„Zeigt Eure Gesichter!“

Foto: Ankerkraut„Es macht mir einfach wahnsinnig Spaß zu arbeiten“, sagen Anne und Stefan Lemcke || Foto: Ankerkraut

Wer steckt hinter dem Gewürz – Experten Ankerkraut?

Mit Ankerkraut ist eines der schillerndsten Unternehmen Deutschlands in den hit-Technopark eingezogen. Der Hersteller und Händler von Gewürzen ist durch kreatives Online-Marketing, einen wirksamen Markenauftritt und die TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ deutschlandweit bekannt geworden. Erst im Sommer waren die Gewürz-Experten in aller Munde, als bekannt wurde, dass das Gründer-Ehepaar Stefan und Anne Lemcke weitere Anteile an der Firma veräußert hatte. Einen zweistelligen Millionenbetrag soll ihnen der Verkauf von 19 Prozent des Unternehmens an die französische Beteiligungsgesellschaft EMZ eingebracht haben. „Ein schwerer Krankheitsfall in der Familie hat uns gezeigt, wie endlich das Leben ist“, sagt Anne Lemcke. Es sei daher der richtige Zeitpunkt gewesen, Geld für die sieben- und achtjährigen Kinder aus der Firma zu ziehen. „Das Leben ist nicht nur Arbeit“, sagt die 41-Jährige.

An ihrer Arbeit ändere der Deal jedoch nichts, berichten die Lemckes. „Wir sitzen ja immer noch hier“, sagt Stefan Lemcke und lacht. Strategisch seien sie beide nach wie vor in alle Prozesse eingebunden, wenngleich ihnen mittlerweile zwei Geschäftsführer für die operative Arbeit zur Seite stehen. „Es macht mir einfach wahnsinnig Spaß zu arbeiten“, sagt Lemcke und sieht deshalb auch keinen Anlass, sich auf dem Erfolg auszuruhen. Darüber hinaus wollen die beiden das Geld nachhaltig einsetzen – sowohl sozial als auch wirtschaftlich. So baut Ankerkraut im ostafrikanischen Malawi eine Grundschule; die weiterführende Schule finanziert das Ehepaar privat. Und auch in eine neue Produktionsstätte soll investiert werden.

Die Gründer-Geschichte der Lemckes ist eine Erfolgsstory. Vor acht Jahren kündigte der gelernte Buchdrucker Stefan Lemcke seinen Job und fing in einer Garage in Wilhelmsburg an, „bis zur Sehnenscheidenentzündung Gewürze zu mischen“ und über einen Online-Shop zu verkaufen. Seine Frau war nach der Geburt des zweiten Kindes in Elternzeit, sie stieg danach ins Unternehmen ein. Und aus der Gründung wurde ein richtiges Geschäft. Weil auch die Nachfrage stieg, musste die Produktion professionalisiert werden. Lemcke kaufte eine Maschine und stellte seine ersten Mitarbeiter ein. Dann kam „Die Höhle der Löwen“. 2016 war das Ehepaar in der Vox-Sendung zu Gast – und verließ sie mit einem Deal: Investor Frank Thelen kaufte 20 Prozent der Anteile für 300 000 Euro. „Frank war derjenige, der uns gesagt hat: Zeigt Eure Gesichter“, erinnert sich Stefan Lemcke, der das eigentlich nicht wollte: „Ich dachte, der spinnt.“ Aber er ließ sich überzeugen. So wurden nicht nur die Gewürzgläschen berühmt, sondern auch die beiden Unternehmer. „Zeigt Eure Gesichter!“

Anzeige

Auch das Geschäft nahm an Fahrt auf. Gleich im ersten Jahr nach der Sendung verdoppelte Ankerkraut mit einem Plus von 1,5 Millionen Euro den Umsatz. Die Garage in Wilhelmsburg reichte schon lange nicht mehr, stattdessen bauten die Lemckes in Sinstorf eine Produktion auf – und stellten immer mehr Mitarbeiter ein. „Mein Traum waren acht bis zehn Mitarbeiter“, sagt Stefan Lemcke. Heute beschäftigt er mehr als 100 Menschen. „Manchmal laufen uns hier völlig neue Gesichter über den Weg, und wir müssen erst mal überlegen, wo die denn jetzt herkommen“, scherzt er. Und auch die Zahl der Standorte wuchs. „Was das angeht, sind wir tatsächlich schon ein kleines Konzernchen“, sagt Lemcke. Der Sitz der Firma befindet sich noch im heimischen Jesteburg, Stores gibt es in Hamburg, Berlin, Köln und Frankfurt und seit Kurzem ein Lager in Stelle. Die Produktion ist weiterhin in Sinstorf, aber weil die Mitarbeiter dort schon auf den Fluren saßen, musste für die Verwaltung eine neue Lösung her. Und die fanden die Lemckes nach langer Suche im hit-Technopark.

Die Flächen, die Anbindung, die Miete: „Hier hat einfach alles gepasst“, sagt Anne Lemcke. Und ganz besonders auch die Menschen. „Wir sagen immer: We don’t work with asholes. Die Miete hätte noch so günstig sein können, wir hätten das nicht gemacht, wenn es mit Herrn Birkel menschlich nicht gepasst hätte“, stellt Anne Lemcke klar. Der Umzug mitten in der Corona-Krise war kein Problem. Noch stehen hier und da ein paar Kartons, aber viel ist am neuen Standort nicht mehr zu tun – und weiterem Wachstum steht damit nichts im Wege.