3D-Picture.net: Der Buchholzer 3D-Pionier Dieter Bielert handelt nicht nur mit Druckern und Scannern, er ist mittlerweile auch Dienstleister, Berater und Produzent
Ein Besuch in der Druckerhalle von 3D-Picture.net im ISI Zentrum für Gründer, Business & Innovation in Buchholz sorgt fast immer für eine Überraschung. Dieses Mal präsentiert Dieter Bielert einen halbfertigen, fast menschengroßer Superheld, der auf einem Bistrotisch steht. Die Arme liegen daneben. Im großen 3D-Drucker an der Wand „wachsen“ gerade Schicht für Schicht die Stiefel der Figur heran. Den Auftrag hat ein Kunde erteilt, der Laser-Spielhallen betreibt und seine Standorte mit lebensgroßen Comic-Figuren dekorieren will. Da ist er bei Bielert genau richtig. Der umtriebige Unternehmer, der gut und gern als 3D-Pionier im Landkreis Harburg bezeichnet werden darf, ist auf alles vorbereitet. Sein Unternehmen hat er auf drei Säulen gestellt: 3D-Druck, 3D-Scantechnik und 3D-Dienstleistungen. Was Letzteres konkret bedeuten kann, erläutert Dieter Bielert so: „Der Kunde hatte nur eine zweidimensionale Skizze seiner Comic-Figur. Daraus haben wir ein 3D-Modell entwickelt, das jetzt gerade ausgedruckt wird.“
Die Firma 3D-Picture.net ist seit sechs Jahren auf 3D-Druck und 3D-Scantechnik spezialisiert. Ursprünglich stand der Vertrieb von 3D-Druckern und 3D-Scantechnik im Vordergrund. Dieter Bielert wurde schnell zum autorisierten Systemhändler für die hochwertigen Artec Scanner-Produkte. Im Druckbereich hat sich das Unternehmen auf FDM 3D-Großraumdrucker der holländischen Firma Builder spezialisiert. Diese Drucker haben einen Bauraum von 1100x500x820 beziehungsweise 700x700x1720 Millimeter für FDM-Drucke. FDM steht für Fused Deposition Modeling (auch Fused Filament Fabrication/FFF) – zu gut Deutsch: Schmelzschichtung. Der Kunststoff wird dabei in einem Endlosfaden zugeführt, dem sogenannten Filament.
Aus dem ursprünglich beabsichtigten Handel mit Druckern und Scannern wurde jedoch schnell mehr. Grund: Die Hersteller verlangen von den Händlern, alle Systeme vor Ort vorzuhalten, um diese den Kunden präsentieren zu können. In der Folge hat Bielert aus dem Gründungszentrum auch ein 3D-Druckzentrum gemacht – der Maschinenpark von 3D-Picture.net erweiterte sich im Lauf der Jahre immer stärker. Deshalb ist es nur logisch, dass aus dem Handel nun auch ein Produktionsbetrieb geworden ist. Der Maschinenpark wird für Auftragsarbeiten genutzt – wie beispielsweise für den Ausdruck der eingangs erwähnten Comic-Figur. Günstiger Nebeneffekt: Kunden, die sich für einen 3D-Drucker interessieren, können die Geräte im Einsatz präsentiert werden. Und auch die Ergebnisse, die das FDM-Verfahren ermöglicht, können in Augenschein genommen werden. Zudem ist Bielert mittlerweile zu einem 3D-Fachmann geworden, der eben auch komplizierte Fälle umsetzen kann. Aus 2D eine 3D-Datei zu machen, erfordert genau diese Expertise.
Der Einstieg in die Technologie liegt mittlerweile sechs Jahre zurück. Seitdem hat Bielert einen reichen Erfahrungsschatz aufgebaut: „Im Bereich 3D-Druck haben wir gerade auch große Modelle hergestellt – mannshohe Statuen, Prototypen für Automotive-Kunden, diverse Verschalungen und Abdeckungen, Schiffsmodelle, Prothesen, Orthesen und Architektur-Modelle. Auch im Bereich 3D-Scantechnik haben wir große Nachfrage und in den vergangenen fünf Jahren einige Tausend Objekte gescannt.“
Qualitätskontrolle per Scan
Die 3D-Scantechnologie wird primär in drei Anwendungsbereichen benötigt. Dieter Bielert: „Zum einen für die Qualitätskontrolle bei der Produktion. Das gefertigte Objekt wird gescannt und dann mittels Software mit den original CAD-Daten verglichen. So lassen sich minimalste Abweichungen bis auf hundertstel Millimeter genau erfassen.“ Ein typischer Anwendungsfall ist der Formbaum.
Ein weiterer wichtiger Einsatzbereich für 3D-Scanner ist unter dem Namen Reverse Engineering bekannt. Oft werden CAD-Daten für Bauteile benötigt, zu denen es keine CAD-Zeichnung mehr gibt oder noch nie eine gegeben hat. Bielert: „Leider stellt der 3D-Scanner die Daten nur in einem Mesh-Format zur Verfügung. Das sind Volumen-Modelle, die aus lauter Dreiecken bestehen. Um diese Daten in eine parametrische CAD-Datei umzusetzen, bedarf es der Flächenrückführung. Dieser Prozess ist aber nicht automatisiert zu gestalten, sondern muss mehr oder weniger interaktiv mit dem Flächenrückführungsprogramm vollzogen werden.“ Ein Anwendungsfall für den Maschinenbau, in dem mit Computer Added Design (VAD) konstruiert wird. Hier arbeitet 3D-Picture.net mit professionellen 3D-Designern und Konstrukteuren zusammen.
Last not least: Mit dem 3D-Scanner können Daten von Gegenständen erfasst werden, die mit der entsprechenden Farbtextur benötigt werden. Das können zum Beispiel Ausstellungsgegenstände in Museen, die Erfassung von Personen für den Einsatz als Avatar oder aber auch die Erfassung von Körpermaßen sein, um eine exakt proportionierte Skulptur herzustellen. Oder einfach nur das Erfassen von räumlichen Gegebenheiten, um zu sehen wo und wie dort zum Beispiel Möbel oder Maschinen untergebracht werden können.
In allen drei Anwendungsfeldern hat 3D-Picture.net in den vergangenen Jahren einige Tausend Scans für Kunden realisiert, darunter diverse Lebensmittel für virtuelle Shops, Maschinenbauteile, Personen, Kunstgegenstände, Artefakte und chirurgische Instrumente. Bielert: „Es gibt kaum etwas, was 3D-Picture.net noch nicht gescannt hat.“ Allerdings stellen Kunden mit hohem Scan- oder Druckbedarf schnell fest, dass es sich auf Dauer nicht rechnet, immer fremde Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Also kaufen sie die Geräte. So schließt sich der Kreis für den Händler Dieter Bielert. Der Pionier ist zufrieden: „Alle aufgeführten Bereiche laufen sehr erfolgreich und werden zukünftig weiter ausgebaut.“ wb/db