Jetzt wird’s kaiserlich!

Top-Objekt: Volksbank 
Stade-Cuxhaven nimmt 
Stader Villa Kaisereichen 
in den eigenen Bestand – Vermietung ab November.

Dieser Ort atmet Geschichte. Hohe Bäume. Eine lange Zufahrt durch ein parkartiges Gelände. Ungeahnte Ruhe mit Autobahnanschluss. Mittendrin eine große Villa in dezentem Weiß-Gelb mit großer Terrassenanlage und majestätischer Ausstrahlung. Direkt an der Harburger Straße in Stade liegt eines der ganz seltenen und zudem sehr gut erhaltenen Objekte, die in Immobilienkreisen auf eine spezielle Interessengruppe ausgerichtet sind: die Villa Kaisereichen. Bankinterne Umstände haben dazu geführt, dass dieses hochherrschaftliche Anwesen im klassizistischen Stil jetzt im Besitz der Volksbank Stade-Cuxhaven ist und aktuell für die Vermietung vorbereitet wird. Volksbank-Vorstand Reinhard Dunker (seit Anfang September im Ruhestand) und Kai Schlichting, Leiter Immobilien, ermöglichten B&P im August einen Ortstermin in diesem ungewöhnlichen Objekt mit einer fast 130-jährigen Vergangenheit.

Stader Standortverwaltung
Der heutige Bau stammt aus dem Jahr 1920 und wurde zehn Jahre nach dem Brandschaden (siehe Kasten) errichtet. 1935 wurde die Villa an die Wehrmacht verkauft und zum Kasino für die Fliegertruppe umgebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg zogen englische Offiziere in das Anwesen ein (1945 bis 1950), anschließend wurde an der Harburger Straße die Standortverwaltung der neugegründeten Bundeswehr für den Bereich untergebracht. Soweit die jüngere Geschichte.

Reinhard Dunker: „1998 wurde die Villa vom Bund an einen Stader Bauträger verkauft, der hier seine Büros einrichtete und etwa 1,7 Millionen Mark investierte. Nach dem plötzlichen Tod des Eigentümers Anfang dieses Jahres haben wir das drei Hektar große Anwesen erworben, um den Überschuss in ein Bauträgerprojekt des verstorbenen Eigentümers einzubringen.“ Das ist der tragische Teil der jüngsten Geschichte.

Anzeige

Für die Stadt Stade dürfte die Übernahme durch die Volksbank jedoch eine eher positive Weiterentwicklung sein, denn jetzt wird gemeinsam an einem Konzept gearbeitet, das sowohl die Interessen der Stadt als auch des Denkmalschutzes berücksichtigt und der Volksbank eine interessante Perspektive eröffnet. Dunker: „Angesichts der Niedrigzinsphase bauen wir als Bank einen eigenen Immobilienbestand auf. Ziel ist es, ein weiteres Standbein mit Vermietungen zu entwickeln.“ Die anhaltende Niedrigzinsphase stellt die Banken und Sparkassen vor große Probleme auf der Erlösseite. Also müssen neue Einnahmequellen gefunden werden.

Zweites Standbein Immobilien
Die Volksbank Stade-Cuxhaven verfolgt diesen Weg bereits seit zwei Jahren, kaufte unter anderem die Ruine „Altländer Hof“ in Jork und baute auf dem Grundstück ein Wohnhaus. Zu diesem Zweck wurde die VR Immoservice GmbH + Co.KG gegründet, eine Tochtergesellschaft der Volksbank. Geschäftsführer sind Kai Schlichting und Volksbank-Vorstand Henning Porth.
Zurück zur Villa Kaisereichen. 1998 wurde die Villa vom damaligen Käufer grundsaniert. Das Haus überzeugt durch große Räume mit moderner Infrastruktur (Datenleitungen, Alarmanlage, Videoüberwachung), freigelegte Balken im Dachgeschoss, große von Säulen eingefasste Balkone, ein phänomenales Treppenhaus mit Kaiser-Porträts, eine repräsentative Terrasse, etwa 720 Quadratmeter Nutzfläche auf vier Ebenen, weitere 80 Quadratmeter Lagerfläche im Untergeschoss sowie 21 Büros, Flure, Küchen, Bäder und Nebenräume. Das alles gelegen inmitten eines drei Hektar großen Parks. Und: Das gesamte Büromobiliar hat die Volksbank übernommen, ebenso wie einige ausgesuchte Antiquitäten, die den kaiserlichen Charme unterstreichen.

Ein Blick in die Zukunft
Kai Schlichting: „Wir sind dabei, das Objekt für die Vermietung vorzubereiten. Es wird umfangreich renoviert. Momentan ist der Maler im Haus, außen werden die Fenster und Schäden im Mauerwerk ausgebessert. Insgesamt ist der Zustand des Hauses aber sehr gut. Wenn die Volksbank sich mit der Genehmigungsbehörde einig wird, ist geplant, einen öffentlichen Weg durch den Park hinunter zur angrenzenden Bahnstrecke zu führen.“

Ab November soll das Haus vermietet werden. Schlichting: „Im Idealfall finden wir einen Mieter, der das ganze Haus übernimmt, zum Beispiel ein Mittelstands­unternehmen mit 30 bis 40 Mitarbeitern und Repräsentationswünschen.“ Die Lage ist ideal. Von der Villa Kaisereichen bis zur A26 sind es nur wenige Hundert Meter, das nahe gelegene Gewerbegebiet Ottenbeck ist ebenso schnell zu erreichen wie die Stader Innenstadt. Dunker: „Für mich ist dies eine der schönsten Villen in ganz Stade. So ein Objekt findet sich nicht jeden Tag.“ Die Kaltmiete wird bei monatlich etwa 8500 Euro plus Mehrwertsteuer liegen. wb

www.vobaeg.de

Anzeige


 

So war das damals

Wir schreiben das Jahr 1888. Kaiser Wilhelm I. war gestorben, sein Sohn und Thronfolger Friedrich III. folgte ihm nur 99 Tage später – er erlag einem Krebsleiden. Friedrichs Sohn Wilhelm übernahm die Amtsgeschäfte und wurde damit Kaiser Wilhelm II. Ein Jahr – drei Kaiser. So ging 1888 als „Dreikaiserjahr“ in die Geschichte ein, was dazu führte, dass ein ambitionierter Neubau in Stade den Namen „Kaisereichen“ erhielt. Unter demselben Namen wurde dort inmitten eines Parks die Restauration „Bock’s Etablissement Kaisereichen“ betrieben, erreichbar unter der Telefonnummer 12, mit „prachtvollem Ausblick auf den Elbstrom bis Brunshausen und die Blankeneser Berge“, einem stets verfügbaren Fuhrwerk sowie „aufmerksamer, billiger Bedienung“. Kurz: ein schönes Ziel für „Ausflügler und Sommerfrischler“, wie es damals hieß. 1910 brannte die Villa ab.