„Wir wollen und müssen unseren Beitrag leisten“

In Sellstedt stehen bisher die einzigen Windräder auf dem Gebiet der Gemeinde Schiffdorf. Jetzt prüft die Gemeinde weitere Standorte. Im Gespräch Bürgermeister Henrik Wärner / Foto: Edel/Archiv

Im Interview: Schiffdorfs Bürgermeister Henrik Wärner zu erneuerbaren Energien.

Von Christoph Bohn

Die Gemeinde Schiffdorf (Landkreis Cuxhaven) will in Zukunft verstärkt auf erneuerbare Energien setzen. Dazu gehören sowohl Wind- als auch Photovoltaik-Anlagen (PV). Das wurde in der jüngsten Bauausschuss-Sitzung der Gemeinde deutlich. Im Interview erläutert Bürgermeister Henrik Wärner (CDU) Hintergründe und Pläne.

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Im Bauausschuss wurde publik, dass die Gemeinde Schiffdorf verstärkt Flächen für erneuerbare Energien zur Verfügung stellen will. Warum?

Nach dem Überfall Putins auf die Ukraine ist uns schonungslos aufgezeigt worden, wie abhängig wir im Energiesektor sind. Gleichzeitig ist der Ausstieg aus fossilen Energieträgern zum Schutz unseres Klimas die Aufgabe unserer Zeit. Hier wollen und müssen wir unseren Beitrag leisten.


Bisher stehen in der Gemeinde nur vier Windräder – in Sellstedt. Aus gutem Grund, da sich damals Bürgerinitiativen gegen den Bau von Windenergieanlagen formiert hatten. Wie wollen Sie diesem Problem begegnen?

Damit Windkraftanlagen in den Ortschaften akzeptiert sind, ist es wichtig, dass wir sie frühzeitig in die Planungsprozesse einbinden. Darum müssen wir in Bürgerrunden vor Ort frühzeitig über Planungen informieren und Sorgen ernst nehmen. Außerdem müssen wir deutlich machen, dass wir als Gemeinde von Projekten auch profitieren müssen, dies kann etwa durch eine Abgabe je produzierter Kilowattstunde oder abgeführte Gewerbesteuern erreicht werden.

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Wo sehen Sie Standorte für neue Windenergieanlagen? Und wie viele könnten es werden?

Es gibt an mehreren Standorten Anfragen von Projektentwicklern. Diese haben wir dem Bauausschuss vorgestellt und uns darauf verständigt, zunächst mit dem Landkreis fachlich zu bewerten, welche Anfragen realistisch sind.

Sie regen auch sogenannte Bürgerwindparks an. Wo liegen die Vorteile?

In Bürgerwindparks haben die Einwohner der betroffenen Ortschaften die Möglichkeit, sich finanziell an den Windkraftanlagen zu beteiligen. Sie profitieren also von der erzielten Rendite. In anderen Modellen von Energiegenossenschaften ist es sogar denkbar, dass Bürger vom vergünstigten Strom profitieren.


Für Solaranlagen wurden bereits Flächen an der Bahnstrecke ausgemacht. Wie ist hier der Stand, wo könnten weitere Anlagen entstehen? Eventuell auch zwischen Windenergieanlagen?

Freiflächen-Photovoltaikanlagen erhöhen den Druck auf dem Flächenmarkt. Darum ist es wichtig, zunächst solche Flächen in den Blick zu nehmen, die für die Ernährungssicherung durch die Landwirtschaft eine untergeordnete Rolle spielen. Hier kommen bei uns perspektivisch sicher moorige Standorte infrage. Ob eine Aufstellung von PV-Anlagen zwischen Windenergieanlagen überhaupt sinnvoll ist, müssen Projektentwickler für sich bewerten.

Haben Sie vor, Photovoltaikanlagen auf Privathäusern und auch auf gemeindeeigenen Gebäuden zu forcieren?

Als Gemeinde sehe ich uns zunächst selber in der Pflicht, wenngleich natürlich jedes Dach hilft. Derzeit planen wir eine Anlage auf unserer Zentralkläranlage in Bramel, die unser größter Energieverbraucher ist. Auch unsere neuen Kitas in Spaden und Wehdel werden mit einer Anlage ausgerüstet werden. Weiterhin bewerten wir derzeit, auf welchen Gebäuden eine Nachrüstung sinnvoll ist.


Wie sieht es mit anderen alternativen Energien aus – beispielsweise Biogasanlagen für die Produktion von Gas, Strom oder Fernwärme?

Biogasanlagen, insbesondere solche, die mit tierischen Nebenprodukten wie Gülle und Mist betrieben werden, sind eine sinnvolle Ergänzung für den Strommix. Sie bieten den Vorteil, dass das produzierte Gas eine gewisse Zeit gespeichert werden kann und dann zur Verfügung steht, wenn weder die Sonne scheint, noch der Wind weht. In Wehdel betreibt ein Landwirt seit Längerem eine Biogasanlage, die nicht nur Strom produziert, sondern auch viele Häuser mit Wärme versorgt.

Wie ist Ihre Vision im Bereich alternative Energien für eine Gemeinde Schiffdorf der Zukunft?

Als Gemeinde sollten wir uns das Ziel setzen, noch vor dem Bund die Klimaneutralität zu erreichen. Diese ist nur durch einen Mix an Maßnahmen zu erreichen. In Schiffdorf planen wir derzeit ein Baugebiet, das völlig unabhängig von Erdgas ist. In Sellstedt wird ein Baugebiet mit einer zugehörigen PV-Anlage an der Bahnstrecke geplant. Diese neue Art des Bauens gepaart mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien bringen für uns als Gemeinde eine Vielzahl an Chancen.