B&P-GESPRÄCH Jan und Heino Harms über die Chancen und die Herausforderungen beim Bau begrünter Dachflächen – Besuch bei Harms Garten- und Landschaftsbau in Francop.
Ein Blick vom Hamburger Michel zeigt die Stadt von oben – und überraschenderweise jede Menge grüne Dächer. Gerade in Hamburg wurde das grüne Dach stark gefördert, mittlerweile gilt dies jedoch vor allem für die Begrünung von Bestandsgebäuden, wie Heino Harms, Gründer und Inhaber von Heino Harms Garten- und Landschaftsbau in Francop, sagt. Gleichwohl sei der Trend zum begrünten Dach ungebrochen, was allerdings bei der Planung von Neubauten oder der Nachrüstung von Bestandsbauten Fragen aufwirft, die frühzeitig beachtet werden sollten, wie Juniorchef Jan Harms betont. Beide gaben im B&P-Gespräch eine Reihe von Tipps, wie der Traum vom grünen Dach realisiert werden kann.
Intensiv oder extensiv?
Der Laie denkt beim „grünen Dach“ spontan an das zarte Grün von Mauerpfeffer & Co. Tatsächlich unterscheidet der Fachmann jedoch zwischen intensiver und extensiver Begrünung. Heino Harms: „Bei der extensiven Dachbegrünung sprechen wir von einer Schicht zwischen acht bis zwölf Zentimetern Stärke. In dem Substrat wachsen Sukkulenten – wasserspeichernde niedrigwachsende Pflanzen. Ab etwa 30 Zentimeter beginnt die intensive Dachbegrünung, auf der dann auch Stauden und Gehölze wachsen können. Das geht theoretisch bis 1,50 Meter Stärke – quasi ein reeller Garten auf dem Dach, in dem dann auch Bäume stehen können.“
Bei einem Bauobjekt in Buxtehude hatte Harms den Auftrag, so einen Garten zu sanieren. Jan Harms zeigt Fotos: „Da haben wir einen Minibagger aufs Dach gestellt und 1,20 Meter Boden abgeräumt. Das Gebäude war in den 70er-Jahren gebaut worden und nach mehreren Jahrzehnten undicht geworden. Wir haben alles freigeräumt. Die Dichtungsschicht wurde erneuert, und dann ein neuer Garten angelegt.“ Vermutlich für die nächsten 50 Jahre, denn Dachbegrünung hat einen großen Vorteil – der Schichtaufbau aus Drainage, Vlies, Substrat (Lava-Humus-Gemisch) und je nach Funktion noch weiteren Komponenten verhindert, dass die Dachfolien, die üblicherweise auf diesen Dächern liegen, der zerstörenden UV-Bestrahlung ausgesetzt sind. Dadurch bleiben die Dächer deutlich länger dicht.
Ein weiterer Vorteil des Gründachs: Im Sommer werden die darunter liegenden Räume gekühlt. Jan Harms: „Der umgekehrte Effekt – Wärme-Isolierung im Winter – funktioniert nur bedingt, was vor allem daran liegt, dass Gründächer Wasser speichern.“ Das kann sogar ein beabsichtigter Effekt sein, um Oberflächenwasser nach starkem Regen dosiert an das Regenwassersiel abzugeben. Dazu bietet Harms verschiedene Unterbauvarianten an – das sogenannte Aufstaudach oder das Mäanderdach. Beides dient der Abflussverzögerung, wie Jan Harms erklärt.
Das Dach als Wasserspeicher
Erreicht wird der Effekt unter anderem durch eine Festkörperdrainage, die in unterschiedlicher Stärke eingebaut werden kann und dementsprechend unterschiedliche Speicherkapazität besitzt. In Zahlen: Eine acht Zentimeter starke Festkörperdrainage speichert bis zu 25 Liter Wasser pro Quadratmeter, bei zehn bis 25 Zentimetern Drainage steigt der Speicherwert auf 30 bis 80 Liter. Das heißt: Ein Gründach dieser Bauart wiegt komplett bis zu 300 Kilo pro Quadratmeter. Rechnet man dann noch die hypothetische Schneelast hinzu, wird klar: Das ist ein Fall für die Tragwerkplanung – ein Statiker muss berechnen, ob das Dach eines Bestandsgebäudes die entsprechende Tragfähigkeit hat oder wie stark die Konstruktion bei einem Neubau sein muss, um ein speicherfähiges Gründach zu realisieren.
Heino Harms betont einen weiteren wichtigen Punkt: „Ein Gründach muss regelmäßig gepflegt werden – mindestens einmal im Jahr. Das heißt: Gehölze, deren Samen durch Wind oder Vogelkot auf dem Dach gelandet sind, müssen entfernt werden. Auch Laub sollte nicht liegen bleiben.“ Die Sukkulenten, so sagt sein Sohn, seien zudem pfleglich zu behandeln. Diese Pflanzen haben fleischige Blätter, in denen Wasser gespeichert wird. Deshalb sind sie nur bedingt trittfest. Extensive Dächer bieten allerdings noch eine gute Möglichkeit, zusätzlich eine Photovoltaik-Anlage auf das begrünte Dach zu stellen. Jan Harms: „Die Bepflanzung hat kühlende Wirkung auf die Panels, was wiederum zu einer effektiveren Stromausbeute führt.“
Zu guter Letzt: Gründächer sind teurer als klassische Dächer. Pro Quadratmeter kommen auf den Bauherren ab etwa 90 Euro netto zusätzlich zu. Technisch realisierbar ist das Gründach ohne zusätzliche Maßnahmen bis zu einer Dachneigung von fünf Grad. Bis 15 Grad ist es mit stützenden Maßnahmen möglich. Und: Sogar bei einer Dachneigung von 35 Grad lässt sich ein Gründach bauen, dann allerdings mit hohem technischen Aufwand, da je nach Dachgröße ein erhebliches Gewicht abgestützt werden müsste. Heino Harms: „Solche Anlagen sind eher die Ausnahme. Bei uns gehen häufig Anfragen für Gartenhäuser, Carports und Garagen ein. Der Trend zum grünen Dach ist ungebrochen.“ Und die Realisierung immer eine Frage der Statik, wie sein Sohn hinzufügt. wb
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