B&P-GESPRÄCH Rolf-Jürgen Lützow, Zweiter Vorsitzender des ACN, über einen Aspekt, der oft unterschätzt wird
Der Estering in Buxtehude ist eine renommierte Rennstrecke im weltweiten Rallycross-Betrieb und zugleich ein Politikum in Buxtehude. Derzeit kämpft die ehrenamtliche Führungsmannschaft des Automobil Club Niederelbe e.V. vor Gericht um den Erhalt der Änderung zur Betriebsgenehmigung, die letztes Jahr durch den Landkreis verfügt wurde. Es ging darum, die jährlich genehmigten zwölf Betriebstage auszuweiten, um die Strecke auch abseits des Rennbetriebes wirtschaftlich zu Gunsten der notwendigen Investitionen nutzen zu können. Anfragen gibt es regelmäßig, aber derzeit müssen Firmen wie Mercedes & Co., die Präsentationen oder Tests durchführen wollen, häufig draußen bleiben. Schlecht für den Verein, der dringend Mieteinnahmen für anstehende Sanierungsprojekte benötigt. Grund: Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) hat gegen die vom Landkreis Stade bereits erteilte Erweiterung der Betriebsgenehmigung um weitere 40 Tage geklagt und in erster Instanz Recht bekommen. Es könnte sogar sein, dass dem ACN weitere Restriktionen drohen. Doch der Estering ist nicht nur eine Rennstrecke, sondern mittlerweile auch ein Wirtschaftsfaktor in der Region.
Fast eine Million Euro hat der ACN in den vergangenen sieben Jahren für die Ertüchtigung und den Erhalt des Rundkurses vor den Toren Buxtehudes ausgegeben. Rolf-Jürgen Lützow, Zweiter Vorsitzender: „Wir liegen hier im Wasserschutzgebiet und haben hohe Auflagen für Bau und Betrieb, beispielsweise auch, wenn es um die Befestigung und Versiegelung von Flächen geht. Wir beschäftigen Sicherheitsdienste während der Veranstaltungen, Caterer sind gefragt, Imbiss- und Grillstände sowie Getränkestände werden aufgebaut, die Tribünenbauer kommen zum Einsatz. Wir leihen LED-Wände, Zelte, mobile Toiletten, Stromerzeuger und Spezialfahrzeuge, beschäftigen Druckereien und Werbehersteller. Das kommt einiges zusammen. Und wir sind immer bemüht, das Geld hier in der Region auszugeben. Am liebsten in Buxtehude.“
Derzeit nur zwölf Veranstaltungstage pro Jahr
Darüber hinaus beschäftigt der Verein einen Mitarbeiter auf Minijob-Basis, der auf dem Gelände regelmäßig klar Schiff macht. Nicht zu vernachlässigen sind zudem indirekte Effekte durch Hotelbuchungen, Restaurantbesuche und die Nutzung von Einzelhandelsangeboten durch Gäste, die die Rennen besuchen. Lützow: „Rund um die Rennwochenenden ist alles voll! All das wirkt sich positiv auf die Region aus.“ Unabhängig vom Rennbetrieb wird die Strecke beispielsweise auch von VW regelmäßig für Testzwecke genutzt. Zwölf Betriebstage pro Jahr stehen dem ACN derzeit insgesamt zur Verfügung.
Höhepunkt des Jahres ist die Ausrichtung des deutschen Laufes der FIA-Rallycross-Weltmeisterschaft. Die WM besteht aus zwölf Läufen, die weltweit ausgetragen werden. Der deutsche Lauf findet am 13. und 14. Oktober zum fünften Mal auf dem Estering in Buxtehude statt. Auch für 2019 sind die Verträge mit der FIA (vertritt die Sportler) und der IMG (vermarktet die Rechte) bereits unterschrieben. Lützow: „Es gibt im Automobilsport sechs verschiedene Weltmeisterschaften, auf derselben Prädikatsebene wie die Formel 1. Wir richten das Rennen im Bereich Rallycross aus – da spielen wir von Anfang an in der obersten Liga mit. Und wir sind übrigens der einzige Verein weltweit, der so etwas leistet. Allein im Zuge des WM-Laufs setzen wir rund eine halbe Million Euro um.“
Lützow würde sich freuen, wenn die sportlichen und wirtschaftlichen Aspekte in der Debatte über den Estering stärker zum Tragen kämen. Gerade erst wurde die Lärmdiskussion durchgestanden, nun gehe es um die vermeintlichen Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt des FFH-Gebietes Estetals. Und er kündigt an, dass die Rallycross-Weltmeisterschaft ab 2020 auf Elektroantrieb umgestellt wird, was in der Rennszene übrigens heftig umstritten ist. Sowohl aus Lärm- als auch Emissionsgründen dürfte dies jedoch eine gute Nachricht für die Kritiker sein. wb
>> Web: www.estering.de