Eine Kolumne von Sina Schmidt, Dierkes Partner.
Mitarbeitermotivation ist ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Insbesondere die Vergütung spielt dabei eine zentrale Rolle, da auf Grund von Steuer- und Sozialabgaben häufig nicht viel Netto vom Brutto übrigbleibt. Deshalb gibt es im Rahmen der Gehaltsoptimierung verschiedene Möglichkeiten, den Auszahlungsbetrag des Arbeitnehmers zu erhöhen, u. a. durch den 44-Euro-Sachbezug. Denn für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist der 44-Euro-Sachbezug steuer- und sozialversicherungsfrei.
Gemäß § 8 Abs. 1 EStG ist ein Sachbezug eine Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, der nicht in Geld besteht. Als Sachbezug gelten Gutscheine und Geldkarten, mit denen sich nur Waren oder Dienstleistungen erwerben lassen. Diese mussten nach der Neufassung des § 8 Abs. 1 EStG im Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl. I Seite 2451, Jahressteuergesetz 2019) mit Wirkung zum 1. Januar 2020 gem. § 8 Abs. 1 S. 3 EStG nun auch die Kriterien von § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Die Kriterien nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG waren allerdings völlig unklar, so dass erhebliche Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Anwendung bestand. Das ZAG regelt eigentlich grundsätzlich die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten in der Bundesrepublik Deutschland.
Am 13. April 2021, mehr als 1 Jahr nach der Änderung des § 8 Abs. 1 EStG durch das Jahressteuergesetz 2019, veröffentlichte das Bundesfinanzministerium nun endlich ein klarstellendes BMF-Schreiben, in welchem die Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug behandelt wird.
Das Wichtigste vorab:
Bei Gutscheinen und Geldkarten müssen die Voraussetzungen des ZAG erst ab dem 1. Januar 2022 erfüllt sein, bis dahin gilt eine „Nichtbeanstandungsregelung“.
Was muss ab dem 1. Januar 2022 beachtet werden?
Zunächst erhöht sich der Sachbezug von € 44,00 auf € 50,00 monatlich.
Grundsätzlich gilt ein Gutschein oder eine Geldkarte nicht als Zahlungsdienst, wenn diese die Kriterien des ZAG erfüllen mit dem Ergebnis, dass es sich um einen Sachbezug gem. § 8 Abs. 1 EStG handelt.
Doch welche Kriterien genau muss der Gutschein oder die Geldkarte erfüllen, damit es sich um einen Sachbezug nach § 8 Abs. 1 EStG handelt?
- Die Akzeptanzstellen für die Gutscheine sind begrenzt
Der Gutschein kann nur für Waren oder Dienstleistungen eingesetzt werden, die aus dem Produktangebot des Gutscheinausstellers stammen, beispielsweise Tankgutscheine eines einzelnen Tankstellenbetreibers.
Sofern sich der Gutschein nur bei einem begrenzten Kreis von Angebotspartnern, beispielsweise Stadtgutscheine oder Center-Gutscheine, einlösen lässt, sind ebenfalls die Vorgaben des ZAG erfüllt. Auch bei Gutscheinen für eine Ladenkette, die allerdings deutschlandweit eingelöst werden können, sind die Kriterien des ZAG erfüllt.
- Das Waren- oder Dienstleistungsangebot für die Gutscheine ist begrenzt
Der
Gutschein oder die Geldkarte kann nur für ein bestimmtes Produkt oder eine
bestimmte Dienstleistung eingelöst werden, beispielsweise für einen
Streamingdienst oder für den Erwerb von Zeitschriften oder Büchern.
Wann handelt es sich somit nicht um einen Sachbezug nach § 8 Abs. 1 EStG, sondern um eine steuer- und sozialversicherungspflichtige Geldleistung?
Die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG sind bei folgenden Gegebenheiten nicht erfüllt:
- der Arbeitnehmer kann bei einem Gutschein anstelle der Ware oder Dienstleistungen auch eine Geldauszahlung verlangen
- der Arbeitgeber händigt dem Arbeitnehmer einen selbsterstellen Gutschein aus und erstattet dem Arbeitnehmer nachträglich die Kosten für die Ware
- es sich um einen „Online-Händler“ handelt, der Produkte von anderen Anbietern auf seiner Plattform verkauft
Sofern, trotz dieser Klarstellungen, weiterhin Unsicherheiten bei der Beurteilung der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen des zusätzlichen Vergütungsbestandteils vorliegen, ist dringend fachlicher Rat einzuholen. Rechtssicherheit gegenüber der Finanzverwaltung kann man durch eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG bei dem zuständigen Finanzamt erlangen. Bei entsprechender Umsetzung, wie in der Anrufungsauskunft beschrieben, drohen keine unliebsamen Überraschungen im Rahmen von Betriebsprüfungen.