Sie brennen für Mandeln

Foto: MasoratVanessa Carolin Beer und Marius Morck. || Foto: Masorat

Marius Morck und Vanessa Beer haben ein Start-up-Unternehmen aufgezogen, um die Zeit ohne Jahrmärkte zu überbrücken.

Von Leandra Hanke

Mit einem Online-Shop für gebrannte Mandeln fing alles an. „Den haben wir nebenberuflich ins Leben gerufen, um meinen Vater zu unterstützen“, erklärt Jungunternehmer Marius Morck. Mit neun Jahren schon stand er mit seinem Vater an der Maschine und lernte, wie man Mandeln brennt. Die Schaustellerei habe ihn sein Leben lang begleitet und geprägt. Bereits in der dritten Generation führt Morck die seit 1950 bestehende Mandelbrennerei aus Herne nun in Bremerhaven fort.

Rückblick: Ende 2019, etwa ein halbes Jahr vor Pandemiebeginn, gaben Morck und seine Partnerin Vanessa Beer einen neuen Verkaufswagen in Auftrag, für etwa 250 000 Euro. Sie investierten ins Geschäft des Vaters, um die besseren Plätze der bunten Kirmes-Welt zu ergattern. Doch dann kam die Corona-Krise und mit ihr die Nachricht, dass bis Ende August 2020 alle Märkte ausfallen müssen. „Das war ein echter Schock für uns, weil wir so viel Geld in die Hand genommen hatten“, beschreibt Morck. Ein „Plan B“ musste her, denn die Branche war „von heute auf morgen berufsunfähig“. Die Idee des Online-Vertriebs der traditionsreichen Mandeln war geboren. Innerhalb von drei Wochen standen Produktdesign, Logo und die Internetseite. Unter dem Slogan: „Wir bringen euch die Kirmes nach Hause an 365 Tagen im Jahr“, fingen Beer und Morck an, ihr Produkt zu vertreiben. „Das ist bei Unternehmen auch gut angekommen“, sagt Morck stolz.

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Der Online-Shop, der den Schausteller-Betrieb des Vaters während Corona retten sollte, lief zu ihrer Zufriedenheit. „Aus ganz Deutschland kamen plötzlich von großen Firmen Aufträge rein“, so Morck. Beer erinnert sich, wie sie von einer Großbestellung überrascht wurden. „Wir sollten plötzlich 1700 Tüten produzieren“, sagt die 25-Jährige.

Zu dem Zeitpunkt wuppte das Paar den Online-Handel zu zweit. Also stand Morck ein Wochenende lang bis zu 17 Stunden an der Maschine und brannte. Beer verpackte und verschickte die fertigen Tüten.

Die Nähe zur Tanzschule Beer machten sie sich für den Mandelverkauf zum Vorteil. Seit 2018 sind die Profi-Tänzer auch in der Formation ein Paar und trainieren gemeinsam vier- bis fünfmal die Woche. Sie kontaktierten Tanzschulen in ganz Deutschland und machten auf ihre „tanzenden Mandeln“ aufmerksam – eine Aktion, mit der sich die Schulen mit den Leckereien bei ihren Schülern für ihre Treue bedanken konnten. Die Idee, die Mandeltüten mit personalisierten Etiketten zu versehen, verhalf „Morck’s MandelWerk“ zu einer immer größeren Bekanntheit. Morck erklärt: „Die Mandeln wurden von Firmen an ihre Mitarbeiter verschenkt, zum Beispiel zu einer virtuellen Weihnachtsfeier.“

Im Winter 2020 wurde auch der Einzelhandel auf die duftenden Leckereien der Morcks aufmerksam. Inzwischen verkaufen Edeka-Märkte in Bremerhaven und im Landkreis ihre Mandeltüten. Auch zählen Märkte in Bremen, Nordrhein-Westfalen und vereinzelt sogar in Bayern zu ihren Abnehmern. Dass es so weit kommen würde, war dem Paar vor eineinhalb Jahren nicht bewusst. „Es war komplettes Neuland für uns und ist für die Schaustellerei ein sehr untypischer Weg“, beschreibt Morck.

Anfangs brannten sie die Mandeln noch im Ruhrgebiet, die Heimat der Schaustellerfamilie. Seit fünf Monaten besitzen Morck und Beer ihre eigene, kleine Produktionsküche in Bremerhaven. Die Standards der Lebensmittelproduktion zu erfüllen, kostete sie einige Nerven. „Wir mussten einen zehnseitigen Auflagenkatalog erfüllen, für die Zertifizierung“, erklärt Beer. Im Gegensatz zum Verkauf auf dem Marktplatz sei die Produktion für den eigenen Handel viel aufwendiger.

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Weil sie immer erfolgreicher wurden, gründeten sie Anfang des Jahres ihre eigene Firma und stellten sechs weitere Mitarbeiter ein. Ein Schritt, der dringend notwendig gewesen sei. „Wir haben ein Jahr lang sieben Tage die Woche, 17 Stunden am Tag gearbeitet“, erzählt Morck. In dieser Zeit seien sie an ihre körperlichen Grenzen gestoßen. Für den  Familienbetrieb zu leben, ist für die beiden jedoch eine Selbstverständlichkeit und eine Einstellung, mit der sie aufgewachsen seien. „Es ist unsere Leidenschaft und hat uns
stolz gemacht“, bekräftigt Morck.

In kurzer Zeit trotz Corona-Krise mit einem Start-up-Unternehmen durchzustarten, erfordere laut dem Paar viel Mut. „Außerdem sind Disziplin, Leidenschaft und Authentizität besonders wichtig“, stellt Morck klar. In Gesprächen mit potenziellen Kunden sei er immer er selbst geblieben. Er empfiehlt: „Man sollte kommunikativ sein, penetrant und im Gedächtnis bleiben.“ Und Marius Morck ergänzt mit einem Lachen: „Und natürlich charmant.“ Für die Zukunft hat das Paar bereits Pläne: „Wir wollen noch mehr Supermärkte in ganz Deutschland beliefern“, so der junge Geschäftsführer.