Eine Kolumne von Johanna Niehusen
Die industrielle Infrastruktur in Hamburgs nördlichen Stadtteilen wird traditionell von der starken Präsenz des Luftfahrtsektors geprägt: Niederlassungen von Airbus, Lufthansa, ein engmaschiges Netz aus Zulieferern sowie der Hamburger Flughafen machen die Region nach Toulouse zum zweitgrößten europäischen Standort der zivilen Aviation-Industrie. Doch das Jahr 2020 hat die lokale Branche mit ihren rund 41.000 Mitarbeitern durch Reisebeschränkungen und Quarantäne-Auflagen vor große Herausforderungen gestellt: Aufträge internationaler Airlines blieben aus, Produktionskapazitäten wurden nicht ausgeschöpft, Belegschaften befinden sich in Kurzarbeit. Allein der Flughafen Hamburg rechnet mit einem Krisen-induzierten Verlust von 130 Millionen Euro, in der Fertigung zeichnet sich ebenfalls ein negatives Stimmungsbild aufgrund fataler Jahresbilanzen ab. Die Hoffnung der Industrie stützt sich auf erweiterte Subventionen der Bundesregierung, die nicht nur die akuten Einbußen während der Pandemie, sondern auch die Folgewirkungen abdecken, die sich an allen Enden abzeichnen. Viele Betriebe versuchen unterdessen, ihr Angebot vorübergehend auf andere Schwerpunkte zu verlagern – so orientieren sich beispielsweise Ausstatter von Flugzeugkabinen um, indem sie auch das Interieur von Wohnmobilen und Yachten in den Fokus nehmen und sich so ein zweites finanzielles Standbein verschaffen. Aus meiner Perspektive als Gewerbeimmobilienberaterin kann die Hamburger Luftfahrtbranche dennoch zuversichtlich in die Zukunft blicken: Der Standort selbst hat während der Krise nichts an seiner ursprünglichen Attraktivität und infrastrukturellen Stärke eingebüßt, mittelfristig können Unternehmen mit dem Wiedererstarken von Tourismus und internationalen Geschäftsreisen wieder konjunkturellen Aufwind erwarten.
Ein erhöhter Leerstand an Produktionsflächen des Sektors ist folglich nicht zu erwarten. Völlig anders hat sich die Corona-Krise auf das Hamburger Logistikgewerbe ausgewirkt: Verstärkt wahrgenommene Angebote im Online-Handel haben den Bedarf an Verteilerzentren und Lagerhallen immens erhöht. Auch Lieferketten im Lebensmittelsektor wurden kaum von der Pandemie tangiert, während die Verteilung medizinischer Utensilien wie auch der dringend benötigten neuen Impfstoffe neue Wachstumsperspektiven im Speditionsbereich eröffnet. Unter Investoren galten Logistikimmobilien während des zurückliegenden Jahres als stabile Assetklasse, deren Gütergruppen-übergreifende Systemrelevanz sich in stark erhöhter Nachfrage ausdrückt. Vor allem kurzfristig verfügbare Lagerhallen werden aufgrund der vielerorts erreichten Kapazitätsgrenzen vehement gesucht und erzielen folglich Spitzenpreise am Markt. Meiner Einschätzung folgend werden in den kommenden Monaten und Jahren zudem viele neue Investoren einsteigen, die das Potenzial der Logistik auch nach Corona erkennen – Digitalisierung und Internationalisierung tragen langfristig zur wachsenden Bedeutung des Sektors für eine funktionierende Gesamtwirtschaft bei und machen die Logistik zu einer wichtigen Zukunftsbranche. Unter Berücksichtigung der Flächenengpässe im Hamburger Norden werden dabei auch Neubauprojekte und Logistikimmobilien jenseits der Stadtgrenzen in der Metropolregion Hamburg immer interessanter, die sich je nach Ausstattung, Größe und konkreter Lage zuweilen auch preislich als attraktive Alternative präsentieren.
Johanna Niehusen ist als Gewerbeimmobilienmaklerin für das Hamburger Traditionsunternehmen Engel & Völkers Commercial tätig: Nach ihrer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zur Immobilienkauffrau im Januar 2018 lag ihr Tätigkeitsschwerpunkt zunächst bei der Vermarktung von Büroimmobilien, bevor sie im April 2019 in den Bereich Industrie- und Logistik wechselte. Als Ansprechpartnerin für den Hamburger Norden und Westen sowie das nahe Umland unterstützt Frau Niehusen Unternehmen bei der Suche nach der passenden Gewerbeimmobilie, während Vermieter und Verkäufer von ihren zielführenden Vermarktungsstrategien und interdisziplinären Beratungsansätzen profitieren.