Mangelware Holz: bauwelt-Geschäftsführer Alexander Delmes über den Bau-Boom in den USA, den Borkenkäfer und den Corona-Effekt.
In Deutschland werden die Baustoffe knapp. Alexander Delmes, Geschäftsführer der bauwelt Delmes Heitmann, erklärt die Effekte auf den Markt aus Sicht des größten Baustoffhändlers in der Metropolregion Hamburg im B&P-Interview mit Wolfgang Becker und Tobias Pusch.
Überall hört man aktuell, dass Baustoffe knapp werden, beispielsweise das Holz. Was ist da los?
Das ist ein ganz verrücktes Jahr. Die Verknappung, die wir momentan erleben, ist wirklich ungewöhnlich. Es ist ja nicht nur der Borkenkäfer, der nach wie vor den Wäldern zusetzt. Hinzu kommt eine erhöhte Nachfrage durch den Heimwerker-Boom, der wiederum eine Folge der Corona-Krise ist. Die wichtigste Ursache ist aber das Konjunkturprogramm, das Donald Trump kurz vor Amtsende angestoßen hat. In den USA wird aktuell wahnsinnig viel gebaut, oft auch in Holz. Und weil die eigenen Kontingente nicht ausreichen, wird in Europa eben großflächig dazugekauft.
Wie viel des europäischen Holzes geht denn aktuell über den großen Teich?
Wir reden hier von 80 Prozent der Produktion. In Bremerhaven sieht man zum Beispiel oft große Stapel von OSB-Platten, wenn man am dortigen Hafen entlangfährt. Und man ärgert sich natürlich auch darüber. Wobei das Material natürlich auch hier im Lande bleiben könnte, wenn denn die Abnehmer dazu bereit wären, wesentlich höhere Preise zu zahlen. Die Preissteigerungen sind aber auch schon jetzt enorm.
Über welche Größenordnungen reden wir da?
Beim Holz sind das sicherlich bis zu 100 Prozent. Und das zieht natürlich massive Effekte nach sich. Stellen Sie sich einmal vor, was das für Ihre Finanzierung bedeutet, wenn Ihr Bauprojekt auf einmal wegen gestiegener Materialkosten 30 Prozent teurer wird. Aber auch für Handwerker ist es natürlich nicht leicht, ihren Kunden zu erklären, warum eine Kalkulation jetzt vielleicht nicht mehr so klappt wie einst in Aussicht gestellt.
Wie gehen denn Handwerker mit der Knappheit um?
Die bevorraten sich natürlich, weil sie arbeitsfähig bleiben wollen. Doch das erhöht den Druck auf die Märkte natürlich noch einmal. Auch andere Baustoffe sind aktuell übrigens knapp.
Welche?
Wir spüren das auch beim Gipskarton, weil die Verfügbarkeit von Vorprodukten schwieriger geworden ist und die Nachfrage im Gegenzug stark hochgeschnellt ist. Und auch bei Dämmplatten und Kunststoffrohren ist die Lage derzeit nicht so rosig. Denn in Belgien hat ein Kunststoffwerk einen Brandschaden, das wichtige Vorprodukte für diesen Bereich erzeugt hat. Dadurch verlängern sich natürlich die Lieferketten, denn nun muss alles von weiter weg hergeschafft werden.
Wie ist die Lage denn bei Ihnen? Wie begegnen Sie der Knappheit? Und haben Sie alle Produkte vorrätig?
Wir verfügen ja zum Glück über elf Standorte. Das heißt, dass wir viel Ware einlagern können. Damit sind wir besser dran als andere. Unser Fokus liegt aktuell natürlich darauf, dass wir unsere Kunden lieferfähig halten, damit diese ihre Arbeit machen können.
Und was raten Sie aktuell all jenen, die ein Bauprojekt planen?
Wir sind das in Deutschland zwar nicht gewohnt, aber aktuell muss man den Materialeinkauf etwas längerfristiger planen, ich würde sagen, sechs Monate im Voraus. Fakt ist: Bauen wird jetzt erst einmal teurer. Aber irgendwann normalisiert sich die Lage sicherlich. Mein Vater sagte kürzlich zu mir: Unser Unternehmen gibt es schon 100 Jahre – wir kennen solche Wellen. Die gibt es immer wieder, aber die gehen auch wieder vorüber.
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