INTERVIEW Sieben Fragen an Haspa-Vorstandschef Dr. Harald Vogelsang
Die Hamburger Sparkasse ist mit rund 1,5 Millionen Kunden Marktführer in der Metropolregion. Wie hat sich die Haspa auf die Corona-Krise eingestellt und die Versorgung der Menschen mit Bankdienstleistungen und Bargeld sichergestellt?
Als Bank für alle in der Metropolregion ist uns eins besonders wichtig: Wir sind mit unseren rund 120 Filialen auch und gerade in der Corona-Krise flächendeckend in Hamburg und im Umland für unsere Kunden da. Zusätzlich zum persönlichen Service und zur Beratung vor Ort stehen wir natürlich auch über Online-Banking, telefonisch, per Mail oder Videochat unseren Kunden zur Seite. Die Haspa hatte übrigens die ganze Zeit über alle Filialen geöffnet. Das ist uns auch deshalb so wichtig, damit die Wege für die Menschen, die kein Online Banking machen wollen oder können, gerade in diesen Zeiten nicht noch länger werden. Wir sind da – ganz gleich, ob in Blankenese, Barmbek oder Buxtehude. Um das zu gewährleisten, haben wir uns gut gerüstet. So haben wir zum Schutz unserer Kunden und Mitarbeiter frühzeitig Hygienemaßnahmen und Abstandsregelungen umgesetzt und Plexiglasschutzwände sowie Masken eingesetzt. Damit konnten wir unsere Kunden vor Ort zu jeder Zeit und überall mit Finanzdienstleistungen und Bargeld versorgen, um den Wirtschaftskreislauf der Metropolregion in Gang zu halten.
Apropos Bargeld: Durch Corona hat das bargeldlose Bezahlen einen kräftigen Aufschwung erfahren. Haben sich jetzt auch die Deutschen damit angefreundet?
Bargeldlos bezahlen ist schon länger ein Trend. Aber durch Corona entwickelt es sich zum Renner. Ob beim Bäcker, im Supermarkt oder in der Tankstelle bitten die Unternehmer ihre Kunden darum, bargeldlos zu bezahlen – auch wenn es keine Belege dafür gibt, dass das Corona-Virus über Geldscheine oder Münzen übertragen wird. Auch das kontaktlose Bezahlen wird immer beliebter. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Vorgang dauert nur wenige Sekunden, ist bequem und sicher. Deshalb setzen auch immer mehr Händler darauf. Die Nachfrage nach entsprechenden Terminals ist deutlich gestiegen.
Viele Unternehmen sind durch die Pandemie in finanzielle Nöte gekommen. Wie hat die Haspa diesen Firmen helfen können? Was waren ihre Hauptanliegen und welche Rolle spielen die öffentlichen Förderprogramme?
Wir haben die Kreditvergabe zur Unterstützung unserer Privat- und Firmenkunden in der Corona-Krise deutlich ausgeweitet. Allein in den ersten zwei Monaten haben wir rund eine halbe Milliarde Euro als Corona-Hilfe zum Abruf für unsere Kunden bereitgestellt. Rund die Hälfte davon in Form eigener Kreditmittel. Darüber hinaus haben wir bei Tausenden von der Krise betroffenen Kunden Kreditraten und Tilgungen ausgesetzt. Die Haspa ist seit jeher der mit Abstand größte Fördermittel-Vermittler in Hamburg. Aber was wir in den ersten Corona-Wochen erlebt haben, hat historische Dimensionen. Zeitweise waren bis zu 1000 Beschäftigte ausschließlich für die Vermittlung von Corona-Hilfen für unsere Firmenkunden im Einsatz. Sie haben gemeinsam mit den Kunden individuelle Lösungen für finanzielle Engpässe gesucht. Und sie stellen sicher, dass die Mittel dort ankommen, wo sie wirklich gebraucht werden.
Eine hohe Verschuldung der Unternehmen birgt auch Risiken – pessimistische Analysten aus den USA sagen bereits eine globale Depression voraus. Mit Blick auf die Metropolregion Hamburg: Können Sie schon abschätzen, wie sich die Corona-Krise gerade auch vor dem Hintergrund globaler Warenströme auf diesen Wirtschaftsraum auswirken wird?
Ein Rückfall in Nationalismus und Protektionismus käme gerade der Außenhandelsdrehscheibe Hamburg teuer zu stehen. Auf der anderen Seite hat Corona die Schwachstellen der Globalisierung schonungslos offengelegt. Der Zusammenbruch von internationalen Lieferketten ist in vielen Bereichen die größte Herausforderung.
Produktion vor Ort und regionale Wirtschaftskreisläufe bekommen wieder einen höheren Stellenwert. Ich bin optimistisch, dass die Hamburger Wirtschaft auch diese Krise gut überstehen wird. Für die Hamburger Kaufmannschaft gelten seit Jahrhunderten zwei Grundsätze: „Kaufmannsgut ist wie Ebbe und Flut“ und „Mein Feld ist die Welt“.
Auch etliche Mitarbeiter der Haspa arbeiten zurzeit im Homeoffice. Wird sich an den Arbeitsabläufen nach Corona etwas Grundlegendes ändern?
Die Krise hat gezeigt, was alles möglich ist, wenn es darauf ankommt. Diese Veränderungsdynamik wird uns hoffentlich ein Stück weit erhalten bleiben. Viele Unternehmen und auch die Haspa haben bei technischen Lösungen für das mobile Arbeiten massiv aufgerüstet. Mittlerweile kehren wir zwar langsam zu einer gewissen Normalität zurück, und damit auch wieder mehr Mitarbeiter ins Büro, was aber bleiben wird, ist ein hohes Maß an Flexibilität sowie die Erkenntnis, dass wir fast alle kritischen Geschäftsprozesse auch dauerhaft mobil erbringen können.
Welche generellen Lehren sind jetzt schon aus der Corona-Krise zu ziehen, zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung?
Die Menschen werden mehr kontaktlose Services erwarten und noch mehr digitale Angebote der Stadt und der Wirtschaft einfordern. Die Digitalisierung hat einen erheblichen Schub bekommen. So hat Corona auch die digitale Bildung in den Fokus gerückt und uns damit deutlich aufgezeigt, was wir in der Vergangenheit versäumt haben. Wir sollten diese Chance jetzt nutzen und kräftig in digitale Bildung investieren. Unsere Zukunft liegt – daran hat sich nichts geändert – in exzellent ausgebildeten jungen Menschen. Über die Digitalisierung hinaus haben wir erlebt, wie schnell wir auch in Deutschland entscheiden und sofort umsetzen können, wenn das übliche Parteiengezänk und endlose Diskussionen in den Unternehmen und Verbänden mal nicht stattfinden. Deutschland kann doch noch schnell. Das müssen wir uns unbedingt erhalten.
Zum Abschluss eine persönliche Frage: Was haben Sie in der Zeit des Shutdowns am meisten vermisst?
Am meisten gefehlt hat mir der persönliche Kontakt zu den Menschen. Das kann eine Videokonferenz einfach nicht ersetzen. Gerne hätte ich in der Corona-Hochphase in unseren Filialen vorbeigeschaut, um mich bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort für ihren großartigen Einsatz zu bedanken. Aber das wäre zu dieser Zeit natürlich nicht im Sinne der bisher so erfolgreichen Corona-Eindämmung gewesen. Deswegen freue ich mich darauf, wenn das alles wieder möglich ist.