Kammergericht Berlin: Netflix-AGB sind zum Teil rechtswidrig

Die Kolumne von Carina Tolle-Lehmann, SchlarmannvonGeyso

Schon vor Ausbruch der Corona-Krise war Netflix eines der beliebtesten Streaming-Portale Deutschlands. Nun, wo sich viele Familien entweder aufgrund amtlicher Anordnung oder als Sicherheitsmaßnahme seitens des Arbeitgebers Zuhause befinden, ist Netflix als zusätzliches Entertainment fast unerlässlich geworden. Grundsätzlich ist es bei Netflix so, dass man zum Streamen von Filmen und Serien ein kostenpflichtiges Abonnement abschließen muss. Hierzu muss der Kunde zwingend auch die Nutzungsbedingungen von Netflix akzeptieren, in denen unter anderen zum Thema „Preis und Abo-Angebot“ Folgendes steht:

„Unser Abo-Angebot und die Preise für den Netflix-Dienst können sich gelegentlich ändern. Sie werden jedoch mindestens 30 Tage vor deren Inkrafttreten über jegliche Änderungen an Preisen und unserem Abo-Angebot informiert.“

Um ein Abonnement abzuschließen, muss man ferner den kreativen Bestellbutton mit der Aufschrift

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„Mitgliedschaft beginnen

Kostenpflichtig nach Gratismonat“

betätigen. Beides rechtswidrig urteilte das Kammergericht Berlin in 2. Instanz (Urteil v. 20.12.2019, Az. 5 U 24/19).

Im Hinblick auf die Preiserhöhungsklausel ist das Kammergericht Berlin der Ansicht, dass die Formulierung in den AGB von Netflix den Kunden in unzulässiger Weise benachteilige und insofern gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstoße. Zwar sei nach deutschem Recht eine Preiserhöhungsklausel in AGB nicht per se unzulässig. Allerdings sollte die Befugnis von Kostenerhöhungen abhängig gemacht werden. Dem Vertragspartner müsse damit die Möglichkeit eingeräumt werden, dass dieser bei Vertragsschluss die auf ihn zukommende Preiserhöhung abschätzen könne. Die Klausel von Netflix enthielte aber keinerlei Faktoren, von denen eine Preisanpassung abhängig sein solle. Somit käme man zur Unzulässigkeit. Auch das Argument von Netflix, dass es dem Kunden aber jederzeit freistünde zu kündigen, würde nicht zu einer anderen Einschätzung führen, da dem Kunden trotzdem die theoretische Möglichkeit der Überprüfung der Preiserhöhung genommen würde.

Auch der Bestellbutton sei in der jetzigen Gestaltung nicht rechtmäßig gemäß § 312j Abs. 3 S. 2 BGB. Hiernach ist eine Schaltfläche, über die eine Bestellung erfolgt, so zu gestalten, dass diese gut lesbar ist und mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Diesen Anforderungen genüge der aktuelle Bestellbutton nicht.

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Das Urteil des Kammergerichts Berlin ist noch nicht rechtskräftig. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass Netflix diese Entscheidung auch nicht auf sich sitzen lassen wird.

Sofern es hier neue Informationen zum Fortgang des Rechtsstreits gibt, informiert SCHLARMANNvonGEYSO gern. Ebenso ist die Kanzlei bei der Formulierung rechtmäßiger AGBs behilflich.