inzwischen werden auch alte Angebote durch einen sprachlichen Kniff neu und schön verpackt – und gaukeln dem Verbraucher so einen Mehrwert vor. Wellness Cereals, Powerbars, Snack Bites oder Vitamin Supershots zum Beispiel. Müsli, Nüsse und Fruchtsaft tun‘s auch. Aber das wäre zu einfach und so gar nicht hip.
Neulich stolperte ich über ein Seminarangebot namens „Forest Detox“. Was muss man sich darunter vorstellen? Bärlauch kauen und Bäume streicheln für gestresste Städter? Beim virtuellen Nachschlagen stieß ich auf einen mir noch unbekannten deutschen Begriff, der nicht minder absurd anmutet: Waldbaden. Aha. Ich vermute, das nannte man früher einfach Spaziergang. Aber das klingt halt nicht. Zum Waldbaden bitte schön tief einatmen und die Feinstaub-gestressten Lungen mit guter Luft füllen. Oder ist etwa gar der Vorgang gemeint, wenn man sich ins erfrischende Nass eines Waldsees stürzt – das Wald-Baden?
Überhaupt: Das Nass, das hat es in sich. Kürzlich kam unser Bundesumweltministerium mit einer sensationellen Erkenntnis um die Ecke: Leitungswasser ist der wahrscheinlich umweltfreundlichste Durstlöscher. Diverse Gazetten titelten dazu, Leitungswasser sei das Mittel der Wahl gegen Durst. Nein, echt? Darauf wären wir ja nun wirklich nicht gekommen. Demnächst werden wir von ministerieller Seite wahrscheinlich noch aufgeklärt, dass Luft gut gegen Ersticken ist. Und dazu mit Kopfhörern versorgt, die uns im stetigen Rhythmus ins Ohr flüstern „Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen . . .“. Reine Fürsorge von Vater Staat, versteht sich. Und nebenbei auch noch gut fürs Klima. Denn eigenes Nachdenken verbraucht mehr Energie und das erhöht den persönlichen CO2-Ausstoß, den „carbon footprint“. Und der muss ja unbedingt reduziert werden.
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