Schluss mit der alten Bürokultur: Das Harburger
Tech-Unternehmen macht alles anders
Die Schallmauer ist durchbrochen: Das Harburger IT-Unternehmen Tiplu expandiert immer weiter und beschäftigt jetzt ganz aktuell 100 Mitarbeiter, darunter ein Viertel Frauen. Personalleiterin Trixi Mausch: „Und wir suchen weiter – Entwickler, Ärzte, erfahrene Kräfte aus dem Pflegebereich, Kodierfachkräfte und Dokumentationsspezialisten.“ Die Tiplu GmbH hat mit der Software „Momo“ ein System zur automatisierten Bearbeitung von Abrechnungen in Krankenhäusern entwickelt – ein sehr erfolgreiches Produkt, das mittlerweile Patientengruppen automatisch kodieren kann. Kurz: Digitalisierung pur für die Klinik-Administratur. Das klingt alles sehr technisch und nüchtern, umso mehr überrascht die Art und Weise, wie bei Tiplu gearbeitet wird. Während sich alteingesessene Unternehmen schwer tun, das vielfach gehypte „agile Arbeiten“ einzuführen, hat sich im Channeltower der familiäre, fast freundschaftliche und lockere Spirit aus dem Gründerjahr 2016 erhalten. Trixi Mausch: „Es ist uns gelungen, eine gewisse familiäre Atmosphäre zu erhalten.“ Und das funktioniert sogar mit 100 Mitarbeitern.
Sinnstiftende Tätigkeit erwünscht
Wer das Buch „Die stille Revolution – Führen mit Sinn und Menschlichkeit“ von Bodo Jansen (Hotelkette Upstalsboom) gelesen hat, der weiß, dass es abseits der üblichen Hierarchien in Unternehmen auch andere Wege gibt, Mitarbeiter zu motivieren. Trixi Mausch: „Aus Hunderten Bewerbungsgesprächen weiß ich, dass sich gerade die junge Generation eine sinnstiftende berufliche Tätigkeit wünscht. Die Frage, ob ich mich aktiv einbringen kann und ob meine Ideen gehört werden, steht vielfach im Vordergrund. Das sind auch genau die Leute, die wir suchen. Wir wünschen uns Mitarbeiter, die sich hinter die Tiplu-Vision stellen, die an etwas Großem teilhaben möchten, die anpacken wollen. Im Gegenzug bieten wie eine sinnvolle Aufgabe und eine besondere Arbeitsatmosphäre.“
Sicherlich ist der Umstand, dass Tiplu erst 2016 gegründet wurde, eine gute Basis, motivierte junge Mitarbeiter zu begeistern, denn: „Der Altersdurchschnitt liegt bei Ende 20, Anfang 30. Wir sind ein sehr junges Unternehmen“, so die Personalleiterin, die seit 2017 zum Team gehört und von sich selbst sagt: „Es gab noch keinen Tag, an dem ich nicht gern zur Arbeit gegangen bin.“ Und: „Wir arbeiten hier mit Teams, die sich selbst organisieren. Wer Ideen hat, kann diese umsetzen. Dazu ist es wichtig, dass sich die Akteure hinter das gemeinsame Ziel stellen. Hier haben alle offene Türen und sind ansprechbar. Wir sind durchaus stolz auf unsere frischen Strukturen und haben uns von der alten üblichen Bürokultur völlig gelöst. Entscheidungen sollen im Team gefällt werden, möglichst nicht auf der Geschäftsführerebene. Aber wir haben einen Grundsatz: Jede Entscheidung muss begründbar sein.“
Tim, Peter und Lukas
Tiplu ging von Anfang an einen eigenen Weg. Schon der Start war besonders: Mit den Brüdern Tim und Dr. Lukas Aschenberg sowie Peter Molitor machten sich drei Freunde auf in die Selbstständigkeit – die Anfangsbuchstaben ihrer Namen dokumentieren die Verbundenheit: Tim, Peter und Lukas. Trixi Mausch: „Unser Ziel ist es, ganz bewusst das zugewandte und freundliche Klima zu leben, auch bei nun 100 Mitarbeitern soll das nicht verloren gehen.“ Das mag in manchen Ohren nach paradiesischen Zuständen klingen, aber die Personalleiterin stellt klar: „Man kann bei uns über alles sprechen, und wir sind offen für Ideen – die Chance der Mitgestaltung ist ein Teil unseres Erfolgs. Aber eines gilt eben auch: Am Ende muss geliefert werden. Wir sind ein Unternehmen mit Zielen, mit Herausforderungen und mit einem Versprechen an unsere Kunden. Das zählt.“
Dass es auf den Tiplu-Etagen im Channeltower dennoch anders zugeht als in vielen anderen Unternehmen, dürfte nicht überraschen. Die Mitarbeiter treffen sich nach Feierabend gern zum gemeinsamen „Zocken“ – sie spielen Strategiespiele im Internet. Die Chefs machen mit. Es kommt durchaus vor, dass ein Kollege für die anderen kocht. In den vergangenen drei Jahren reiste die ganze Truppe nach Heiligenhafen und veranstaltete ein zweitägiges Kreativ-Meeting in der „Bretterbude“, einem rustikalen Heimathafen Hotel für Kiter, Skater und Individualisten mit gemeinschaftsförderndem Ambiente. Dort wurde der Tiplu-Day mit Infos rund ums Unternehmen durchgeführt, der Spenden-Pitch für Weihnachten erledigt (beispielsweise werden soziale Projekte in Hamburg oder Berlin sowie Vereine gefördert, in denen sich Mitarbeiter engagieren) und anschließend ordentlich gefeiert.
Tiplu ist ganz sicher eines der erfolgreichsten Start-ups in Deutschland und hat sich ohne staatliche Förderung an die Spitze der Digitalisierung im Gesundheitswesen gestellt. Ein seltener Ausnahmefall? Vielleicht auch ein echtes Zukunftsmodell . . . wb
Mit „Momo“ auf Fehlersuche
Am Anfang der Geschichte steht „Momo“. Die Software schenkt Krankenhäusern vor allem Zeit, denn sie checkt die Abrechnungen vollautomatisch auf Basis einer Textanalyse. Zahllose Codes aus Buchstaben und Ziffern stehen für ebenso zahllose Diagnosen. Die Fehlerwahrscheinlichkeit ist relativ hoch, denn eine leistungsgerechte Vergütung der ärztlichen Leistung ist häufig nur gegeben, wenn die Codes richtig kombiniert sind. Diese Fehler spürt „Momo“ auf. Die Harburger IT-Dienstleister betreuen mittlerweile 350 Kliniken in Deutschland (fast alle Häuser mit mehr als 400 Betten), machen einen Jahresumsatz von mehr als zehn Millionen Euro, haben ein Tochterunternehmen in der Schweiz und eine Entwicklungsabteilung mit 18 Mitarbeitern in Berlin, die sich speziell um den Einsatz Künstlicher Intelligenz kümmern. wb
>> Web: https://tiplu.de/