Minus der Verbindung Sandstedt – Brake geht in die Hundertausende.
Von Mark Schröder
Mit der Corona-Pandemie brachen die Fahrgastzahlen der Schnellfähre Sandstedt–Brake ein. Das Minus geht inzwischen in die Hunderttausende. Nur von der Brücke der „Kleinensiel“ aus ist für Peter Schultze stets Land in Sicht. Etwas mehr als fünf Minuten dauert die Überfahrt vom einen zum anderen Fähranleger. Wirtschaftlich ist es für den 56-Jährigen aber noch ein langer Weg bis ans rettende Ufer. Noch immer liegt die Zahl der mit der Schnellfähre transportierten Pendler, Lastwagen und Touristen deutlich unter dem Niveau früherer Jahre. „Uns fehlen mehr als 30 Prozent des Umsatzes“, sagt der 56-Jährige, der nur ein Jahr jünger ist als sein Schiff.
Als Schultze im Frühjahr seine Not öffentlich machte, sahen die Zahlen noch düsterer aus. Gerade mal die Hälfte seiner Fahrgäste nutzten damals die Möglichkeit, ohne große Umwege über die Weser zu gelangen. Die Gründe dafür waren zur Hochzeit der Pandemie relativ klar: Homeoffice, Kurzarbeit und Lieferengpässe machten die Fähre für viele überflüssig. Dass aber trotz zunehmender Normalität und steigender Impfquoten die Umsätze im Keller bleiben, macht Schultze ernsthafte Sorgen.
Seine prekäre Lage unterstreicht der 56-jährige Braker mit Zahlen: Von den 650 000 bis 700 000 Euro Jahresumsatz blieben der Schnellfähre GmbH durch Corona etwa 450 000 Euro. Der Dieselpreis habe sich seit dem Frühjahr verdoppelt. Und auch die 21 Tage, die die „Kleinensiel“ in diesem Jahr in der Werft verbracht hat und niemanden befördern konnte, bedeuten einen Negativ-Rekord in den 16 Jahren, die der Geschäftsführer das Sagen bei der privaten Fährlinie hat. Hinzu kommen Personalprobleme: Sein Team aus fünf Stammkräften und vier Aushilfen müsse dringend um einen Kapitän und einen Decksmann ergänzt werden, macht Schultze deutlich. „Aber Fachpersonal ist nicht zu bekommen. Das ist eine prekäre Situation.“
Fähre selten ausgebucht
Schultze drosselt das Tempo und lässt die „Kleinensiel“ in Golzwarden anlegen. Dort warten wieder nur drei Autofahrer auf ihn und seinen Mitarbeiter an Deck, der die Karten verkauft. Auf die Frage, bei wie viel wartenden Fahrzeugen ihm das Herz aufgehe, antwortet Schultze mit seinem typischen, trockenen Humor: „Ab 21.“ Damit wäre die Fähre ausgebucht. Doch das ist derzeit immer seltener der Fall.
Andreas Wittenberg (Bürgermeister der Gemeinde Hagen im Bremischen, parteilos) verfolgt die Nachrichten rund um die Schnellfähre aufmerksam. Viel tun, um die wirtschaftliche Situation der Fährlinie zu verbessern, kann er nicht. Wittenberg macht aber deutlich, dass der Gemeinde sehr an einer Zukunft der Verbindung gelegen sei. „Wir können die Menschen nur aufrufen, die Fähre zu nutzen und nicht durch den Wesertunnel auf die andere Seite zu fahren.“
Ob solche Aufrufe fruchten, ist derzeit unklar. Peter Schultze übt sich dennoch in Zuversicht: „Ich habe in den vergangenen 16 Jahren so viele Klippen umschifft“, sagt er trotzig. „Solange ich meinen Beruf als Berufung sehe, wird es hier weitergehen.“