Arent Bolte, Marcel Sluppke und Dennis Grünert über steigende Zinsen, besorgte Bauherren und die Perspektiven.
Die sich abzeichnende Zinswende, herbeigeführt von der Europäischen Zentralbank, hat viele überrascht. Das bestätigen Arent Bolte und Marcel Sluppke, die Doppelspitze für den Privat- und Firmenkundenbereich der Haspa-Region Hamburg Süd, ebenso wie der „Product Owner Anlage“ Dennis Grünert im Gespräch mit B&P. Das Thema: die derzeitige Situation an der Zinsfront und die möglichen Folgen für Bauherren, die in den vergangenen Jahren Kredite gefühlt zum Nulltarif aufnehmen konnten, nun aber bei sukzessive endenden Laufzeiten mit erheblich höheren Belastungen rechnen müssen. Die Haspa wäre nicht die Haspa, wenn sie den Fall nicht einkalkuliert hätte. Arent Bolte: „Wir haben bei den Kreditabschlüssen natürlich einen Puffer eingebaut, aber man muss ehrlicherweise sagen: Der ist begrenzt.“
Vor Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine schien ein Ende der Phase des billigen Geldes nicht in Sicht zu sein, doch dann gerieten die Dinge aus den Fugen und Deutschland erlebt seit langer Zeit wieder eine ungewohnt hohe Inflation. Marcel Sluppke: „Eben waren die Zinsen noch historisch niedrig, aber nun stehen wir plötzlich bei über drei Prozent.“ Die Bewegung gilt übrigens sowohl für Kredite als auch für Anlagen, wirkt sich aber derzeit nur auf dem langfristigen Sektor aus. Arent Bolte: „Für einen Kreditnehmer, der sein Haus abzahlen muss und sehr günstige Konditionen bekommen hat, kann das eine Verdoppelung der monatlichen Belastung bedeuten.“ Und sein Kollege fügt hinzu: „Schwankungen zwischen 0,8 und 1,1 Prozent sind ja kein Thema, aber nun der Sprung auf drei Prozent – das ist schon ordentlich.“
Höhere monatliche Rate trotz Tilgung . . .
Ältere Semester, die in den 90er-Jahren eine Hypothek aufnahmen, erinnern sich dabei an ganz andere Zeiten. Damals waren Zinsen von acht, neun und mehr Prozent üblich – so gesehen ist die Drei-Prozent-Marke immer noch moderat. Allerdings nicht, wenn das Objekt 500 000 Euro kostet und monatliche Rate rein rechnerisch von 1250 Euro auf mehr als 2000 Euro steigt, wie Arent Bolte grob auf dem Flip-Chart vorrechnet. Das Verrückte: Es kann durchaus passieren, dass nach Ablauf der Laufzeit eines günstigen Darlehens zwar ein Betrag getilgt wurde, die Restschuld aber durch die Zinserhöhung schwerer wiegt als zu Beginn der Finanzierung. Kurz: Trotz niedrigerer Restschuld, kann die Anschlussrate höher sein.
Dennis Grünert ist der Mann für die andere Seite – die der Anlagen. Bei der Haspa heißt das jetzt „Kundenreise Anlage“, denn bevor jemand sein Geld anlegt, ist es nötig, sich intensiv mit einem Fachmann zu beraten. Der sagt: „Erste Impulse für einen Zinsanstieg gab es genau genommen schon vor dem Ukraine-Krieg, denn während der Pandemie zeichneten sich bereits erste Inflationstendenzen aufgrund der gestörten Lieferketten und der Verteuerung der Transporte ab. Die Ukraine-Krise kann als Beschleuniger dieser Entwicklung betrachtet werden. Schon im März drehte die US-Notenbank FED an der Zinsschraube, was sich negativ auf die Nachfrage nach Krediten auswirkte. Bei der Perspektive und der Bafin-Ansage, die Risikoabsicherung zu erhöhen, ist ein Anstieg der Zinsen programmiert.“
Drei Prozent – War’s das schon?
Einen weiteren Zinsanstieg im Sinne einer erneuten Verdopplung auf langfristige Kredite halten die Haspa-Experten eher für unwahrscheinlich. Dennis Grünert: „Wir glauben, dass die Zinsen auf der längerfristigen Anlagenseite stabil bleiben werden, weil die monetären Steuerungsmaßnahmen der EZB bereits eingepreist sein dürften.“ Auswirkungen auf die kurzfristigen Zinsen, beispielsweise auf Sparbüchern und Tagesgeldkonten, erwartet er nur marginal: „Ich rechne mit dem Ende der Negativzinsen, aber ansonsten wird das gegen Null gehen. Kurzfristige Sparanlagen werden absehbar eher unattraktiv bleiben.“ Und er sagt: „Man könnte jetzt gezielt festverzinsliche Papiere kaufen, allerdings wird der insgesamt zu erwartende Renditeanstieg nicht ausreichen, real eine positive Rendite zu erzielen.“ Die Haspa rechnet für 2022 mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von
6,5 Prozent. Wer die Inflationsverluste ausgleichen will, komme langfristig nicht um Aktien herum. Und weiter: „Am besten geht das über einen Fondssparplan. Die gibt es bei der Haspa schon ab einem Anlagebetrag von monatlich 25 Euro.“
Ob angesichts der steigenden Zinsen nun Baufinanzierungen unter Druck geraten, beantworten die Haspa-Experten verhalten. Arent Bolte: „Wir haben schon immer darauf geschaut, ob ein Hauskäufer auch in der Lage ist, fünf Prozent Tilgung und Zinsen zu verkraften. Aber jetzt sind diese fünf Prozent erreicht.: Im Einzelfall könnte es bei einer Finanzierungsverlängerung eng werden. Marcel Sluppke: „Wer sich Sorgen macht, sollte rechtzeitig mit seinem Berater Kontakt aufnehmen, um gegenzusteuern. Dann finden wir gemeinsam eine Lösung.“
Um die Sorge etwas zu nehmen: „Wer vor fünf Jahren gekauft hat, hat ja auch eine stille Reserve gebildet – die Immobilien haben in dieser Zeit immens an Wert gewonnen“, sagt Dennis Grünert. Was insbesondere für das Umland gilt, wie Arent Bolte betont. Grünert weiter: „Steigende Zinsen sind immer schlecht für den Markt, aber die hohe Inflation heute ist auch
der Nährboden für langfristig steigende Immobilienpreise.“ wb
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