Das Bundesverfassungsgericht und die Zinsen

Credit: ZitzlaffCredit: Zitzlaff

Eine Kolumne von Steuerexperte Hans-Peter Schubert, Dierkes Partner.

Zinsen und insbesondere deren Höhe interessieren viele: Für Immobilienkäufer und Investoren sind niedrige Zinsen zumeist ein Vorteil. Anleger wiederum freuen sich, wenn sie aktuell noch ein klein wenig Ertrag bekommen und keine Strafzinsen zahlen müssen. Vom schwankenden Zinsniveau unbeeindruckt blieb allerdings der Zinssatz zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen. Dieser betrug seit Jahren konstant 6%. Nicht verwunderlich, dass schon seit langem darüber diskutiert wurde, ob Zinsen in Höhe von 0,5% pro Monat, also 6% pro Jahr, in der heutigen Zeit noch angemessen sind.

Am 18. August hat das Bundesverfassungsgericht nun seinen sehnlich erwarteten Beschluss hierzu veröffentlicht (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17). Nach Ansicht der Richter ist der Zinssatz zu hoch. Auch wenn diese Einschätzung alle Zeiträume ab dem 01. Januar 2014 betrifft, so bleibt das bisherige Recht für alle Verzinsungszeiträume bis einschließlich 2018 weiter anwendbar. Insoweit kommt es also nicht zu einer Erstattung von Nachzahlungszinsen bzw. einer Rückzahlung von Erstattungszinsen. Erst für die Zeit ab dem 1. Januar 2019 muss der Gesetzgeber eine neue gesetzliche Regelung schaffen. Die Richter haben hierfür eine Frist zum 31. Juli 2022 gesetzt.

Was bedeutet das im Einzelnen?

Anzeige

Zunächst gehen wir auf Grund der anstehenden Bundestagswahl davon auszugehen, dass eine Gesetzesänderung erst in 2022 erfolgen wird. Wie die Zinsen dann berechnet werden, ist allerdings noch völlig offen. Neben einer festen Verzinsung ist auch eine variable Zinshöhe denkbar – es bleibt spannend, wie der Gesetzgeber agieren wird.

Bekommen Steuerpflichtige in Kürze Zinsen erstattet? Seit 2019 sind Steuerbescheide hinsichtlich der Höhe der Zinsen vorläufig ergangen, so dass diese nach der Gesetzesänderung von Amts wegen geändert werden können. Dies wird allerdings erst nach Inkrafttreten der Neuregelung erfolgen. Achtung:  die Anpassung gilt auch für Erstattungszinsen. Diese werden voraussichtlich reduziert werden und damit teilweise zurückzuzahlen sein. Wie schon ausgeführt ist noch völlig offen, wie die konkrete Neuregelung aussehen wird.

Das Urteil bezieht sich zudem ausdrücklich nur auf die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen nach § 233a in Verbindung mit § 238 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO). Stundungszinsen (§ 234 AO), Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) und Aussetzungszinsen (§ 237 AO) wurden vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich ausgenommen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Regelungen im Gesetzgebungsverfahren ebenfalls aufgegriffen werden. 

Wir werden die Entwicklungen für Sie weiter beobachten und Sie auf dem Laufenden halten.

Zum Podcast

Anzeige