Ansiedlungspolitik à la Buxtehude
Die Hiobsbotschaften über die Folgen der Corona-Krise reißen nicht ab, da tut es direkt gut, auch mal etwas Positives zu hören, denn das Jahr 2020 hat keineswegs überall zur ökonomischen Lähmung geführt. „Das Jahr ist schwierig, aber wir haben trotzdem gute Nachrichten“, sagt Katja Oldenburg-Schmidt, Bürgermeisterin der Hansestadt Buxtehude. Die Unternehmen investierten gern in Boden – und den gibt es in der Wirtschaftsförderung bei Leiterin Kerstin Maack. Gemeinsam mit der Bürgermeisterin zog sie im B&P-Gespräch eine überraschende Zwischenbilanz. Der Wirtschaftsstandort Buxtehude profitiert offenbar deutlich von Wanderbewegungen aus dem südlichen Umland, aber auch von der restriktiven Flächenpolitik, die beispielsweise in Hamburg betrieben wird – dort werden Grundstücke nur noch in Erbpacht abgegeben.
Michael Nyveld, Erster Stadtrat und Fachbereichsleiter Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt, bestätigt aus der Praxis: „Es gibt durchaus auch bei uns in Buxtehude eine politische Debatte über Grundstücksabgabe nach Erbpachtrecht. Und man muss sagen: Erbpacht hat durchaus auch Vorteile. Aber unter dem Strich ist es schon so, dass die Unternehmer, die sich ansiedeln oder ihre Firma erweitern wollen, lieber kaufen.“ Und da ist Buxtehude nicht nur vorbereitet, sondern offenbar auch ein attraktiver Suchraum, wie Kerstin Maack sagt: „Wir haben derzeit drei Gewerbegebiete in der Vermarktung und haben in diesem Jahr trotz Corona reichlich Nachfrage und Marktbewegung.“
Gewerbegebiet Hedendorf: Dieser Standort wird zumeist spontan mit der Herbert Dammann GmbH in Verbindung gebracht, denn das weltweit agierende Unternehmen hat sich auf die hochpräzise Ausbringung von Flüssigkeiten im Bereich Pflanzenschutz, Kommunal- und Flughafentechnik spezialisiert. Um Platz für Zulieferer und andere Unternehmen aus dem lokalen Umfeld zu haben, waren bei der Ausweisung des Gewerbegebiets vier Hektar Reserve eingeplant worden. 2011 kam die Zimmerei Bartsch hinzu, 2018 das Unternehmen eventfun, Servicepartner für Hüpfburgen, Fun-Module und Veranstaltungsbühnen. 2019 folgte mit PS Protection Systems ein Ingenieurbüro und aktuell baut der Partyservice Höft in Hedendorf. Außerdem will Dammann die Teststrecke erweitern und hat zusätzlichen Bedarf angemeldet. Kerstin Maack: „Mit weiteren Unternehmen sind wir in ernsthaften Gesprächen. Das Gebiet ist klein, aber fein und entwickelt sich ausgesprochen gut. Wir haben nur noch 1,2 Hektar Fläche übrig.“
Gewerbegebiet Ovelgönne: Seit 2013 ist diese Fläche zwischen Buxtehude und Neu Wulmstorf am Markt und mittlerweile der Verkaufsschlager. Von den einst elf Hektar sind abzüglich der vergebenen Flächen und der ernsthaften Optionen auf weitere Ansiedlungen nur noch knapp drei Hektar zu haben. Ovelgönne ist offenbar auch im Nachbarlandkreis Harburg beliebt. Die Zimmerei Cohrs aus Elstorf hat sich hier repräsentativ angesiedelt. Der Metallbauer Stefan Hauschild aus Schwiederstorf steht kurz vor dem Baubeginn seines Projekts „Die neue Schmiede“. Ein weiteres, bereits angesiedeltes Unternehmen will sich vergrößern und braucht Fläche. Kerstin Maack: „Trotz Corona registrieren wir Investitionsfreudigkeit.“
Industriegebiet Alter Postweg: Hier will sich ein namhaftes produzierendes Unternehmen ansiedeln und hat den Kauf von einem Hektar Fläche unterschrieben – mehr kann Kerstin Maack derzeit noch nicht verraten. Durchaus positiv entwickelt sich der Sirius Business Park, der die ehemalige Bacardi-Immobilie übernommen hat (siehe auch Seite 23).
Katja Oldenburg-Schmidt: „Unsere Unternehmen stellen sich jetzt gut auf. Buxtehude hat eine weitgehend kleinteilige Wirtschaftsstruktur, das zahlt sich aus. Wir haben einen langen Atem, das ist am Ende erfolgversprechender.“ Sie ist auch froh, dass es gelungen ist, die Entwicklungsabteilung von CPI (siehe Seite 28) in Buxtehude zu halten. Die Entwickler haben den Fruchthof geräumt und sich im Gebäudekomplex der Reederei NSB eingemietet. Kerstin Maack verweist in diesem Zusammenhang auf optionale weitere Unternehmensansiedlungen, die zwar namentlich noch nicht spruchreif, aber bereits weitreichend ausverhandelt sind. Das betrifft fünf Unternehmen, die nach Ovelgönne möchten, vier interessieren sich für Flächen am Alten Postweg und eins für Hedendorf. Maack: „Macht insgesamt zehn weitere Unternehmen. Wobei sich hier Bestands- und Neuansiedlungen ausgewogen entwickeln.“
Neu in der Entwicklung: Das „Green Valley“ Apensener Straße
Wenn sich das alles realisieren lässt, wären von den insgesamt 21 Hektar Gewerbebauland in den drei genannten Gebieten noch 7,5 Hektar übrig – Zeit also, über neue Gewerbegebiete nachzudenken. Kerstin Maack: „Wir haben uns rund um die ehemalige Pioneer-Fläche an der Apensener Straße weitere Areale für Gewerbe gesichert. Zurzeit ist in der ehemaligen Zentrale des Saatgutherstellers unser städtisches Konferenzzentrum eingerichtet, weil wir in der Pandemie mehr Platz brauchten. In Gänze stehen dort aber neun Hektar zur Verfügung. Weitere zwei Hektar weist der F-Plan für Gewerbe aus, und auf der anderen Straßenseite hätten wir noch einmal 5,5 Hektar für Unternehmen plus zehn Hektar Gemeinbedarfsfläche für Sport- und Freizeitanlagen.“ Michael Nyveld: „Das ist ein sehr attraktives und schön gelegenes Areal. Daraus lässt sich etwas entwickeln.“ Zusätzlich hat sich die Hansestadt in Ottensen Flächen für den Wohnungsbau gesichert, denn irgendwo müssen neue Unternehmen ja auch ihre Mitarbeiter unterbringen.
Geplant werden soll dieser städtische Bereich an der Apensener Straße nach einer neuen Maßgabe. Die Bürgermeisterin: „Alles, was wir jetzt neu planen, betrachten wir unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit.“ Das Gewerbegebiet Apensener Straße werde zum „Green Valley“ entwickelt. Da seien auch die Investoren herausgefordert.
Wohngebiet Giselbertstraße: Jetzt sind weitere
Investoren gefragt
Wer Gewerbe ansiedelt und Fachkräfte gewinnen will, muss die Stadt attraktiv gestalten und Wohnraum schaffen. Das weiß auch die Führungsspitze im Buxtehuder Stadthaus. Aktuell steht das Neubaugebiet Giselbertstraße auf der Agenda. Michael Nyveld: „Die Erschließung unter Federführung des Ingenieurbüros Sweco ist weitgehend durch. Wir bauen hier in Kooperation mit HBI und das läuft hervorragend. Ein Jahr nach dem symbolischen Spatenstich hat HBI bereits die erste Baugrube ausgehoben. Aktuell schreiben wir für die städtischen Flächen in drei Losen den Bau von 160 geförderten Wohnungen aus. Mit dem Baustart rechne ich 2021.“
Laut Nyveld sei die Stadt anfänglich für ihre großzügige Grünflächenausweisung an der Giselbertstraße belächelt worden, aber „heute sind wir state oft the art“ (https://www.business-people-magazin.de/business/immobilien-bau/stadtplanung-aus-der-giselbert-perspektive-21619/). Gleich im doppelten Wortsinn herausragend ist dabei die Planung einer acht Meter hohen Lärmschutzanlage Richtung Bahnstrasse. Hier plant Buxtehude ganz im Sinne der Nachhaltigkeit eine „lebende und begehbare Wand“ mit integrierten Nistkästen, Spazierwegen, Ruhepunkten und Gestaltungsflächen für Grafitti-Sprayer.