B&P-GESPRÄCH Netzwerk, Community und Neue Arbeitswelten: Christoph Birkel stellt die Weichen für den hit-Technopark in Harburg auf Zukunft
E r zählt zweifellos zu den Innovatoren, Querdenkern und Motivatoren im Hamburger Süden: Christoph Birkel, Geschäftsführer des hit-Technoparks in Harburg-Bostelbek, stellt sich konsequent auf das digitale Zeitalter ein und krempelt im ersten Schritt seinen eigenen Büro-Bereich komplett um – als Blaupause für die in fünf Jahren geplante große Erweiterung des Technologieparks: „Mein Thema sind die neuen Arbeitswelten. Wir haben es mit zwei Megatrends zu tun: Digitalisierung und Globalisierung. Darauf stellen wir uns jetzt ein und erfinden uns neu.“
Christoph Birkel befasst sich schon lange mit der Frage, was ein Technologiepark seinen Mietern eigentlich in Zukunft bieten muss. Workshops mit Mietern, Gespräche mit den Verantwortlichen vergleichbarer Einrichtungen, ein ständiger interner Brainstorming-Prozess – den letzten Anstoß für das jüngste Vorhaben gab jetzt das New Workspace Playbook von Dark Horse Innovation, ein Praxisbuch für neues Arbeiten in neuen Räumen. „Das habe ich gelesen, und jetzt reißen wir hier alles raus“, sagt Birkel und zeigt auf den Konferenzraum, die anliegenden Räume und auch sein eigenes Büro. Hier soll beispielhaft eine neue Arbeitswelt entstehen – als Selbstversuch, als Inspiration für die Mieter im hit-Technopark und als Angebot, deren Räume ebenfalls so herzurichten.
Im Mittelpunkt steht die Idee
Birkel: „Wenn wir uns die Wirtschaft heute anschauen, müssen wir feststellen, dass eigentlich kein Unternehmen mehr die ‚richtige Story‘ für sich in Anspruch nehmen kann – also die eigene und alleinige Entwicklung, die auf Jahre trägt. Die Produktzyklen sind schneller geworden, die Produkte selbst werden immer komplexer.“ Die sinkende Halbwertzeit von Erfindungen und Entwicklungen führt dazu, dass sich Unternehmen nicht mehr auf den Lorbeeren ausruhen können. Neue Innovationen müssen her. Birkel: „In großen Firmen, etwa Konzernen, brauchen neue Ideen häufig aufgrund der Hierarchien viel zu lange, um konkret zu werden. Andererseits können diese Unternehmen eigene Acceleratoren entwickeln, also schlagkräftige Entwicklungseinheiten, die nicht selten ausgelagert werden, um frei arbeiten zu können. Ich meine: Die Idee steht heute im Mittelpunkt. Das können wir aus den Arbeitsweisen in den USA und im Angelsächsischen lernen.“
Doch was bedeutet das für kleine und mittelständische Unternehmen? Diese Frage bewegt den Technopark-Chef, denn aus diesem Umfeld kommen seine Mieter. Er sieht im Wesentlichen drei Probleme: 1. Das Tempo zieht an. 2. Der Erfolg einer innovativen Entwicklung bindet alle Kräfte und erstickt dadurch sozusagen die Folge-Innovation. 3. Wer erfolgreich ist, muss wachsen. Wenn die Mitarbeiterzahl von zehn auf 20 schnellt, dann ergibt sich nicht nur ein beträchtlicher Fixkostensprung, sondern auch die Notwendigkeit, Strukturen anzupassen. Plötzlich bekommt der Chef aufgrund der Größe nicht mehr alles mit . . .
Innovationsproblematik und Wachstumsdruck
Birkel: „Wir haben erkannt, dass die kleinen und mittleren Unternehmen vor allem die Innovationsproblematik haben und unter dem Wachstumsdruck leiden. Meine Frage: Wie kann ich als Technologiepark-Betreiber meine Kunden in ihrer Entwicklung unterstützen? Dazu gibt es mehrere Ansätze und Ideen.“
Im ersten Schritt will Birkel unter den
110 Firmen im hit-Technopark ein Bewusstsein für die Herausforderungen der Zeit schaffen. Im zweiten Schritt steht die Entwicklung von Workshop-Modulen an, die es Unternehmern und leitenden Mitarbeitern ermöglichen, mal wieder den Kopf frei zu kriegen und nach vorn zu denken. Birkel: „Die ersten Tests sind bereits erfolgreich gelaufen. Dabei geht es uns nicht um die inhaltliche Arbeit der Firmen, sondern um methodische Hilfestellung. Da nehmen wir gern eine Coaching-Rolle ein.“ Im dritten Schritt soll sich der hit-Technopark zu einer Community entwickeln, denn nicht selten ergeben sich aus dem Netzwerk heraus Synergien und Impulse – die hit-Community könnte so zu einem eigenen firmenübergreifenden Accelerator werden.
Geplant: „hit connect“
Birkel: „Immerhin haben wir im hit-Technopark direkten Kontakt zu 110 Unternehmen. Wir wollen eine entsprechende Plattform schaffen, damit sich hier ein innovatives Netzwerk entwickeln kann.“ Dazu hat der Technologiebetreiber einen Innovationsmanager eingestellt, der Mitte Oktober seinen Job beginnt. Aufgabe: Unternehmen im hit-Technopark besuchen, Kontakte herstellen, das Netzwerk knüpfen. Außerdem wird eine App, beziehungsweise eine digitale Plattform online gehen. Titel: „hit connect“. Zu guter Letzt sind da noch die Workshops für interessierte Mieter, die beispielsweise einmal an einem „World Café“ oder einem „Design thinking“-Event teilnehmen möchten. Dazu arbeitet Birkel mit der „Hamburger Kreativ Gesellschaft“ zusammen.
Mit seinem Ansatz ist Christoph Birkel keineswegs allein unterwegs. Er sagt: „Die Technische Universtät Hamburg hat dasselbe Thema. Durchaus möglich, dass sich hier ebenfalls Synergieeffekte ergeben. Im ersten Schritt plant Birkel jetzt das „Büro der Zukunft“ – sein eigenes. Außerdem wird der gesamte Konferenzbereich inklusive des Restaurants im Erdgeschoss neu gestaltet. Ein Innenarchitekturbüro ist bereits engagiert.
Jetzt Schwung holen für den großen Sprung
Grund für die Neuaufstellung: „Wir haben dieselben Herausforderungen wie unsere Mieter. In fünf Jahren werden wir mit unserem Neubauvorhaben auf der Pferdekoppel nebenan die Vermietungsfläche verdoppeln. Das heißt auch für uns: Die Mitarbeiterzahl wird von jetzt zehn auf 30 steigen. Dazu brauchen auch wir neue Strukturen. Deshalb holen wir jetzt den Schwung für den großen Sprung in fünf Jahren.“
Christoph Birkel proklamiert den Kulturwandel im eigenen Unternehmen und – wenn es gut läuft – im gesamten hit-Technopark. Vorstellbar sei eine Cluster-Bildung von artverwandten Unternehmen im neuen hit-Technopark: „Warum nicht ein ganzes Haus zum Thema Medizintechnik?“ Das wäre Netzwerk pur – doch ganz so eilig hat es der Unternehmer Christoph Birkel nicht: „Zunächst gilt es, Kontakte zu schaffen – das kann zunächst auch gern im Freizeit- oder Sportbereich sein. So könnte die Community wachsen.“ wb
>> Web: www.hit-technopark.de