Die Halbjahreszahlen weisen hohe Verluste auf dem Bremerhavener Autoterminal und an der Stromkaje aus.
VON KLAUS MÜNDELEIN
Der Umschlag bleibt das Sorgenkind im Bremerhavener Hafen. Die Abwärtsspirale hat sich auf dem Autoterminal fortgesetzt, wie die aktuellen Halbjahreszahlen belegen. Reicht die Arbeit bei schrumpfendem Autoumschlag künftig noch für alle?
Der Fahrzeugumschlag ist in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 12,2 Prozent auf 820.000 Einheiten geschrumpft. Nach hoffnungsvollem Start im Januar war dann in der Folgezeit jeder Monat schlechter als der Vorjahresmonat. Damit verstetigt sich der negative Trend: Alle Halbjahreszahlen der vergangenen zwei Jahre waren negativ. Seit 2019 schlägt die BLG jedes Jahr 400.000 bis 450.000 Autos weniger pro Jahr um.
Die Gründe sind längst benannt: Pandemie, Lieferkettenprobleme, Probleme der Automobilhersteller, Ukraine-Krieg, rückläufige Zulassungszahlen im In- und Ausland. Der Autoterminal ist längst ein Sanierungsfall. Seit zwei Jahren gibt es keine verlässlichen Planzahlen mehr für die Umschlagsvolumen, bestätigt Unternehmenssprecherin Vivien Kretschmann. Die Beschäftigten müssen derzeit auf Gehalt verzichten. Langfristig soll die Arbeit auf dem Terminal neu strukturiert werden, um wieder schwarze Zahlen schreiben zu können.
Wie diese Umstrukturierung am Ende aussehen wird, ist noch nicht klar. Laut Kretschmann geht es aber nicht um den Abbau von Arbeitsplätzen. Zumindest schließe dieses der Beschäftigungssicherungstarifvertrag für die kommenden zwei Jahre aus. BLG-Chef Frank Dreeke hatte gerade erst in einem Interview mit der Deutschen Verkehrs-Zeitung betont, dass es zu einer Umverteilung der Arbeit kommen könnte. Denn während der Umschlag von Autos rückläufig war, stand der Umschlag von schweren Geräten wie Baumaschinen in den vergangenen Jahren in guten Schuhen. Dreeke sieht hier Wachstumspotenzial.
Auch auf der Erlösseite will die BLG offenbar an den Stellschrauben drehen. Dreeke kündigte in dem Interview an, dass der Umschlag für die Kunden teurer wird, um gestiegene Energiekosten und zusätzliche Personalkosten durch hohe Krankenstände abzufedern. Die Rede ist von einem zweistelligen Preisanstieg.
Machen das die Kunden mit oder wandern sie ab? Die BLG sieht diese Gefahr nicht. „Die führenden Reedereien der Welt wissen Bremerhaven als Top-Hafen zu schätzen“, sagt Kretschmann und verweist auf das Joint Venture mit der Reederei Hyundai-Glovis, die Bremerhaven zum Haupthafen für die Transporte zwischen Asien und Europa machen will.
Während die Umschlagunternehmen auf der Stromkaje viel Geld verdient haben, in dem sie reichlich Lagergeld für Container kassierten, die angesichts der Staus in den Häfen länger auf den Weitertransport warteten, hat die BLG für Autos mit langen Standzeiten im Hafen offensichtlich wenig Geld bekommen. Und von diesen Ladenhütern gibt es viele, und sie stehen einem effektiveren Umschlag auf dem Terminal im Weg. Seit Jahren gelingt es der BLG nicht, die Produktivität auf dem Autoterminal zu erhöhen. Wenn die Kundschaft künftig Abstellflächen für ihre Fahrzeuge braucht, da der Weiterverkauf eher schleppend verläuft, sollen diese nicht mehr auf dem wertvollen Terminal, sondern auf separaten Parkflächen untergebracht werden. Wo das sein könnte, sei noch unklar, sagt Kretschmann.
Während man auf dem Autoterminal in den vergangenen zwei Jahren mit einem ständigen Umschlagrückgang zu kämpfen hatte, erholte sich die Lage zwischenzeitlich an der Stromkaje. Nicht nur finanziell durch die hohen Lagergelder für Container, sondern auch bei den Umschlagsmengen. Das vergangene Jahr wurde mit einem Plus von 5,2 Prozent abgeschlossen, und auch die Halbzeitbilanz des vergangenen Jahres war mit gut 11 Prozent positiv trotz aller Abfertigungsprobleme in den Containerhäfen. Deshalb überrascht jetzt der aktuelle Stand: Der Containerumschlag in den ersten sechs Monaten dieses Jahres schrumpfte um fast 10 Prozent auf rund 2,3 Millionen Standardcontainer (TEU).
Das Umschlagunternehmen Eurogate wollte die Zahlen allerdings nicht kommentieren und verwies darauf, dass man erst Ende September die Umschlagzahlen veröffentlicht werde. Im Wettlauf mit den Konkurrenten steht Bremerhaven bei der Halbzeitbilanz jedenfalls nicht gut da. Auf den Terminals der Hamburger Hafen und Lagerhaus AG (HHLA) konnte das Vorjahresniveau mit rund 3,4 Millionen TEU gehalten werden. Der Containerumschlag in Rotterdam sank um 4,4 Prozent auf 7,3 Millionen TEU und damit weitaus geringer als in Bremerhaven.