„Auch das ist Deutschland . . .“

Seit Mai ist Kay Gätgens Geschäftsführer der IBA Hamburg GmbH. Er setzte sich gegen 56 Mitbewerber durch. Gätgens ist gelernter Betonbauer, studierte Architektur und Stadt­entwicklung, war 15 Jahre lang in der Kommunalpolitik, wurde später Baudezernent in Eimsbüttel und schließlich Bezirksamtsleiter. Er kennt alle Seiten der Bau- Medaille. Foto: IBA Hamburg / Bente Stachowske

B&P-GESPRÄCH IBA-Geschäftsführer Kay Gätgens über die aktuellen Wohnungsbauvorhaben in Hamburg, komplexe Bebauungsplanverfahren und einen 500-Seiten-Katalog

Wer bauen will, braucht einen langen Atem, gute Nerven sowie Erfahrungen im Umgang mit Verwaltung und Politik. Kay Gätgens bringt all das mit, denn als ehemaliger Baudezernent und späterer Bezirksamtsleiter von Hamburg-Eimsbüttel sowie langjähriger Kommunalpolitiker in der Hansestadt kennt der neue Geschäftsführer der IBA Hamburg GmbH alle Seiten. Er trat im Mai die Nachfolge von Karen Pein an, die als Stadtentwicklungssenatorin (Interview auf Seite 2 im Immobilien-Special) in den Hamburger Senat berufen wurde. Gätgens hat jetzt die großen Hamburger Wohnungsbauprojekte auf dem Tisch: Oberbillwerder (6500 Wohneinheiten), Wilhelmsburg (5000) und Fischbeker Reethen (2300).

Das Hamburger Ziel ist klar: 10 000 neue Wohnungen pro Jahr. Auf dem Gebiet der Hansestadt gibt es laut Gätgens derzeit städtische Wohnungsbauflächen für etwa 33 000 Einheiten – rund 14 000 davon sind im Portfolio der IBA zu finden, die als Entwicklungsgesellschaft am Start ist und auch die Vermarktung von Baufeldern übernimmt. Das allerdings erst, wenn Baurecht geschaffen ist. Kay Gätgens: „Alle drei genannte Großvorhaben sind noch im Bebauungsplanverfahren. In der Vermarktung haben wir derzeit lediglich ein kleines Baugebiet mit 200 Wohneinheiten in Georgswerder. Und aktuell kann man sagen: Die Interessenten rennen uns nicht die Tür ein, aber wir haben eine gute Gebotslage angesichts der schwierigen äußeren Bedingungen.“ Interessenten sind in diesem Fall vor allem Investoren und Bauherren, denn vor dem Wohnen steht bekanntlich das Bauen.

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Vor dem Bauen steht wiederum das Baurecht, und das wird in aufwändigen Bebauungsplanverfahren hergestellt. Was das im Einzelfall bedeuten kann, erläutert Gätgens am Beispiel Fischbeker Reethen: „Wir haben jetzt die so genannten Träger öffentlicher Belange gehört, die im Verfahren Bedenken und Anregungen vortragen dürfen. Das Ergebnis ist ein 500 Seiten starker Katalog mit den einzelnen Punkten und der jeweiligen Abwägung. Hinzu kommen mehr als 3000 Seiten Begründung für den Bebauungsplan. Auch das ist Deutschland.“ Wie aus der Stadtentwicklungsbehörde verlautet, ist die Fülle der angemerkten Punkte auf Naturschutzverbände zurückzuführen, die das Wohngebiet verhindern wollen. Sie gehören zu den Trägern öffentlicher Belange. Auf den Punkt gebracht: Hier stehen Menschen, die eine Wohnung suchen, im Konflikt mit Menschen, die es wichtiger finden, die Natur zu schützen.

Kay Gätgens lobt das Engagement der Harburger Bauverwaltung, die das Bebauungsplanverfahren zu einem rechtssicheren Ende führen will. Das kann allerdings noch etwas dauern, denn im nächsten Schritt erfolgt die öffentliche Auslegung – dann können auch die Nachbarn ihren Senf dazugeben. Der neue IBA-Chef: „Dass solche Verfahren heute so aufwändig sind, liegt unter anderem daran, dass die Rechtsprechung komplexer und die Bürger engagierter geworden sind. Außerdem sind auch die Flächen komplizierter. Hier einen juristisch unanfechtbaren Plan zu erstellen, ist sehr komplex und dauert.“

Das Ziel: Rechtssicherheit

Für Oberbillwerder, den „wohl größten Bebauungsplan, den Hamburg vermutlich jemals aufgestellt hat“, erwartet Gätgens im nächsten Jahr die Vorweggenehmigungsreife. Dann können wir mit der Erschließung beginnen.“ Er sieht die IBA nach den visionären Jahren mit Blick auf die Internationale Bauausstellung 2013 nun verstärkt in der Umsetzungsphase. Die fünf Ziele fasst Kay Gätgens so zusammen: „Schaffung bezahlbaren Wohnraums, in die Realisierung kommen, nachhaltiges Bauen unter der Maßgabe, dass das Ergebnis bezahlbar bleibt, Quartiere für und im Dialog mit Menschen bauen sowie innovativ bleiben.“ Wobei Letzteres vor allem die Themen Mobilität, Energiemanagement, Geothermie und Baugemeinschaften beinhaltet. wb

>> Web: www.iba-hamburg.de

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