INTERVIEW Lars Wagener, Vorstandssprecher der Laurens Spethmann Holding, über neue Wege der Vermarktung und die Perspektiven für Tee-Produkte
Seit gut einem Jahr steht Lars Wagener als Vorstandsvorsitzender an der Spitze der Laurens Spethmann Holding (LSH) in Seevetal-Hittfeld. Er kennt die Food-Branche aus dem Effeff und ist mittlerweile in der Welt des Tees und der Cerealien angekommen. Für B&P-Redakteur Wolfgang Becker nahm er sich ein „Momentum“ Zeit und traf sich auf ein Interview in der gleichnamigen und zudem neugestalteten TeeLounge am Kaiserkai in der Hamburger Hafencity. Die Themen: der neue Marktauftritt der Traditionsmarke Meßmer, die junge Generation als Zielgruppe, Nachhaltigkeit, neue Produkte und der Fachkräftemangel.
Seit mehr als einem Jahr sind Sie nun Vorstandsvorsitzender der Laurens Spethmann Holding und damit auch für die Ostfriesische Tee Gesellschaft verantwortlich. Wie gefällt es Ihnen in der Welt des Tees?
Mir gefällt es dort sehr gut. Das ist zwar eine neue Warenkategorie, aber eben auch Lebensmittel. Ich bin seit mehr als 25 Jahren im Bereich Lebensmittel tätig, von daher sind die Mechanismen zum Handel und zum Verbraucher gleich. Die Warenkunde und das Know-how sind immer noch ein Themenfeld, bei dem ich wissbegierig die Experten ausfrage. Zum Beispiel bei der Teeverkostung.
Dürfen Sie da auch mal mitmachen?
Ja, selbstverständlich. Und ich mache das sogar sehr gerne, um den Geschmack kennenzulernen und ein Gefühl dafür zu bekommen, was wir am Ende unseren Verbrauchern anbieten.
Nun leben wir derzeit gefühlt in einem Kaffeezeitalter mit Barista & Co. In der Wahrnehmung bleibt der Tee dabei ein wenig auf der Strecke, aber es gibt schon Stimmen, die davon ausgehen, dass Tee wieder im Kommen ist. Lässt sich mit Tee ein ähnlicher Hype entfachen?
Wir glauben, dass Tee der neue Kaffee werden kann. Aber wir müssen die Konzepte verjüngen und gerade für die jungen Verbraucher und gerade auch Verbraucherinnen interessanter gestalten. Tee wird überwiegend von Frauen konsumiert und auch gekauft. Wie kommen wir also in die junge Zielgruppe hinein und machen eine Marke wie Meßmer, die eine starke Tradition hat, jünger und attraktiver. Wir registrieren auch, dass einige zumeist kleine Mitbewerber, speziell Startups, nicht notwendigerweise mit höheren Qualitäten, aber mit teils extrem hohen Preisen versuchen, dieser Zielgruppe Lösungen anzubieten.
Die extrem hohen Preise haben wir im Kaffeesektor ja zum Teil auch – ist Exklusivität die Lösung auch für den Tee?
Bei den ganz hochwertigen Tees gibt es gar nicht genug Ware, um die hier nach Deutschland zu bekommen. Die Frage ist doch, wo finden wir die Masse der Kunden – das ist der Preisbereich zwischen 1,70 und drei Euro pro Packung. Die Qualität dieser Tees ist top. Wir haben in Deutschland die sichersten und qualitativ hochwertigsten Tees zu eigentlich niedrigen Preisen. Wir werden allerdings nicht umhinkommen, die Preise anzuheben, weil wir schon über Jahre hinweg immer höhere Einstandspreise in den Ursprungsländern haben. Unter anderem, weil wir im Ursprungsland Verantwortung übernehmen. Thema Nachhaltigkeit. Und wir haben in Deutschland immense Kosten in der Qualitätssicherung, die allein bei uns einen hohen siebenstelligen Betrag ausmacht. Einerseits sichert uns das einen Wettbewerbsvorteil, andererseits steigen dadurch ebenfalls die Kosten. Das gilt auch für das Thema Nachhaltigkeit. Wir müssen erreichen, dass Nachhaltigkeit dem Kunden etwas wert ist.
Sie haben der Marke Meßmer ein Relaunch verpasst und damit einen neuen Markenauftritt. Wie kommt der bei den Kunden an?
Wir haben zum einen der Marke Meßmer einen komplett neuen Auftritt verpasst. Es kommt selten vor, dass eine Marke wie Meßmer einen so signifikanten Wandel im Markenauftritt vollzieht. Wir möchten moderner und noch wertiger auftreten. Zum anderen haben wir auch neue Produkte herausgebracht . . .
. . . zum Beispiel Hanf-Tee – der Tee der offensichtlich Spaß macht . . .
. . . ganz genau! Der bei uns für das Thema Gelassenheit steht. Aber keine Sorge – er ist THC-frei. Das sind neue Ansätze, die Marke zu verjüngen. Und: Das hätten wir uns früher nicht getraut. Wir haben zudem neue Bio-Tees und eine neue Plus-Range rausgebracht. Zum Beispiel Tee mit Vitamin D. Parallel dazu haben wir weiter in die Nachhaltigkeit investiert und jetzt zu 70 Prozent nachhaltige Tees im Markt.
Warum nicht zu 100 Prozent?
Das hat einen einfachen Hintergrund: Wir müssen die Warenverfügbarkeit sicherstellen. Es gibt nicht viele Unternehmen, die den Schritt in die Nachhaltigkeit gehen. Die weitaus meisten Tees sind nicht nachhaltig. Es werden weltweit etwa 5,8 Millionen Tonnen Schwarztee produziert. Auf Deutschland entfallen davon gerade mal 18 000 Tonnen. Jetzt müssen Sie den Bauern sagen, er soll nachhaltig produzieren, dann fragt der sich natürlich, was ihm das bringt. Also müssen wir ihn dafür bezahlen, dass er seine Bewirtschaftung ändert. Es ist schwierig, bei diesem kleinen Volumen eine Wirkung zu erzielen.
Gibt es über die Themen Markenauftritt und Nachhaltigkeit hinaus Konzepte, mit denen sich die junge Generation erreichen lässt?
Das ist eine Frage der Ansprache, am Ende aber geht es immer um das Produkt. Der Meßmer Klassik ist eben der Klassiker, und das soll auch so bleiben. Aber es gibt halt auch neue Tee-Kreationen wie der Meßmer Bio Masala Chai Latte. Da bekommen Sie das, was junge Leute bei Starbucks für 3,50 Euro bestellen, in Pulverform zum Aufgießen. Damit starten wir jetzt einen Versuch. Auch der Hanf-Tee gehört zu den neuen, jungen Angeboten.
Wie kommunizieren Sie diese neuen Produkte?
Die Ansprache muss online erfolgen, zum Beispiel über die Sozialen Medien. Das ist ein Feld, das wir uns derzeit intensiv erarbeiten. Da müssen wir aus den traditionellen Werbeformen etwas heraus. Meine beiden Söhne schauen beispielsweise kein Fernsehen mehr. Da verändert sich etwas grundlegend. Netflix kommt über die Kinder ins Haus – und wenn es schon mal da ist, dann gucken wir doch auch mal, was es dort gibt. Da ist ein umwälzender Veränderungsprozess im Gange, bei dem das klassische Fernsehen plötzlich in den Hintergrund rückt.
Noch mal ein ganz anderes Thema – der Fachkräftemangel. Ist das auch bei der LSH ein Problem?
Ja, auch wir haben ein Fachkräftethema. Glücklicherweise weniger in der Logistik, weil wir über „Zukunft durch Ausbildung“ erfolgreich für den eigenen Nachwuchs sorgen. Aber in allen anderen Bereichen haben wir zunehmend Herausforderungen, gut ausgebildete und erfahrene Mitarbeiter zu bekommen. Das liegt bei den jungen Leuten teilweise auch an der Einstellung – längere Wege zum Arbeitsplatz werden nicht so einfach akzeptiert. Deshalb wird es schwieriger, Menschen aus Hamburg für eine Stelle in Hittfeld zu interessieren.
Was können Sie da tun?
Wir sind ein modernes Familienunternehmen mit all den Vorzügen, die das bietet, und eben kein Konzern. Und wir bieten über den Tee hinaus ein großes Themenspektrum an und entsprechend attraktive Arbeitsplätze. Handlungsbedarf gibt es sicherlich bei der flexiblen Arbeitszeitgestaltung. Wir müssen zudem darüber nachdenken, wie wir die Menschen mit öffentlichen Verkehrsmitteln hier nach Hittfeld oder an unsere anderen Standorte bekommen. Darüber sind wir mit den Kommunen im Gespräch. An anderen Standorten haben wir beispielsweise die Situation, dass die Automobilindustrie oder metallverarbeitende Betriebe um uns herum sind. Die saugen viel weg – aber wir brauchen auch Schlosser. Ein letzter Punkt: Schichtarbeit wird zunehmend abgelehnt und ist auch nicht durch entsprechende Entlohnung zu lösen.
Was sind die drei Top-Vorteile, die die LSH aus Ihrer Sicht zu einem attraktiven Arbeitgeber machen?
Erstens: ein modernes Familienunternehmen mit allem, was eine Familie zu bieten hat. Bei uns wird man gesehen. Zweitens: eine Unternehmenskultur, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, denn der Mensch macht den Unterschied. Da geht es um den Umgang und den Respekt – in einer hochprofessionellen Umgebung. Drittens: Gesunder Genuss für ein gesundes Leben. Als LSH haben wir den Willen, täglich sichere und hochwertige Nahrungsmittel auf den Markt zu bringen, die Freude und Wohlbefinden auslösen.
Zahlen
Die LSH macht einen Jahresumsatz von etwa 480 Millionen Euro. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland rund 1250 Mitarbeiter, im Ausland weitere etwa 240. Zu den Tee-Marken zählen Meßmer, Mildford, Onno Behrends, Pagès, Marco Polo und Grosch. Außerdem werden Riegel (Nutrisun) und Cerealien (Nordgetreide/Lübeck) sowie Süßstoffe (Huxol) produziert. Auf das Tee-Geschäft entfallen rund 70 Prozent des Umsatzes. Vorsitzender des Aufsichtsrates ist Michael Spethmann.
Neu: LSH steigt bei Fruitwork ein
Die Laurens Spethmann Holding (LSH) beteiligt sich mit 25,1 Prozent an der Fruitwork Beteiligungsgesellschaft mbH, dessen bekannteste Tochter die Firma Nutwork ist. Die 1999 gegründete Firma Nutwork ist mit rund 150 Millionen Euro Umsatz einer der führenden deutschen Lieferanten von Nüssen, Trockenfrüchten und Saaten. Als Full-Service-Provider steht Nutwork für die Beschaffung, Veredelung und europaweite Auslieferung eines umfangreichen Sortiments.
„Das Produktportfolio von Nutwork ergänzt ideal die Aktivitäten der LSH und passt hervorragend zu unserem Anspruch ‚Gesunder Genuss für ein gesundes Leben‘. Nüsse, Saaten und Trockenfrüchte stehen für eine nachhaltige und natürliche Ernährung und damit auch für den Trend zu ‚Ethic-‘ und ‚Authentic-Food‘“, sagt Lars Wagener, Vorstandsvorsitzender der LSH.
Web: www.lsh-ag.de