Geschäftsführer Jens Wrede zieht eine positive Zwischenbilanz
Von der B75 aus betrachtet erinnern die aufgeschütteten Sandberge fast ein wenig an die berühmten Trulli-Häuser im italienischen Alberobello/Apulien – ein „Zuckerhut“ neben dem nächsten. Eine wirklich geeignete Kulisse für ein B&P-Vor-Ort-Gespräch mit Jens Wrede, Geschäftsführer der WLH Wirtschaftsförderung im Landkreis Harburg GmbH, die hier mit Hochdruck die Erschließung der Fläche für den TIP Innovationspark Nordheide vorantreibt. Faktisch handelt es sich bei der Hügellandschaft allerdings um Baustoffrecycling und einen Beitrag zur Nachhaltigkeit, die im TIP hohen Stellenwert hat.
Als Wrede 2019 das TIP-Projekt von seinem Vorgänger Wilfried Seyer übernahm, war die Fläche im Dreieck B75 und Hamburger Straße noch eine Ackerfläche und die Perspektive etwas diffus. Mittlerweile nimmt der Innovationspark konkrete Formen an und der WLH-Chef ist mehr als begeistert, wie sich das ambitionierte Vorhaben entwickelt.
- Das Baugebiet hat soeben eine eigene
5G-Campuslizenz von der Bundesnetzagentur erhalten und kann damit die Basis für innovative Forschungsprojekte mit den Partnerhochschulen legen.
- Die Erschließung ist bereits so weit vorangeschritten, dass die künftigen Straßen gut zu erkennen sind.
- Die Freiraumplanung läuft auf Hochtouren.
- Und das Beste: Die Flächen sind bereits zu knapp 45 Prozent reserviert, zwei sind schon verkauft.
„Eine Freiraumspielwiese mit 5G-Ausstattung“
Wrede: „Wir kommen hier wirklich sehr gut voran, sind voll im Zeitplan und merken nun, wie sich die Themen verzahnen – alles passt zusammen.“ Dass der TIP Innovationspark die 5G-Campuslizenz erhalten hat, ist dem Konzept geschuldet, denn hier geht es nicht etwa um schnelleres Internet, sondern um Zukunftsforschung: „Der TIP ist – wenn man so will – auch ein Testfeld mit 5G-Ausstattung. Da kann es um Themen wie Bilderkennung aus der Luft, smarte Parkleitsysteme und auch autonomes Fahren gehen. All diese Vorhaben müssen erprobt und wissenschaftlich ausgewertet werden. Aufgrund seiner Größe und Struktur bringt der TIP die idealen Voraussetzungen dafür mit.“
Der WLH-Chef ist nun zuversichtlich, dass die Hochschulen und Forschungseinrichtungen, mit denen die WLH Kooperationen pflegt, hier thematisch einsteigen werden. Ziel des TIP-Konzeptes ist es nämlich auch, wissensbasierte Arbeitsplätze, innovative Technologieprojekte und entsprechende Unternehmen auf dem Gelände anzusiedeln.
Die Nachfrage ist hoch
Die Wahl des Standortes für den Innovationspark war im Vorfeld zwar durchaus hinterfragt worden, jetzt zeigt sich aber, dass sie goldrichtig ist. Wrede: „Insgesamt profitieren wir im Landkreis Harburg von der kleinteiligen Wirtschaftsstruktur, der super Verkehrslage und der nahen Hansestadt Hamburg. Die Nähe zur A1 und zur A7 ist für Unternehmen attraktiv. Und durch Corona hat das Thema ‚Wohnortnahes Arbeiten‘ einen zusätzlichen Schub bekommen. Folge: Wir haben eher mehr Nachfrage als weniger. Und das von mittelständischen Unternehmen, die auch im Entwicklungsbereich aktiv sind.“ Dies gelte im Übrigen auch für andere Gewerbegebiete der WLH wie zum Beispiel in Egestorf.
Besonders erfreut ist Wrede über die Tatsache, dass auch Interesse an der Schaffung von Büroflächen besteht. Diese werden im sogenannten Campus-Bereich angesiedelt. Es ist durchaus möglich, dass nach der Logistikwelle, die in den vergangenen Jahren aus dem Hamburger Hafen ins Umland geschwappt und mancherorts an der Hallendichte zu erkennen ist, nun eine weitere Entwicklung einsetzt: „Büronutzungen verlagern sich aufgrund hoher Mieten und beschleunigt durch die Pandemie zunehmend aus den zentralen Lagen Hamburgs in die Randbereiche. Das kommt auch uns zugute“, sagt Jens Wrede. Er verweist in diesem Zusammenhang auf das erfolgreiche Konzept des Ingenieurwerks in Wilhelmsburg: „Das hat uns Impulse geliefert.“ (Siehe auch Hauptausgabe Seite 13)
Bis Mitte 2021 soll die Erschließung (Straßenbau, Strom, Wasser, Abwasser, Oberflächenentwässerung, Glasfaser) durch sein. Dann, so schätzt Jens Wrede, werden die ersten Firmen mit dem Bau beginnen.
Der TIP Innovationspark hat eine Gesamtfläche von
25 Hektar, von denen 19 Hektar für Unternehmen bereitstehen. Davon wiederum ist ein Drittel als Erweiterungsfläche für Unternehmen aus Buchholz vorgesehen. Die Bezeichnung „Park“ macht schon deutlich, dass es große Freiflächen gibt, darunter ein Regenrückhaltebecken und Biotope. Im Herbst sollen unter anderem
126 Klimabäume gepflanzt werden, für die ein Forschungsprojekt auf den Weg gebracht wurde. Die Hochschule Osnabrück und die TuTech Innovation erforschen in Kooperation mit der Baumschule von Ehren die Pflanzung von Baumarten, die angesichts steigender Temperaturen und anhaltender Trockenheit im Klimawandel bestehen können: Da fallen Namen wie Blasenesche, Kupfer-Felsenbirne, Ahornblättrige Platane, Sommerlinde, Silberlinde, Spree-Eiche und Schein-Akazie.
Forschungsprojekt: WLH pflanzt 126 Klimabäume
Jens Wrede: „Diese Arten sind bei hohen Temperaturen stressresistenter. Doch wie sie sich bei uns unter welchen Bedingungen gut entwickeln, muss noch erforscht werden.“ Für die Bäume sind sogenannte Rigolen aus Kunststoff entlang der Straßen eingegraben worden – bis zu 15 Kubikmeter fassende Gitterwürfel, die mit verschiedenen Substraten gefüllt und mit Sensoren versehen werden. Die Kunststoffkonstruktion hat zweifachen Sinn: Die dort enthaltene Erde wird im Straßenraum nicht verdichtet. Aber die Rigole gibt beispielsweise dem Gehweg darüber genügend Halt. Erforscht werden soll unter anderem das Wurzelwachstum der Klimabäume.
Da das Thema auch für Kommunen durchaus wichtig ist, plant die WLH im Rahmen des Projektes „Stadtbäume im Klimawandel“ parallel zur Forschung auch einen Lehrpfad für Schulklassen, der darüber hinaus auch auf den Parkbereich mit dem Altbaumbestand ausgeweitet werden könnte. Wrede: „Da ginge es dann beispielsweise um die Vogelwelt und um Insekten.“