So kommt der Rückbau der alten Reichsstraße voran

Foto: IBAAls Projektmanager der IBA Hamburg GmbH ist Jakub Oblocki mitverantwortlich für den Rückbau der alten Wilhlemsburger Reichsstraße. || Foto: IBA

IBA Hamburg bereitet in Wilhelmsburg den Boden für neue Baugebiete
und Grünflächen – 5000 neue Wohnungen geplant.

Wir vergessen so schnell: Es ist gerade mal eineinhalb Jahre her, dass die neue Reichsstraße als eine der Haupteinfallsstrecken aus dem Hamburger Süden gen HH-City eröffnet wurde. Bis dahin hatten sich täglich zig Tausende Autofahrer auf dem engen vierspurigen Ban d der bisherigen Trasse über die Elbinsel Wilhelmsburg gequält und nicht selten im Stau gestanden. Alles Verkehrsgeschichte, denn über die Reichsstraße Neu fließt der Verkehr deutlich komfortabler zwischen Hamburg Süd und Hamburg Mitte. Alles? Noch nicht, denn vielfach unbemerkt von den vorbeigeleiteten Pendlern baut die IBA Hamburg GmbH die alte Wilhelmsburger Reichsstraße seit November 2019 Stück für Stück zurück, um Platz zu schaffen – für Wohnquartiere und den Inselpark. Über den Stand der Arbeiten sprach B&P mit Jakub Oblocki. Als IBA Hamburg-Projektmanager Infrastruktur begleitet er den Rückbau der alten Hauptverkehrsader hautnah.

Woher kam die 500-lbs-Bombe?

Ende Mai wartet die IBA Hamburg immer noch auf eine wichtige Genehmigung als Voraussetzung für weitere Erdarbeiten: die Freigabe durch den Kampfmittelräumdienst. Oblocki: „Der ganze Damm steht unter Kampfmittelverdacht. Das haben die Auswertungen der Luftbilder ergeben. Wir rechnen auch damit, vergrabene Munition zu finden. Erst wenn die Freigabe vorliegt, kann unser beauftragtes Fachunternehmen damit beginnen, die festgestellten Anomalien im Boden über eine Oberflächensondierung zu öffnen. Bislang waren unsere Funde aber eher harmlos.“ Mit einer Ausnahme, wie er betont: „Am Ostersonntag wurde eine 500-lbs-Bombe aus dem Bauabschnitt 5 gefunden. Die hätte dort aber eigentlich gar nicht liegen dürfen . . .“

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Der Bauabschnitt 5 liegt ganz im Norden der vier Kilometer langen Strecke. Ein Bombentreffer in dem Bereich war in den Karten nicht verzeichnet. Außerdem: Der Damm wurde in dem Bereich erst nach 1945 aufgeschüttet. Oblocki: „Wir gehen davon aus, dass die Bombe damals versehentlich miteingebaut wurde. Wir haben es hier vermutlich mit Spülsanden zu tun, die aus dem Hafen- oder Elbbereich stammen dürften. Da wird die Bombe dabei gewesen und mit dem Sand in den Straßendamm gelangt sein.“

Fünf Bauabschnitte

Der Rückbau der Reichsstraße ist in fünf Bauabschnitte aufgeteilt. Gleich nach der Eröffnung der neuen Reichsstraße am 3. Oktober 2019 machte sich die IBA Hamburg daran, die Abschnitte 1 und 2 zurückzubauen: Entfernung des Straßenkörpers, Abbau der Leitplanken und der Lärmschutzanlagen, der Lichtmasten und der Schilder. Hier verlief die Straße ebenerdig. Auch der teure Flüsterasphalt, der im Vorfeld der Internationalen Gartenschau igs 2013 aus Lärmschutzgründen auf der Reichsstraße eingebaut wurde, ist mittlerweile entsorgt. Oblocki: „Beim Rückbau sind wir auf 100 Jahre Straßenbaugeschichte gestoßen – das war schon interessant zu sehen.“

In den Bauabschnitten 3 und 4 geht es bis zu neun Meter in die Höhe. Hier wurde damals beim Bau ein Damm aus Sand aufgeschüttet, der nun recycelt wird, um ihn für die anstehende Erschließung in den geplanten Wohnquartieren zu verwenden. Der Rückbau der Reichsstraße geht deshalb zeitlich Hand in Hand mit den Erschließungsarbeiten, denn der Sand soll möglichst nur einmal transportiert und nicht zwischengelagert werden. Bis das im großen Stil passiert, wird es aber noch etwas dauern.

An einigen Stellen ist der alte Damm jedoch schon Geschichte: Im März 2021 wurde zunächst die Brücke über den Ernst-August-Kanal abgerissen, im April folgte die Brücke Rothenhäuser Straße. Aktuell wird der Tunnel Perlenstieg beseitigt, und als Finale steht dann das komplexe Brückenbauwerk an der Mengestraße an. Oblocki: „Dazu zählen auch die Auf- und Abfahrtsohren, über die wir zurzeit die Baustelle erreichen.“ Insgesamt werden im Zuge des Rückbaus etwa 314 000 Kubikmeter Sand mit einem Gewicht von rund 630 000 Tonnen bewegt. Rund 65 000 Kubikmeter sind bereits durch den Brückenrückbau aus dem Damm entfernt worden.

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Allein in den Bauabschnitten 1 und 2 sind durch die Entsiegelung sieben Hektar freie Flächen gewonnen worden – sie verbinden den bisher geteilten Wilhelmsburger Inselpark. Der Bauabschnitt 3 wird dem Wilhelmsburger Rathausviertel zugeschlagen, der Bauabschnitt 4 geht an das Elbinselquartier und im Bereich des Bauabschnitts 5 sind Flächen für Kleingärtner geplant. Noch gehört die Trasse der alten Reichsstraße allerdings dem Bund, die Übertragung an Hamburg wird derzeit abgestimmt. Laut IBA-Hamburg-Sprecher Arne von Maydell ist mit dem Hochbaubeginn nicht vor 2024/25 zu rechnen. Ab 2026 soll zudem das Spreehafenviertel entstehen – insgesamt rund 5000 neue Wohneinheiten. wb

>> Web: https://www.iba-hamburg.de/de/ aktuell/fuenf-fragen-an-5