Schiffshebewerk Scharnebeck überlastet – Hansestadt tritt dem Bündnis Elbe-Seitenkanal e.V. bei.
Im Bundesverkehrswegeplan soll dem Ausbau der Hinterlandverbindungen zu den norddeutschen Seehäfen ein Vorrang eingeräumt werden. Auch das Nationale Hafenkonzept sieht die Notwendigkeit zur Engpassbeseitigung auf den Wasserstraßen der Kategorie A und die Anpassung an die Schiffsgrößenentwicklung vor. Nun ist das überlastete Schiffshebewerk Scharnebeck das Nadelöhr im Hinterlandverkehr des Hamburger Hafens, da es technisch anfällig ist und bereits heute seine Kapazitätsgrenze nahezu erreicht hat. Trotzdem beabsichtigt die Bundesregierung derzeit, das Hebewerk erst 2052 nach Ablauf der technischen Lebenszeit zu ersetzen. Dagegen wollen Hamburg und Niedersachsen nun gemeinsam vorgehen. Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch:
„Hamburg engagiert sich für einen höheren Anteil der Binnenschifffahrt im Hinterlandverkehr. Der Erfolg unserer Bemühungen manifestiert sich in der erfreulichen Steigerung des Binnenumschlags um 16 Prozent im Hamburger Hafen im ersten Halbjahr 2015. Mit unserem Beitritt zum Bündnis Elbe-Seitenkanal e. V. unterstreichen wir die große Bedeutung dieser Binnenwasserstraße für den Hamburger Hafen. Der Elbe-Seitenkanal hat ein erhebliches Transportpotenzial, welches wir insbesondere aus Umwelterwägungen nutzen sollten. Voraussetzung hierfür ist die Realisierung der Schleuse Lüneburg. Dafür werden wir uns gemeinsam mit Niedersachsen und den Bündnispartnern weiterhin gegenüber dem Bund einsetzen.“
In etwa zehn Jahren werden auf allen norddeutschen Wasserstraßen die heute gängigen Binnenschiffe mit 110 Meter Länge fahren können. Der für Niedersachsen wichtigste Hafen in Hamburg kann allerdings mit diesem Schiffstyp nicht erreicht werden. Für große niedersächsische Unternehmen – wie die Volkswagen AG – ist der Transport auf der Wasserstraße mit kleineren Schiffstypen nicht wirtschaftlich. Das Schiffshebewerk muss daher vorzeitig durch eine Schleuse mit 225 m Länge ersetzt werden. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies:
„Wir freuen uns außerordentlich, dass nach Niedersachsen auch Hamburg dem „Bündnis Elbe-Seitenkanal“ beitritt. Dieses ist ein ganz wichtiges politisches Signal. Im Unterschied zu den bekannten Äußerungen des Bundes sind die Planungen für die neue Schleuse weit fortgeschritten: Ein gut eingespieltes Planungsteam steht zur Verfügung. Zwei Millionen Euro für die technische Planung und die Vorbereitung der Planfeststellung wurden bereits ausgegeben. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat gerade vor wenigen Tagen weitere zehn Millionen Euro für die Fortsetzung der Planung bereitgestellt. Zudem ist der Neubau auch im Sinne der Richtlinie für die transeuropäischen Netze ein wichtiges Projekt und kann mit bis zu 100 Millionen Euro – das sind 40 Prozent der Baukosten – aus EU-Mitteln gefördert werden. Hierfür muss das Projekt allerdings in den Bundesverkehrswegeplan 2015 aufgenommen werden. Wir wollen die Binnenwasserstraßen weiterhin zu einem wesentlichen Bestandteil der Güterinfrastruktur ausbauen. Dazu müssen sie aber leistungsfähiger sein! Der Elbe-Seitenkanal wird ohne die notwendige Schleuse Lüneburg seine Leistungsfähigkeit nicht behalten. Dann bleibt das Abstiegsbauwerk ein Nadelöhr.“
Dr. Jürgen Glaser, stellvertretender Vorstand des Bündnis Elbe-Seitenkanal (BESK) e.V.:
„Im norddeutschen Verbund mit Niedersachsen, den Landkreisen entlang des Kanals und einer Vielzahl von Unternehmen werden wir uns nun gemeinsam für die Aufnahme des Projektes in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes und für die Bereitstellung der erforderlichen Mittel für den Bau einsetzen. Der Neubau eines zweiten Abstiegsbauwerks in Scharnebeck , die Schleuse Lüneburg-Scharnebeck, ist zwingend erforderlich, um auch in Zukunft Transporte auf dem Elbe-Seitenkanal effizient durchführen zu können.“
Im ersten Halbjahr 2015 ist der Binnenschiffsumschlag im Hamburger Hafen um 16 Prozent gestiegen. So betrug die Gesamtsumme der transportierten Güter von Januar bis Juni 2015 rund 6,4 Millionen Tonnen (gegenüber 5,5 Millionen Tonnen im gleichen Zeitraum des Vorjahres). Das stark wachsende Umschlagvolumen im Hamburger Hafen macht eine effiziente Organisation der Hinterlandverkehre dringend erforderlich. In der Verkehrsprognose 2010 bis 2030 des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) wird ein Zuwachs auf Binnenwasserstraßen bis 2030 von 20 Prozent prognostiziert. Dies ist gleichbedeutend mit einem Durchgangsverkehr von 9,3 Millionen Tonnen am Schiffshebewerk Scharnebeck in 2030. Tatsächlich wurde diese prognostizierte Transportmenge bereits in 2014 mit 10,8 Millionen Tonnen deutlich übertroffen. Diese Zahlen machen deutlich, vor welchen Herausforderungen unser Verkehrssystem steht.