Da war die Welt noch in Ordnung: Grünkohlessen mit 130 Gästen.
Mehr als 130 Teilnehmer – das war so richtig nach dem Geschmack von Peter Henning, Bezirkshandwerksmeister in Harburg. Er hatte zum Grünkohlessen eingeladen und bot mit Handwerks-kammerpräsident Josef Katzer, Bezirksamtsleiter Thomas Völsch und Dr. Jürgen Mantell, Präsident des Hamburger Sportbundes, gleich drei prominente Redner auf, die den Zuhörern aus Politik, Verwaltung, Sport und Handwerk als Vorspeise ein sportliches Großereignis schmackhaft machten: die Olympischen Spiele in Hamburg. Was zu dem Zeitpunkt niemand ahnte: Die Hamburger haben die Bewerbung mehrheitlich abgelehnt – der olympische Traum ist wie eine Seifenblase geplatzt.
Was sich das Handwerk von Olympia versprochen hatte, erläuterte Katzer. Er erwartete einen Riesenschub für den Ausbau der Infrastruktur und für die Wirtschaft insgesamt. Nach dem Scheitern klang das dann so: „Das Hamburger Handwerk bedauert das negative Votum sehr. Die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele wären eine unvergleichlich gute Investition in unser aller Zukunft gewesen. Eine ähnliche Gelegenheit für ein derart großes Konjunkturprogramm zur Stadtentwicklung wird es so schnell nicht wieder geben. Immerhin hat die erste Etappe der Bewerbung schon einen positiven Effekt gehabt. Das Senatskonzept der kompakten und nachhaltigen Spiele hat international Eindruck gemacht. Das wird für die weitere Entwicklung unserer attraktiven Stadt nicht von Nachteil sein.“
Auch die Hoffnungen von Jürgen Mantell auf ein eindeutiges und positives Ergebnis des Referendums haben sich nicht erfüllt. Vor den Handwerkern hatte er betont, dass die Kalkulation der Kosten sehr konservativ vorgenommen worden sei, um ein böses Erwachen durch Kostensteigerungen zu verhindern. Die Reserve liege bei 40 Prozent. Doch diese Informationen haben jene, die am Ende abstimmten, in der Regel nicht erreicht.
Sowohl der enthusiastische Vortrag des Kammer-Präsidenten als auch der fundierte Vortrag des Sportfunktionärs offenbaren im Nachhinein einen Hauptkritikpunkt an dem Hamburger Bewerbungsverfahren: Die Überzeugungsarbeit wurde überwiegend bei den vermeintlichen Entscheidern, den Funktionsträgern, geleistet, nicht aber bei den Bürgern. Die städtebaulichen Zusammenhänge, die neue IOC-Nachhaltigkeitskampagne und die konservative Berechnung des Events durch den Hamburger Senat kamen bei den Menschen in der Stadt thematisch nicht an. Die Kommunikationsstrategie, so es sie denn gegeben hat, war überwiegend auf Insider ausgerichtet. Hier liefen die Befürworter in der Regel offene Türen ein – so beim Handwerk und in der Wirtschaft allgemein. wb