Eine Kolumne von Florian Schmidt, Dierkes Partner.
Obgleich vielen die bekannten steuerlichen Verpflichtungen ausreichen, hat das Jahr 2022 noch einen Zusatz parat – zu mindestens für Grundstückseigentümer: es geht um die neue Berechnung der Grundsteuer.
1. Was ist die Intention des Gesetzgebers für die kürzlich verabschiedete Grundsteuerreform?
Der Gesetzgeber musste Änderungen vornehmen, da das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 die bisherige Berechnung der Grundsteuer als verfassungswidrig beurteilt hat. Die Intention des neuen Gesetzes ist es, insbesondere ein belastbares Bewertungssystem als Basis für die Grundsteuer festzulegen – und damit die Steuereinnahmen der Gemeinden zu sichern. Neben einer gerechteren Regelung sollen die Grundsteuereinnahmen insgesamt konstant bleiben. Das bedeutet natürlich auch, dass es für den Einzelnen zu Mehr- oder Minderbelastungen kommen könnte, da die Grundsteuer lediglich in Gänze aufkommensneutral sein soll.
2. Wie sieht die Grundsteuerreform für Hamburg aus, was gibt es für Unterschiede im Vergleich zum Bundesmodell?
Eingangs kann festgehalten werden, dass es keine deutschlandweit einheitliche Lösung gibt. Vielmehr ist für jedes Bundesland zu prüfen, welches Verfahren zur Anwendung kommt. Die Berechnungsgrundlagen unterscheiden sich doch deutlich. In Hamburg wird sich mit dem Wohnlagemodell an den Flächen (Grundstücks- und Wohn- und Nutzflächen) sowie an der groben Lage (gut oder normal) orientiert. Bei den Flächen werden nicht die Bodenrichtwerte, sondern pauschale Flächensätze, sog. Äquivalenzbeträge, angesetzt. Bei dem Faktor Lage wird lediglich zwischen guter und normaler Lage unterschieden. Die Zuordnung basiert auf verschiedenen Faktoren (z. B. Entfernung zur U-Bahn, Grünflächen oder Anzahl der Fahrspuren in der Straße) und mündet in einem Verzeichnis, in dem jede Straße in Hamburg aufgelistet ist.
Anders als beim Bundesmodell kommt es nicht zu einer wertorientierten Bewertung. Daher hängt die Bemessung nicht von dem Bodenwert, den Erträgen, dem Alter und der Nutzungsart der Gebäudeflächen ab. Mithin kann z. B. beim Hamburger Modell mit einer relativen Entlastung von Mehrfamilienhäusern im Vergleich zum Bundesmodell gerechnet werden.
3. Wie soll die Grundsteuerreform umgesetzt werden? Welche Fristen sind zu beachten? Was müssen sowohl gewerbliche Bestandshalter als auch private Eigentümer jetzt unternehmen, um für die Reform vorbereitet zu sein?
Die Neubewertung der Grundstücke hat auf den Stichtag 01.01.2022 zu erfolgen. Alle Eigentümer werden in den nächsten Wochen Post vom Finanzamt bekommen. In der Folge sind Steuererklärungen zwischen dem 01.07. und 31.10.2022 beim Finanzamt einzureichen. Anschließend werden von den Finanzämtern Bescheide verschickt, mit denen eine Zwischengröße, der Grundsteuerwert bzw. der Grundsteuermessbetrag, festgehalten wird. Darauf wird die neue Grundsteuer mittels Hebesatz der Gemeinde ab dem 01.01.2025 erhoben. Eine erste Zahlungswirkung ist demnach erst ab dem Jahr 2025 spürbar.
Für die Eigentümer bedeutet es, vorab zu sondieren, in welchem Bundesland sich das Grundstück bzw. die Grundstücke befinden, da sich die Regelungen unterscheiden können. Hierzu ein Beispiel:
Grundstück in Schleswig-Holstein = Bundesmodell
Benötigte Unterlagen:
- Lage des Grundstücks inkl. Gemarkung
- Bodenrichtwerte
- Grundstücks-, Wohn- und Nutzfläche
- Gebäudeart
- Brutto-Grundfläche (nur bei Geschäftsgrundstücken, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum, sonstige bebaute Grundstücke)
- Baujahr
Grundstück in Hamburg = Wohnlagemodell
- Lage des Grundstücks inkl. Gemarkung
- Grundstücks-, Wohn- und Nutzfläche
- Nutzungsart
4. Die Grundsteuer ist umlagefähig, welche Folgen hat dies für Mieter?
Eine pauschale Prognose ist hier schwerlich möglich, da neben der Lage auch die finalen Hebesätze noch offen sind. Richtig ist, dass es Gewinner und Verlierer der Reform gibt. Je nach Lage und Bewertung kann es mithin zu einer Erhöhung oder Verringerung der Grundsteuer kommen. Viele Modelle sehen jedoch eine Vergünstigung für Wohnungen (insbesondere Baudenkmale und sozialen Wohnungsbau) vor.
5. Auswirkung der Reform bezogen auf das Bauträgergeschäft bzw. den Bauträger.
Der Gesetzgeber hat die Option einer erhöhten Grundsteuer für unbebaute, aber baureife Grundstücke eingeführt („Grundsteuer C“). Auch Hamburg hat diese Regelung aufgenommen mit dem Ziel, das lange Halten der vorgenannten Grundstücke wirtschaftlich uninteressanter zu machen. Für die Bauträger kann damit neues Geschäft entstehen, wenn dadurch mehr Grundstücke auf den Markt kommen. Damit der prognostizierte Effekt allerdings nicht verpufft, müsste ggf. die Geschwindigkeit bei der Erteilung von Baugenehmigungen erhöht werden.