Herr Professor Frühauf, was hat sich in der Therapie von Tumorkrankheiten verändert?
Prof. Stefan Frühauf: Ganz pauschal gesagt: Sehr viel. Wir sind heute in der Lage, Tumorerkrankungen sehr viel präziser zu diagnostizieren, die Art und den Umfang der Er-krankung genau zu bestimmen. Das Arsenal der Behandlungsmethoden und Medikamente hat sich dramatisch erweitert. Heute stehen uns präzise Medizintechnik – PET-CT und Linearbeschleuniger – zur Verfügung, um die Krankheit besser erkennen und die Tumoren genauer be-strahlen zu können. In der systemischen Behandlung gibt es eine Vielzahl unterschiedlichster Medikamente, die ge-nau für die Bekämpfung einzelner Tumorkrankheiten entwickelt wurden. So stehen heute neben den bekannten und bewährten Zytostatika, die vor allem schnellwachsende Zellen wie Tumorzellen zerstören, auch Antikörper-, Immun- oder Hormontherapien oder Behandlungen mit sogenannten small molecules, die sich an bestimmte Merk-male der Tumorzellen andocken und dadurch die Zellteilung und das Wachstum des Tumors verhindern. In neuerer Zeit sind auch immunaktivierende Medikamente hinzugekommen, die die Selbstheilungskräfte des Körpers freisetzen.
Was bedeutet das für die Patienten?
Prof. Stefan Frühauf: Immer häufiger gelingt es, eine Tumorerkrankung, die vor einigen Jahren noch unheilbar war, zum Stillstand zu bringen oder in ein chronisches Stadium zu überführen. In der medikamentösen Therapie haben sich nicht nur die Substanzen verändert, sondern auch die Men-gen, in denen sie verabreicht werden. Früher galt häufig der Satz: viel hilft viel. Dieses Vorgehen hat oft zu heftigen Nebenwirkungen geführt und den Patienten sehr be-lastet. Heute können wir bei manchen Tumorerkrankungen mit deutlich niedrigeren Dosen beginnen und ab-hängig vom Krankheitsverlauf die Medikation anpassen. Dieses Vorgehen trägt auch dazu bei, dass die Therapien, die schon ohnehin von den Wirkstoffen her viel weniger Ne-benwirkungen verursachen, deutlich verträglicher sind als bisher. Bei bestimmten Krebsarten wie der chronischen myeloischen Leukämie ist es bereits gelungen, durch eine auf Dauer angelegte medikamentöse Therapie die Krankheit zu chronifizieren. Das heißt, die Krankheit schreitet nicht weiter fort, die Patienten müssen zwar immer ein Medikament einnehmen, sind aber dadurch weitgehend beschwerdefrei und können ihr gewohntes Leben wieder aufnehmen.
Kann auch der Verlauf von fortgeschrittenen Tumorerkrankungen, wenn es bereits Fernmetastasen gibt, aufgehalten werden?
Prof. Stefan Frühauf: Die alte Einteilung zwischen kurativen, prinzipiell heilbaren, und palliativen Krebserkrankungen be-ginnt sich aufzulösen. Es gibt Verläufe von Tumorerkrankungen, die lange als unheilbar galten, aber dennoch, wie der hier beschriebene Fall, durch eine Vielzahl von Be-handlungsmethoden und -verfahren eine dauerhafte Remission erreicht haben, das heisst, dass der Tumor nicht wieder aufgetreten ist.
Krebspatienten sollten nicht aufgeben, sondern sich über ihre Erkrankung, alle Befunde und alle verfügbaren Be-handlungsoptionen genau informieren.
Welche Behandlungsoptionen haben Krebspatienten im Elbe-Weser-Raum?
Prof. Stefan Frühauf: Im Prinzip – alle. Wir können hier alle er-wachsenen Patienten mit soliden Tumoren, Lymphomen sowie auch ältere Patienten mit Leukämieerkrankungen behandeln. Die Klinik Dr. Hancken ist für die moderne Tu-mortherapie bestens ausgestattet. Sie verfügt über die mo-dernste Medizintechnik zur exakten Diagnose und Verlaufsbestimmung von Tumorerkrankungen, in der Strahlentherapie können wir mit unseren Linearbeschleunigern der jüngsten Bauart alle aktuellen radioonkologischen Verfahren einschließlich der 4D-Therapieplanung am PET-CT einsetzen. In der systemischen Behandlung können wir die nach den Ergebnissen der internationalen Tumorforschung entwickelten Protokolle anwenden. Ergänzt wird das Leistungsspektrum durch die Spezialisten der Interventionellen Radiologie und Nuklearmedizin unter dem Dach der Hanckenklinik, die auch lokale Therapien im Kampf gegen bestimmte Tumore einsetzen. Hinzu kommt, dass sich die Patienten in der Hanckenklinik stationär und ambulant behandeln lassen können und immer von den ihnen vertrauten Ärzten versorgt werden.