Eine Kolumne von Boris von Langen.
Die Preise für Energie sind innerhalb der letzten 12 Monate aufgrund der geopolitischen Entwicklungen in Europa stark gestiegen: Sowohl für Gas als auch für Strom kann, je nach Tarif, ein Vielfaches des gewohnten Betrages anfallen, was nicht nur private Haushalte, sondern auch viele gewerbliche Mieter in Deutschland vor gewisse finanzielle Herausforderungen stellt. Ganze 90% der befragten Unternehmen geben gemäß einer Umfrage des Bundesverbands der Deutschen Industrie an, hiervon stark oder sogar existenziell betroffen zu sein. Diese preisliche Umstellung macht sich jedoch meist nicht sofort bemerkbar, da der vereinbarte Abschlag nicht immer automatisch angepasst wird und die fälligen Nachzahlungen erst zum Ende eines Abrechnungszeitraumes aufgerufen werden.Um diesen Effekt zumindest teilweise abzuschwächen, kann es sich anbieten, neben der bewussten Verbrauchsreduzierung die Abschlagszahlungen beim Gas- oder Stromanbieter manuell anzuheben – auf diese Weise lässt sich die Mehrbelastung gleichmäßig über das Jahr verteilen, während die Nachzahlung geringer ausfällt. Wer zudem beim Abschluss seines Liefervertrages auf eine zeitlich fixierte Preisgarantie geachtet hat, kann bis zu deren Ablauf von günstigeren Konditionen profitieren.
Und dennoch: Die deutlich gestiegene Inflationsrate macht sich weiterhin für Konsumenten in vielen Situationen bemerkbar. Preise für Lebensmittel, Mobilität, Unterhaltungselektronik und andere Bereiche des täglichen Lebens sind zum Teil signifikant gestiegen. Für Vermieter von Gewerbeimmobilien wie Büroflächen bedeutet dies, dass der tatsächliche Gegenwert der monatlich erzielten Mieteinnahmen faktisch reduziert wird. Anders sieht es bei Verträgen aus, in der eine Indexmietvereinbarung getroffen wurde: Hierbei erhält der Vermieter die Möglichkeit, den Mietzins bei gestiegenen Verbrauchspreisen in gleichem Maße anzuheben. Dazu wird der Verbraucherpreisindex des statistischen Bundesamtes herangezogen, der einmal jährlich erstellt wird und das aktuelle Geldwertniveau anhand eines Warenkorbs aus typischen Verbrauchsgütern – inklusive Energieträgern – abbildet. Steigt nun der Index von seinem Referenzwert von 100 im Folgejahr auf beispielsweise 105 an, rechtfertigt dies also eine Mieterhöhung von 5 Prozent. So kann auch in Zeiten stärkerer Inflation ein entsprechender Wertausgleich über die Indexmiete erfolgen.
Mieter innerhalb eines solchen Konstruktes sehen sich derzeit durch die Indexmiete einer doppelten Belastung gegenüber: So steigen für sie durch die Veränderung des Verbraucherpreisindex nicht nur die Kaltmieten, sondern auch die Nebenkosten, da in beiden Kostenarten die Preise für Energie enthalten sind. Daher haben Mieter zurzeit durchaus das Interesse daran, dass die Anpassung der Kaltmiete nicht zu 100% gemäß der Veränderung des Verbraucherpreisindex erfolgt, sondern darunter gedeckelt wird. Eine Berufung auf § 313 BGB, der eine “Störung der Geschäftsgrundlage” anführt und bereits während der Corona-Pandemie zu mieterseitiger Entlastung beitragen konnte, gilt diesmal allerdings als wenig erfolgversprechend: Schließlich werden Indexmieten aus eben dem Grund von Vermietern eingerichtet, um sich vor steigenden Inflationsraten wie der aktuellen zu schützen.
Stattdessen empfiehlt es sich, proaktiv das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen, um über den Umfang der Weitergabe der Indexerhöhung zu sprechen. Schließlich ist es auch im Sinne des Vermieters, laufende Mietverhältnisse und somit bestehende Einnahmen zu schützen und keine Zahlungsengpässe seiner Mieter zu riskieren.
Boris von Langen ist seit mittlerweile 23 Jahren als Experte für Büroflächenvermietung für Engel & Völkers Commercial Hamburg tätig. Als ausgebildeter Immobilienwirt der Deutschen Immobilien Akademie verfügt er über ein breit angelegtes Branchenwissen. Welche Einflüsse sich wie auf Marktlage und Mietzins einwirken, lässt er auf Basis seiner langjährigen Erfahrungswerte in seine Beratung einfließen.