Tücken beim neuen Geschäftsgeheimnisgesetz

Eine Kolumne von Rechtsanwalt Sebastian Wessendorf, SchlarmannvonGeyso

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber einen Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch. Mit der Einführung des Geschäftsgeheimnisgesetzes sollten diese Ansprüche gestärkt werden. Tatsächlich hat das Gesetz die Geltendmachung zum Teil erschwert. So sehen die neuen Vorschriften vor, dass der Arbeitgeber zunächst angemessene Maßnahmen zum Schutz von Informationen ergreifen muss, damit diese als Geschäftsgeheimnis gelten. Diese Neuerung hat weitreichende Folgen:

So lehnte ein Landesarbeitsgericht (LAG) jüngst einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab, weil der Arbeitgeber die angesprochenen Maßnahmen nicht getroffen hatte. In dem zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine detaillierte Umsatz- und Provisionsaufstellung übergeben. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gab der Arbeitnehmer diese Liste nicht zurück. Der Arbeitgeber fand daraufhin heraus, dass der ehemalige Arbeitnehmer die sich aus der Liste ergebenden Informationen nutzte, um neue Kunden zu akquirieren. Er verlangte im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung und berief sich auf eine arbeitsvertragliche Geheimhaltungsklausel. Diese bezeichnete quasi jeden Geschäftsvorgang als Geheimnis. Dem Gericht war diese Klausel zu weit gefasst. Der Arbeitgeber müsse deutlich machen, welche Informationen tatsächlich als Geschäftsgeheimnis gelten sollen. Darüber hinaus führte es aus, dass der Arbeitgeber keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen hätte. Zudem habe der Arbeitgeber die Liste nicht aktiv genug herausverlangt. Unter diesen Umständen seien die Informationen nicht als Geschäftsgeheimnisse einzuordnen.

Die Entscheidung des LAG macht deutlich, wo die Unsicherheiten bei Ansprüchen aus dem Geschäftsgeheimnisgesetz liegen. Offen bleibt, welche Maßnahmen nun genau getroffen werden müssen. Der Gesetzgeber hat hier keine konkreten Vorgaben gemacht. Das verstärkt die Unsicherheiten noch. Klar ist nur, dass Maßnahmen getroffen werden müssen, wenn auch nicht die teuersten und besten.

Viele Unternehmen haben bereits differenzierte Geheimhaltungsklauseln mit einer beispielhaften Auflistung von Geschäftsgeheimnissen in ihren Arbeitsverträgen. Solche Klauseln können auch mit Hilfe von Anlagen zum bestehenden Arbeitsvertrag hinzugefügt werden. Neben arbeitsvertraglichen Anpassungen empfiehlt es sich darüber hinaus, vertrauliche Dokumente deutlich als solche zu kennzeichnen sowie elektronisch zu verschlüsseln. Auch regelmäßige Mitarbeiterschulungen und Sicherheitsunterweisungen bieten sich an. Generell empfiehlt es sich, bei vertraulichen Informationen darüber nachzudenken, welche Beschäftigten diese Informationen tatsächlich benötigen („need to know“-Strategie). Alle weiteren Beschäftigten sollten dann auch keinen Zugang zu diesen Informationen erhalten.