Der BREXIT und seine umsatzsteuerrechtlichen Folgen
Unternehmensprozesse fit für den Brexit?
Von Dr. Simone Wick – StB, Fachberaterin für internationales Steuerrecht
In den Bereichen Rechnungsstellung und Buchhaltung laufen die meisten Prozesse mittlerweile automatisiert, so dass man sich keine großen Gedanken über sie macht. Für den Brexit sollten Unternehmen dies aber bewusst tun. Wie wird im Bereich der Rechnungsschreibung gesteuert, ob ein Text für eine innergemeinschaftliche Lieferung in den Rechnungstext aufgenommen wird oder ob es ein Text für eine Ausfuhrlieferung sein muss? Wie erfolgt die Verbuchung im System mit Umsatzsteuerschlüsseln und wie erfolgt dann für die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung und die Zusammenfassende Meldung die Zuordnung? Auf diese Fragen gibt es keine allgemeinen Antworten, sie müssen vielmehr für jedes ERP-System individuell beantwortet werden. Mit dem Brexit muss aber das ERP-System wissen, dass das Vereinigte Königreich nicht mehr EU-Gebiet sondern vielmehr Drittland ist. Daher empfiehlt es sich, rechtzeitig mit dem Systemanbieter des ERP-Systems zu sprechen und zu klären, wie und wie schnell die Umsetzung im Zeitpunkt des Brexits erfolgen kann. Ebenso muss bei den Mitarbeitern Bewusstsein geschaffen werden, dass in den ersten Monaten bei der Rechnungsstellung und Buchhaltung besonders auf die zutreffende umsatzsteuerliche Zuordnung geachtet wird.
Aus EU wird Drittland
Umsatzsteuerlich wird aus dem EU-Land ein Drittstaat, so dass es keine innergemeinschaftlichen Vorgänge mehr geben wird. Vielmehr liegen bei Lieferungen Ausfuhr- und Einfuhrlieferungen vor, die zu verzollen sind, für die entsprechende Zollpapiere aufzubewahren sind und die der Einfuhrumsatzsteuer unterliegen. Letzteres sollte in die Liquiditätsplanung aufgenommen werden, da zwischen Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer und Erstattung im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung ein zeitlicher Versatz liegen kann.
Innergemeinschaftliche Reihengeschäfte fallen weg
Erleichterungen, die es bisher für innergemeinschaftliche Reihengeschäfte, insbesondere innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte gegeben hat, fallen mit dem Brexit weg. Jedes Unternehmen mit Lieferketten sollte daher sehr genau prüfen, ob es Änderungen an der umsatzsteuerlichen Behandlung der Lieferketten gibt und ob sich daraus gegebenenfalls Registrierungspflichten in Ländern ergeben, die es bisher nicht gab.
Versandhandel mit Privatpersonen in Großbritannien
Mit dem Brexit fallen die Lieferschwellen weg. Jede Lieferung an einen Endkunden in UK wird zu einer Ausfuhrlieferung. Es empfiehlt sich rechtzeitig zu klären, ob der Versender die Zollformalitäten übernimmt – unter Einpreisung der Kosten – oder ob die Endkunden sich darum kümmern sollen – und dann unter Umständen unzufrieden mit dem Verkäufer sind.
Dienstleistungen an Unternehmen in Großbritannien
Unternehmen, die Dienstleistungen an Unternehmen in Großbritannien erbringen, müssen insbesondere neue Prozesse schaffen, um sicherzustellen, dass ihr Vertragspartner tatsächlich Unternehmer ist und daher für die Ortsbestimmung die entsprechenden Regeln anwendbar sind. Bisher wurde USt-IdNr. mitgeteilt und überprüft, ob diese zutreffend ist. Mit dem Brexit entfällt die Möglichkeit der Überprüfung der USt-IdNrn, vielmehr wird eine Unternehmerbestätigung des britischen Finanzamtes benötigt. Weiterhin kann es Verlagerungen beim Ort der Leistungen geben, insbesondere bei der Einräumung von Rechten, PR-Tätigkeiten oder Beratungsleistungen, sofern diese an Nichtunternehmer erfolgen.
Zoll
Zum Themenbereich Zoll informiert der Zoll unter www.zoll.de. Wichtig ist, dass ein möglicherweise zu zahlender Zoll bereits in die Angebotskalkulation mit einfließt. Sofern ein Unternehmen bisher keine Lieferungen außerhalb der EU vorgenommen hat, empfiehlt es sich, rechtzeitig sich mit den Anforderungen des Zolls vertraut zu machen.