Eine Kolumne von Sinje-Swala Buschmann.
Die Dynamik von Innenstädten hängt deutschlandweit eng mit der wahrgenommenen Attraktivität ihrer Einkaufsstraßen zusammen. In diesen Lagen befinden sich in der Regel nicht nur eine umfangreiche Auswahl an Fachgeschäften und Flagship-Stores namhafter Hersteller, sondern auch eine breit aufgestellte Gastronomie- und Unterhaltungslandschaft. Trotz ihrer signifikanten Bedeutung für urbane Standort- und Lebensqualität standen gerade die Top-Einkaufsstraßen in den letzten Jahren immer wieder in der Kritik: Fehlende Individualität, ein sich ausweitender Online-Handel und die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie gelten als größte Herausforderung für Einkaufsstraßen im Jahr 2021.
Gerade für Geschäftsführer und Filialisten, aber auch für Start-ups und potenzielle Investoren im Retail-Segment bleibt es aus diesem Grund auch weiterhin relevant, über die tatsächliche Attraktivität und Frequentierung der wichtigsten Einkaufslagen informiert zu sein – eine wichtige Grundlage zur branchenübergreifenden Entscheidungsfindung. Aus diesem Grund analysieren wir in regelmäßigen Abständen die Besucherdichte der größten Einkaufsstraßen der Bundesrepublik, was uns wertvolle Einblicke in bestehende Trends und längerfristige Entwicklungen eröffnet.
Spitaler Straße auf Platz sechs
Mit Blick auf die Passantenfrequenz in insgesamt 63 Städten zeigt sich im zweiten Corona-Jahr eine geringfügig positive Tendenz: Nach Auswertung der Ergebnisse aus insgesamt 147 Zählpunkten in ganz Deutschland lässt sich ein gesteigertes Aufkommen von 2,5 Prozent gegenüber 2020 konstatieren – ein wichtiger Indikator dafür, dass sich die zentralen Einkaufslagen allmählich vom Einschnitt der Pandemie erholen. Die fünf meistbesuchten Shoppingmeilen befinden sich demnach aktuell zweimal in München, in Köln, Stuttgart sowie in Hannover. Auf dem sechsten Platz reiht sich die Spitalerstraße in Hamburg ein, die im Vergleich zur Vorjahresmessung einige Ränge gutmachen konnte.
Als wichtigster Einkaufstag kann hier weiterhin der Samstag angesehen werden – pro Stunde wurden auf der Spitalerstraße am Testtag (18. September 2021) durchschnittlich 8543 Passanten gezählt, was einem Zuwachs von 9,5 Prozent zu 2020 entspricht. Selbst der Wert des Vor-Corona-Jahres 2019 konnte somit um 1,1 Prozent übertroffen werden, was verdeutlicht, dass sich der Hamburger Einzelhandel auf einem langsamen, aber stetigen Weg hinaus aus der Pandemie befindet.
Damit der Besuch der Hamburger Innenstadt für Hansestädter wie für Touristen weiterhin lohnenswert bleibt und sich auch die Perspektiven im Gewerbesegment langfristig stabilisieren, führt meiner Ansicht nach kein Weg an breit angelegten Stadtentwicklungs-Ambitionen vorbei. Die Schlüssel für einen nachhaltigen Strukturwandel liegen im Dreiklang aus Nutzwert, Aufenthaltsqualität und Shopping-Erlebnis begründet – ein Weg, dessen ersten Schritte durch strukturelle Umschichtungen und Neugründungen bereits Wirkung zeigen: Nahversorgungssektor und Lebensmittelhandel gewinnen in der Hamburger City wieder verstärkt an Bedeutung, auch die Gastronomiebranche wächst in die Breite. Über welches Potenzial die City auch weiterhin verfügt, verdeutlicht die Ansiedlung einiger neuer Marken-Shops, etwa aus Skandinavien, die das Shopping-Angebot mit zusätzlicher Individualität bereichern und gemeinsam mit dem traditionellen Bestand das Hamburg von morgen gestalten.
Sinje-Swala Buschmann ist als Leiterin des Geschäftsbereichs Retail-Immobilien bei Engel & Völkers Commercial Hamburg tätig. Mit ihrer langjährigen Expertise unterstützt sie Einzel- und Großhändler sowie Kapitalanleger bei der fundierten Ausarbeitung ihrer gewerblichen Immobilienstrategie in der Hansestadt. Dabei blickt die Volljuristin und Certified Shopping Center Managerin auf eine lange Historie erfolgreich begleiteter Transaktionen zurück, während sie auch zukünftige Entwicklungsszenarien hiesiger Einkaufslagen stets im Fokus behält.