Von Jutta Ritthaler, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Partner
Nach wie vor gelten in vielen Bereichen wie der Gastronomie, dem Einzelhandel (mit Ausnahme von Geschäften des täglichen Bedarfs), Hotels, Fitness-Clubs, kulturellen Einrichtungen und ähnlichen Einrichtungen Beschränkungen hinsichtlich der Geschäftstätigkeit. Hiervon sind einige Gewerbetreibende vollständig betroffen und können ihre gewerbliche Tätigkeit in den angemieteten Räumlichkeiten überhaupt nicht ausüben. Andere können ihrer Tätigkeit nur in sehr eingeschränktem Rahmen (zum Beispiel der Gastronomie nur Außer-Haus-Verkauf) nachgehen. All dies führt zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen der betroffenen Unternehmungen.
Der Gesetzgeber hat finanzielle Hilfen auf den Weg gebracht, die jedoch nicht geeignet sind, in allen Bereichen alle eingetretenen Vermögenseinbußen zu kompensieren. Für die Mieter und Vermieter stellt sich deshalb die Frage, ob trotz der Beschränkungen der Geschäftstätigkeit der Mieter die Miete noch zahlen muss und, falls er sie zu zahlen hat, ob er sie in voller Höhe zu zahlen hat oder ob die Schließung zu einer Minderung der Miete berechtigt.
Abwarten, was der BGH dazu sagt
In der Literatur und der erstinstanzlichen Rechtsprechung – mit Ausnahme des LG München – wird bislang einhellig die Auffassung vertreten, dass dem Mieter kein Minderungsrecht zur Seite steht. Die Schließung des Ladengeschäftes fällt, so die Begründung, nicht in den Risikobereich eines Vermieters, sondern es realisiere sich das Geschäftsrisiko des Mieters. Ob diese Rechtsauffassung auch in den nächsten Instanzen bei den Oberlandesgerichten und schließlich vor dem Bundesgerichtshof aufrechterhalten bleibt, ist abzuwarten, jedoch wahrscheinlich.
Dieses Problem hat der Gesetzgeber gesehen und mit der Neuregelung in Art. 240 Paragraph 7 EGBGB reagiert. Hiernach wird vermutet, dass, sofern Geschäftsräumlichkeiten, die infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie vom Mieter für seinen Betrieb nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind, eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß Paragraph 313 BGB vorliegt. Wird diese Vermutung nicht widerlegt, so ist gemäß Abs. 1 eine Anpassung des Vertrages unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. In einer Vielzahl von Entscheidungen wurde von den Gerichten dem Mieter ein Anspruch auf eine Reduzierung der Miete um 50 Prozent zugebilligt. Aus den vorliegenden Urteilen lässt sich erkennen, dass diese sehr pauschale Reduzierung dem Umstand geschuldet ist, dass konkretere Darlegungen der Parteien zu den Umsatzeinbußen, der erhaltenen und beantragten staatlichen Hilfen, Rücklagen und so weiter fehlten. Da weder Vermieter noch Mieter etwas für die Situation können, führt dies dann dazu, dass die Gerichte das Risiko teilen.
Aus den Begründungen ergibt sich jedoch die Notwendigkeit, jeweils den Einzelfall genau zu betrachten. So stellen sich zum Beispiel folgenden Fragen: Ist die Zahlung von öffentlichen Geldern an den Mieter anzurechnen? Wie wirkt sich die Möglichkeit, auf Online-Geschäfte auszuweichen, aus? Gerät der Mieter bei Weiterzahlung der vollständigen Miete in existenzielle Probleme? Wie sind Filialisten zu beurteilen? Nach der bislang sehr strengen und engen Auslegung dieser Vorschrift kommt eine Anpassung nur dann in Betracht, wenn existenzielle Bedrohungen für eine Vertragspartei vorhanden sind.
Es bleibt mithin weiterhin spannend, ob die Urteile aus 1. Instanz bestätigt werden, oder wie der BGH, wenn auch möglicherweise erst im nächsten Jahr, über die Problematik entscheidet.
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