Der Stoff, aus dem die Bäume sind . . .

Lignin als neue Ressource entdecken

Lignin als neue Ressource entdecken:
Tutech Innovation und Enterprise Europe Network
unterstützen das Harburger Start-up LignoPure.

Auf der Suche nach Ressourcen, „aus denen sich was machen lässt“, hat die Menschheit gerade in ihrer jüngeren Geschichte, also in den vergangenen 200 Jahren seit Beginn der Industrialisierung, viel Fantasie und wenig Nachhaltigkeit bewiesen. Der Klassiker ist das Erdöl, der Grundstoff, aus dem beispielsweise viele Kunststoffe hergestellt werden. Ein Stoff, den bislang kaum jemand auf dem Ressourcen-Radar hat, heißt Lignin. Die LignoPure GmbH, ein Biotechnologie-Start-up aus dem Umfeld der Technischen Universität Hamburg, ist angetreten, das Material, das den Bäumen die Festigkeit gibt, aus dem ökonomischen Unterholz ins Licht zu ziehen. Lignin ist ein ständig nachwachsender Rohstoff und vielfältig einsetzbar. Dr. Wienke Reynolds, Entwicklungschefin bei LignoPure, sagt: „Lignin ist die zweithäufigste Fraktion aus dem Bereich der holzartigen Biomasse und umgibt uns quasi überall. Es verleiht Bäumen die Festigkeit, sorgt aber auch dafür, dass der Getreidehalm standfest ist. Und es hat eine sehr große Anwendungsbreite.“ Lignin fällt in großen Mengen in Zellstofffabriken und Bioraffinerien an. Aktuell wird es zu mehr als 97 Prozent verbrannt, beispielsweise um den Energiebedarf der Prozesse zu decken. „. . . und weil den Leuten bisher nicht viel Besseres eingefallen ist als einige niederwertige Anwendungen, wie zum Beispiel als Zementadditiv oder Bitumen. Das möchten wir gerne ändern, indem wir eigene Produkte im Bereich Kosmetik an den Markt bringen, aber auch indem wir unser ganzes Know-how in Materialanwendungen in einer Service-Plattform, unserer sogenannten Lignin-Application-Platform, anbieten“, sagt Wienke Reynolds, die LignoPure 2019 mit drei weiteren TUHH-Mitstreitern gegründet hat. „Wir haben schon in unserer Arbeit an der Technischen Universität Hamburg festgestellt, dass es viele unterschiedliche interessante Lignine gibt und auch Firmen, die gerne damit arbeiten möchten.“

Ein potenzielles Einsatzgebiet für Lignin, auf das LignoPure den Schwerpunkt legt, ist die Kosmetik. Der „Stoff, aus dem die Bäume sind“ wirkt als Antioxidanz sowie UV-Schutz und hat darüber hinaus auch antimikrobakterielle Wirkung – alles Eigenschaften, die dem Alterungsprozess von Kosmetika entgegenwirken. Auf Lignin-Basis können neue, kunststoffähnliche Materialien entwickelt werden, es wirkt als natürlicher Flammschutz in Dämmstoffen, dient der CO2-Optimierung bei industriellen Prozessen, hat gute mechanische Eigenschaften und wäre im Zweifel sogar essbar. LignoPure versteht sich bei dieser Vielfalt an Funktionalitäten deshalb auch als Partner für Anwendungs- und Entwicklungsberatung.

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Eigene Produktlinie geplant

Unterstützt und begleitet wird LignoPure von der Tutech Innovation GmbH, der Transfergesellschaft der TUHH und dem dort von Projektmanagerin Silke Schleiff betreuten Enterprise Europe Network (EEN). Das junge Harburger Unternehmen ist der klassische Fall: Hier geht es darum, wissenschaftliche Ideen und Ergebnisse in wirtschaftliche Prozesse umzuwandeln. Über das EEN gelang es, in der frühen Phase einen Partner zu finden, der an einer gemeinsamen Entwicklung von Dämmstoffen interessiert war, bei deren Herstellung auch Lignin verwendet wird. Ein Förderantrag (IraSME) konnte deshalb bewilligt werden. Mittlerweile sind weitere Partner im Boot, die ebenfalls daran arbeiten, aus Ligninen neue Anwendungen oder Produkte zu entwickeln.

Im Herbst 2021 will LignoPure die ersten eigenen Produktlinien auf den Markt bringen. Dazu sucht das EEN derzeit potenzielle Anwendungspartner aus der Kosmetik-, der Lebensmittel- und der Textilbranche. Wienke Reynolds: „Unser Hauptstandbein wird der Vertrieb von Lignin als Bestandteil für die Kosmetik-Produktion werden.“ Dazu sind allerdings noch große Investitionen auch in Technik notwendig, die für Gründer allein nicht zu stemmen sind. Das EEN schafft Kontakte, die Tutech und die IFB Hamburg beraten beispielsweise über Fördermöglichkeiten. Wienke Reynolds: „Die Suche nach Partnern oder auch nach Fördermöglichkeiten und weiteren Kooperationsmöglichkeiten ist gerade als Kleinunternehmer sehr schwierig. Da hilft es sehr, wenn man auf passende Ausschreibungen und Kooperationsmöglichkeiten, Veranstaltungen und so weiter hingewiesen wird.“ wb/EEN

>> Web: www.tutech.de,
www.lignopure.de

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