Wirtschaftsförderin Kerstin Maack über die heimliche Hochburg des Flugzeugbaus: Buxtehude
Keine Ahnung, was der Hase wohl gedacht haben mag, als der Igel schon wieder vor ihm am Ziel war – ob der fliegen kann? Die Legende von Hase und Igel ist vielleicht genau das Thema, das vielen Menschen einfällt, wenn sie an Buxtehude denken. Flugzeugbau dürfte den wenigsten einfallen. Kerstin Maack, Leiterin der Wirtschaftsförderung in Buxtehude, wird zweifellos jedem bestätigen, dass Igel gar nicht fliegen können, aber zum Thema Flugzeugbau fällt ihr jede Menge ein. Viel mehr, als selbst wirtschaftsaffinen Zeitgenossen in den Sinn käme. Stefan Baten ist mittendrin im Thema – als Geschäftsführer von Airbus Operations und KID Systeme wird er in einem Artikel des Standpunkte-Magazins von Nordmetall mit diesem Satz zitiert: „Der Standort ist eine Perle.“
Kerstin Maack: „Buxtehude ist hier im Norden der kleinste Standort im Airbus-Gefüge, hat aber schon eine recht lange Geschichte. Seit 1991 haben wir hier im Gewerbegebiet Lüneburger Schanze die Airbus Operations GmbH.“ In Buxtehude produziert Airbus mit knapp 350 Mitarbeitern auf einem Areal von 11 000 Quadratmetern elektronische Kabinen-Kommunikationseinrichtungen und Passagier-Systeme. Weitere Spezialgebiete sind die Entwicklung und die Integration von elektronischen Kabinenmanagementsystemen, einem Versorgungskanal und einem elektronischen Sitzverstell-System. Das Tätigkeitsspektrum umfasst Entwicklung, Produktion, Vermarktung, Wartung und den Ersatzteilservice.
Hinzu kommt die KID Systeme GmbH, eine 100-prozentige Airbus-Tochter, die 1999 gegründet wurde und rund 30 Mitarbeiter beschäftigt. KID entwickelt Produkte und Software für die Kabinensysteme verschiedener Airbus-Modelle, aber auch für Flugzeughersteller in aller Welt. Kerstin Maack: „Auch komplette Kabinensysteme werden hier in Buxtehude entwickelt, designt und vertrieben. KID ist in Peking, Dubai, Sao Paulo, Seattle und Dallas präsent und bietet einen 24/7-Service für Kunden an, ist also rund um die Uhr ansprechbar. Dieses Unternehmen ist zu einem Innovationstreiber für die gesamte Luftfahrtbranche geworden und wird die Zukunft des Fliegens ganz maßgeblich prägen.“ 2017 wurde KID gemeinsam mit Saudia Airlines in der Kategorie „Airline IFEC Providers“ mit dem Inflight Middle East Award ausgezeichnet.
Mit der JH Aircraft GmbH hat Kerstin Maack ein weiteres Aviation-Ass im Ärmel. JH steht für Jörg Hollmann. Im Schatten des Airbus-Werks hat er ein neuartiges Leichtflugzeug für Sportflieger konzipiert und befindet sich derzeit in der Testphase. Der 115 Kilogramm schwere Flieger soll noch in diesem Jahr Marktreife erlangen. Der Ingenieur und Konstrukteur arbeitet dazu kooperativ mit der hochschule 21, hier insbesondere dem Mechatronik-Bereich, zusammen. Mit der „Corsair“ soll eine neue Klasse leichter Luftsportgeräte geschaffen werden, wie Kerstin Maack sagt. Die Konstruktion basiert auf einem Fachwerk aus CFK. Hollmann wird mit 374 000 Euro durch das Land Niedersachsen gefördert. Ein typischer Dienstleistungsbetrieb mit Airbus-Anbindung ist die ProTec GmbH, ein inhabergeführtes Unternehmen und nach eigener Aussage einer der führenden Anbieter von NC-Programmierung. Maßgeblich und seit mehr als einem Vierteljahrhundert ist ProTec an der Programmierung zahlreicher Integralbauteile von Flugzeugen der kompletten Airbusflotte beteiligt. „Zu unseren Kompetenzen gehört unter anderem auch die Erstellung voll parametrisierter 3D-Modelle von Bauteilen oder Vorrichtungen inklusive passender 2D-Zeichnungen“, heißt es auf der Homepage. ProTec wurde 1984 in Stade gegründet, ist seit 1992 in Buxtehude ansässig. Zu den Kunden zählen eine ganze Reihe Firmen aus der Luft- und Raumfahrt-Industrie, aber auch aus der Automobil-Industrie und dem Mittelstand.
Ebenfalls zu den Airbus-Zulieferern zählt die Claudius Peters Projects GmbH, die sich im Bereich ihrer Aerospace Division auf die Fertigung von Flugzeugkomponenten, hier insbesondere von Stringern, für das Europäische Airbusprogramm konzentriert. Stringer sind Bauteile, die zur Versteifung beispielsweise von Rumpfkomponenten dienen und für die nötige Stabilität und Aerodynamik sorgen. Eigentlich steht der Name der Herbert Dammann GmbH in Buxtehude-Hedendorf für Pflanzenschutztechnik. Tatsächlich aber nimmt die Airporttechnik einen immer stärkeren Raum ein. Dammann sorgt dafür, dass Flugzeuge auch im Winter sicher starten und landen können. Auch wenn Igel de facto nicht fliegen können: Die Wirtschaftsförderung Buxtehude verfügt über freie Flächen, auf denen sich auch über die Luftfahrtbranche hinaus interessierte Unternehmen ansiedeln können.