Von Till Tillipaul, Investment Senior Consultant bei Engel & Völkers
Seit Jahren verzeichnen deutsche Großstädte wie Hamburg steigende Einstiegspreise für das Investment in Wohnungen: Die Angebotsknappheit bei anhaltend hoher Nachfrage speist sich aus zunehmenden Migrationsbewegungen in die Metropolen, unzureichender Neubau-Aktivität und dem weiterhin niedrigen Zinsniveau. Für private und gewerbliche Anleger wird das Investment in klassische Mietwohnungen vor dem Hintergrund der Mietpreisbremse zunehmend zur Herausforderung, die Renditeerwartungen nehmen ab. In letzter Zeit entwickelt sich allerdings im Bereich der sogenannten „Mikro-Apartments“ ein interessanter Alternativtrend: Es handelt sich um Kleinstwohnungen mit weniger als 30 Quadratmetern Wohnfläche, die sich zumeist in großen, durch Drittunternehmen betriebenen Apartment-Komplexen befinden. Mikro-Apartments werden vollmöbliert angeboten, verfügen über eine hochwertige Gesamtausstattung inklusive Datenversorgung und können vom Mieter unmittelbar bezogen werden. Viele dieser Anlagen zeichnen sich durch eine gute Verkehrsanbindung, gemeinschaftlich nutzbare Fitness- oder Arbeitsräume und zum Teil auch inkludierte Service-Leistungen wie Reinigungs- oder Wäschedienste aus. Zur primären Zielgruppe gehören Singles, Young Professionals und Studierende, aufgrund der Dynamik dieser Klientel herrscht oft eine verhältnismäßig hohe Mieterfluktuation.
Was macht die innovative Assetklasse der Mikro-Apartments nun für Anleger im Jahr 2020 auch während der Corona-Krise besonders attraktiv? Die Erfahrungen meiner Kunden zeigen eindeutig, dass auch im Bereich solcher kleinflächigen Wohnlösungen eine immense Nachfrage besteht. Das geringe Platzangebot wird durch den kaum vorhandenen Einzugsaufwand, die gebotenen Komfortleistungen und die sehr guten Standorteigenschaften kompensiert und rechtfertigen für viele Mieter Quadratmeterpreise zwischen 25 Euro und 30 Euro inklusive Nebenkosten – mehr als das Doppelte der durchschnittlichen Angebotsmiete für Bestandswohnungen in Hamburg! Wo normalerweise die Mietpreisbremse greifen würde, wird der monatliche Betrag durch zeitlich befristet geschlossene Verträge, Vollmöblierung und das Serviceangebot des Betreibers nicht gedeckelt; eine ortsübliche Vergleichsmiete kann bedingt durch diese speziellen Charakteristika kaum berechnet werden. Dennoch bleiben bei Mirko-Apartments die monatlichen Kosten für den Mieter aufgrund der niedrigen absoluten Quadratmeterzahl mit denen einer regulären Hamburger Wohnung vergleichbar, während der Investor von den großen Volumina der Mikro-Apartment-Anlagen profitiert. Zwischen 30 und 300 Wohneinheiten sind üblich, was allerdings dafür sorgt, dass diese Anlageform nur von den wenigsten privaten Anlegern wahrgenommen werden kann. Für gewerbliche Anleger hingegen halte ich eine Renditeerwartung zwischen 5,0 und 6,0 Prozent für realistisch – wenn das Beitreiberunternehmen langfristig solvent wirtschaftet. Nur so kann, besonders vor dem Hintergrund der aktuellen gesundheitspolitischen Situation, eine kontinuierliche Stabilität der Einnahmen gewährleistet werden, Um sich abzusichern, werden von Investoren heute bereits Patronatserklärungen erwartet, die
Unterzeichnung eines Pachtvertrages durch den Betreiber mit einer Laufzeit von 20 Jahren oder mehr ist ebenfalls möglich. Auch hinsichtlich der entstehenden Abnutzung sollten Investoren vorsorgen: Durch die stetig wechselnde Mieterschaft ist von einem erhöhten Verschleiß von Oberflächen und Ausstattung auszugehen, deren Instandsetzung regelmäßig beglichen werden muss. Wer hier das Betreiberunternehmen vertraglich in die Pflicht nimmt, kann einen weiteren Kostenpunkt aus seiner Kalkulation streichen und den eigenen Ertrag optimieren.
Till Tillipaul arbeitet seit 2014 für den Gewerbeimmobilien-Experten Engel & Völkers Commercial Hamburg. In seiner Funktion als Investment Senior Consultant berät er Anlageinteressenten auf der Grundlage seiner vertieften Fachpraxis zur geeigneten Objektauswahl und der passenden Anlagestrategie. Zuvor war der Fachwirt der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft bereits als Geschäftsführer in verschiedenen Hamburger Kapitalberatungsunternehmen tätig, sodass er auf einen langjährigen Erfahrungsschatz zurückblickt.