Milde Reaktion auf den Buchholzer Klimaaktionsplan

Ortstermin in Buchholz: Jan Weckenbrock (links), Corinna Horeis und Tobias Siewert vor dem zentralen Busknotenpunkt in der Innenstadt. Mit dem ÖPNV kommt jeder zehnte Besucher nach Buchholz. Foto: Wolfgang Becker

Abbau von Parkplätzen: IHK und Wirtschaftsrunde stellen die Ergebnisse einer Einzelhändler-Befragung vor.

Im Wettstreit um den schnellsten und effektivsten Weg zur Klimaneutralität überbieten sich Kommunen und Städte derzeit bundesweit mit Konzepten und Ideen. Feind Nummer eins, so scheint es, ist das Auto, denn Verbrenner produzieren direkt schädliche Kohlenwasserstoffe, E-Autos durch den europäischen Strom-Mix indirekt. Die Lösung: Je weniger Parkplätze, desto weniger Autos in der Stadt – nach diesem Muster verfährt beispielsweise die Stadt Lüneburg und will 150 Stellplätze für Pkw abschaffen, was die Spezialisten der IHK Lüneburg Wolfsburg auf den Plan rief. Sie machten eine Umfrage unter den Einzelhändlern und stießen damit, wie berichtet, in ein Wespennest (Link zum Bericht siehe unten). Dass es auch anders laufen kann, zeigt das Beispiel der Stadt Buchholz. Auch hier fragte die IHK gemeinsam mit der Buchholzer Wirtschaftsrunde gezielt im Einzelhandel nach.

Tobias Siewert, Berater Mobilität sowie Infrastruktur- und Digitalisierungspolitik bei der IHK in Lüneburg, bei einem Ortstermin in Buchholz: „Ganz viele Kommunen stellen derzeit Pläne auf, um eine saubere CO2-Bilanz zu erreichen. Dazu zählt auch der Klimaaktionsplan der Stadt Buchholz. Für uns als IHK steht aber noch eine andere Frage im Raum: Wie kommt der Einzelhandel aus der Corona-Depression heraus, und wie geht es mit den Innenstädten in Zukunft weiter? Deshalb schauen wir uns solche Planungen genau an.“

Siewert und auch sein für Stadtentwicklung und Raumplanung zuständiger Berater-Kollege Jan Weckenbrock betonen, dass Lüneburg und Buchholz nicht unmittelbar vergleichbar sind, da Lüneburg einen sehr hohen Anteil touristischer Besucher hat. Die kämen gemeinhin mit dem Auto. Streiche man hier Parkplätze im großen Stil, träfe das unmittelbar, teils existenziell den Einzelhandel. Das sei in Buchholz anders.

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Gutes Echo auf den Fragebogen

Und genau das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Umfrage wider, die die IHK mit der Wirtschaftsrunde in die Wege leitete. Die Vorsitzende, Corinnna Horeis, bestätigt die Einschätzung von Weckenbrock, wonach die Einzelhändler in den lokalen Wirtschaftsvereinigungen durchweg zu dünn vertreten seien. Dennoch: 85 Einzelhändler und Gas­tronomen nahmen teil – ein vergleichsweise gutes Echo auf das halbe Dutzend Fragen.

So sieht es der Einzelhandel

Mehr als jeder zweite Kunde aus dem Kreise der befragten Unternehmen kommt demnach direkt aus Buchholz, der Anteil der Umlandkunden liegt bei 40 Prozent. Zum Vergleich: In Lüneburger Geschäften stammt nur jeder vierte Kunde aus der Stadt. Thema Mobilität: 65 Prozent der Innenstadtbesucher in Buchholz kommen mit dem Auto, 19 Prozent mit dem Fahrrad und knapp elf Prozent mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (Bus, Zug). Sievers: „Der hohe Fahrradfahreranteil ist Folge der insgesamt geringeren Entfernungen. Zudem liegt Buchholz in einer eher verdichteten Siedlungsstruktur – da ist vor allem die Nähe zu Hamburg zu nennen.“

Ergebnis: Nur 43 Einzelhändler beurteilen die im Klimaaktionsplan vorgesehene Reduzierung der Parkplätze negativ. 22 finden die Idee sogar gut. Und 34 antworteten weder negativ noch positiv. Dazu Corinna Horeis: „Wir haben in Buchholz kein Parkplatz-, sondern ein Durchfahrtsproblem. Die Stadt ist regelmäßig verstopft.“

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Fazit: „Die diskutierten Maßnahmen der Stadt zum Thema Klimaplan werden relativ positiv bewertet“, sagt Tobias Siewert. „Allerdings ist das Ziel der Klimaneutraliät gar nicht erreichbar. Allenfalls 65 Prozent der schädlichen Treibhausgase können die Kommunen durch eigene Maßnahmen einsparen. Alles andere ist außerhalb der Reichweite – zum Beispiel durch den Strom-Mix und das individuelle Verhalten der Menschen. Wenn dann aber die politische Idee kommt, noch weitere Maßnahmen zu beschließen, werden wir bei der IHK hellhörig. Auch wenn niemand weiß, was das genau sein soll. Dann schauen wir nochmals genau hin.“ Welche Stadt als nächstes untersucht wird, ist noch offen – eventuell könne das Winsen sein, sagt Siewert. wb

>> Web: https://www.business-people- magazin.de/2022/1-juli-2022/lueneburger-wirtschaftsvereinigungen-fuerchten- um-ihre-geschaeftsgrundlage-31419/