Interview mit Otto Haalboom
Die Internationale Spedition Otto Haalboom hat Handelsbeziehungen zu England und bringt regelmäßig Ware auf die Insel – über welche Größenordnung sprechen wir?
Das geht los bei einer Palette bis hin zu 30 und 40 Stück täglich – im Monat kommen wir so auf etwa 800. Darunter vor allem Kosmetikprodukte und Schokolade. Hinzu kommen regelmäßig Maschinen- und andere Schwertransporte.
Stichwort Brexit: Was bedeutet der drohende Austritt Englands aus der EU für Sie als Spediteur?
Wir müssen einen Weg finden, wie die Zollformalitäten an der Grenze abgewickelt werden sollen und vor allem klären, wer die Zollgebühren und Abgaben bezahlen soll. Zoll muss im Empfängerland entrichtet werden. Wenn der Auftraggeber dort kein entsprechendes Konto hat, muss er die Bezahlung über einen Agenten machen. Für unsere Kunden, die in England nicht registriert sind, heißt das: Sie müssen dies nachholen oder sich einen Agenten suchen. Bei dem Warenwert, den wir beispielsweise für unseren Kosmetikkunden Coty nach England bringen, kommen da täglich hohe Kosten zusammen.
Sie sind weltweit tätig, Zollabwicklung ist also kein Neuland. Erwarten Sie dennoch Besonderheiten im Falle des Brexits?
Die erwarte ich allein schon aufgrund der Fahrzeugmenge, die abgefertigt werden müsste – täglich 10 000 bis 11 000 Lkw, die bislang so gut wie keine Wartezeiten haben. Wenn nun aber jeder Lkw – wenn es schnell geht – eine halbe Stunde braucht und von den 10 000 Lkw 8000 über Calais kommen, wird schnell klar, was das bedeutet. Die müssen ja irgendwo stehen, es gibt aber keine Zollplätze mehr so wie früher.
Das hat ja auch Auswirkungen auf die Fahrer . . .
. . . ja, wenn die da tagelang stehen, die müssen ja auch was essen, brauchen Sanitärräume und müssen tanken. Wenn die Lkw keine Klimaanlage haben, laufen die Motoren Tag und Nacht – das ist auch nicht so witzig für die Luftverhältnisse vor Ort.
Das heißt: Der Brexit bringt auch eine Feinstaubproblematik mit sich. Das ist ja ein ganz neuer Aspekt. Abgesehen vom erhöhten Aufwand, den Sie als Spediteur im Falle des Brexits zu leisten haben – müssen Sie einen zusätzlichen Mitarbeiter einstellen? Oder steigen die Preise?
Die Preise für England-Transporte werden sicherlich steigen, aber nicht sofort. Mal sehen, wie sich das entwickelt. Der Unternehmer, der die Ware für uns nach England bringt, braucht jetzt für einen Rundlauf acht Tage. Künftig werden das vielleicht zehn oder zwölf Tage sein. Diese Transportkapazitäten fehlen dann einfach. Wir haben unseren Kunden bereits informiert, dass da Probleme auf uns zukommen, die wir durch zusätzliches Personal ausgleichen müssen.
Was halten Sie grundsätzlich davon, dass ein EU-Land aus der Gemeinschaft aussteigt?
Das ist aus meiner Sicht völlig daneben. Ein Land allein kann doch in der heutigen Zeit gar nicht mehr existieren. Die Engländer hatten allerdings immer ein zwiespältiges Verhältnis zur EU. Sie kamen relativ spät und zögerlich dazu und haben sich in vielen Dingen eher kritisch gezeigt. Genauso uneins wie sie damals reinkamen, gehen sie jetzt auch wieder raus.