„Eine Lähmschicht kommt auf die andere Lähmschicht“

Wir haben jetzt über die kommunale Ebene gesprochen. Wie sieht es auf der Länderebene aus?

Dort schlagen die Bundesländer, in der Regel die Flächenländer, nochmal zusätzlich mit den Landesbauordnungen zu, die teilweise abstruse Vorgaben machen – Tiefgaragenplätze für Studentenwohnheime, Zwangsbegrünung und so weiter. Alles gut gemeint, aber unsere Grundforderung lautet: Kostentransparenz – für jede Entscheidung, die beispielsweise ein Ratsherr trifft, muss klar sein, was das für die Höhe der Miete bedeutet. Das Bundeskabinett hat das Thema Kostentransparenz verabschiedet, aber ich warte immer noch auf das erste Gesetz, in dem das umsetzt wird. Wir haben 16 verschiedene Landesbauordnungen . . . wir bauen viel zu kompliziert. Es ist so, als würde VW jedes Auto, das vom Band läuft, noch einmal in jedem Landkreis begutachten lassen müssen. Genau das leisten wir uns auf Bauebene. Die Bauordnungen müssten angeglichen werden, damit wir Typenbauweise in Deutschland machen können. Das würde einen Riesenbeitrag leisten und Kostenreduktion ohne Qualitätsverlust bedeuten.

Der Bund hat da keinen Handlungsspielraum?

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Doch, er winkt jetzt bei der Förderung von sozialem Wohnungsraum ein wenig mit dem Schinken und gibt den Ländern, obwohl er es gar nicht müsste, 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Er verlangt zu Recht, dass er da ein bisschen Einflussmöglichkeiten hat. Deshalb haben wir jetzt eine sehr anstrengende Diskussion zwischen Bund und Ländern, mit dem Ziel einer einheitlichen Baugenehmigung. Die Mehrzahl der Länder sagt dazu leider Nein.

Wie hätten Sie als Senator entschieden?

Ich glaube, wir wachsen in eine so schwierige Marktsituation hinein, wenn da keine politische Vernunft herrscht und „mein Schäufelchen“ immer noch im Vordergrund steht – ganz ehrlich: Diese Besitzstandswahrer gehören nicht auf den Posten eines Bauministers.

Welche Themen beschäftigen Sie noch auf
Bundesebene?

Zum Beispiel der Paragraph 34 im Bundesbaugesetz. Uns geht es um eine einfachere Ausweisung von Bauland – deshalb würden wir den relativ restriktiven Paragraphen in bestimmten Fällen lockern. Die Politik will das, die Widerstände in der Ministerialbürokratie sind jedoch riesig. Oder das Thema Klimaschutz: Die Energieeinsparverordnung hat lange Jahre hervorragend gewirkt, aber mit der neuen EnEV, die seit dem 1. Januar 2016 gilt, haben wir den Rubikon zwischen Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz überschritten. Das ist nicht mehr im Lot. Wir haben in Deutschland mittlerweile den teuersten Weg gewählt, um Klimaschutz zu realisieren. Und: Auf EU-Ebene soll ab 2021 nur noch Niedrigstenergie-Standard gelten, allerdings sagt die EU nicht, was das konkret bedeutet und überlässt die Umsetzung den Ländern. In Deutschland wird von bestimmter Seite gesagt, dieser Standard soll KfW 55 werden – und wäre dann, weil Gesetz, nicht mehr förderfähig. Ein Haus mit KfW-55-Standard ohne Förderung wäre so teuer, dass man das investierte Geld im gesamten Lebenszyklus des Hauses nicht wieder hereinbekommt.

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Wenn Deutschland einen so hohen Standard setzt, was machen denn Länder wie Portugal?

In Belgien beispielsweise gibt es ganz strenge Normen, die auch tatsächlich durchgeführt werden. Aber: Dann legt der Staat so viel Geld drauf, um das zu kompensieren, was es kostet. Der soziale Wohnungsbau in Belgien erfolgt in Passivhausbauweise, und der Staat unterstützt das.