Dirk Kaiser, Serviceleiter bei Mercedes Tesmer, über schnelle Autos, entspanntes Fahren und ein Aha-Erlebnis an der Tankstelle
Wer auf schnelle Autos und hohe Leistung steht, der sollte sich diesen Zweikampf unbedingt ansehen: Der elektrisch angetriebene neue EQC mit 408 PS (5,1 Sekunden von null auf 100) gegen den 585 PS starken GL R AMG (3,6 Sekunden von null auf 100), einen lupenreinen Benziner. Für das Rennen mietete Mercedes Tesmer den Flugplatz Agathenburg bei Stade. Da kommen Erinnerungen an ein anderes Rennen auf und an den Flugplatz Hartenholm, auf dem „normalerweise“ Comicautor Rötger „Brösel“ Feldmann mit seinem Red-Porschekiller, einer viermotorigen Horex, gegen Holgis Porsche antritt. Das Werner-Rennen ist Kult. Dieses Mal nun ein ernstes Duell: E-Mobil gegen Verbrenner, in Szene gesetzt von Benjamin Pust, der bei Tesmer eigentlich das Social-Media-Klavier bedient. Kurz: Der nagelneue EQC (Allrad) hat aus dem Stand die Nase vorn, wird aber am langen Ende dann doch noch vom GL R AMG (Heckantrieb) überholt. Ein Wettstreit auf Topniveau – und ein Beleg dafür, dass E-Mobilität mit ungeahnter Power auf einem Markt antritt, der in Deutschland erst noch erobert werden will.
Bislang liegen die Anmeldezahlen für E-Autos weit hinter den Zielen der Bundesregierung zurück. Doch nun rollt die E-Welle. Und sie überrollt sogar eingefleischte Verbrenner-Fans wie Dirk Kaiser, Serviceleiter für alle sieben Tesmer-Standorte. Er fährt derzeit einen E300de – einen Vierzylinder-Diesel mit 194 PS und einem Elektroantrieb, der weitere 122 PS entwickelt. Kaiser: „Ich fahre wirklich gerne schnell und mag es, wenn die Autobahn frei ist. Normalerweise fahre ich einen GLC 43 AMG. Jetzt habe ich den E300de, und was soll ich sagen: Für mich ist dieser Hybrid tatsächlich das ideale Fahrzeug. Ich wohne in Sittensen, habe einen Arbeitsweg von 35 Kilometern. Mit dem E-Auto komme ich bei kalten Temperaturen bis auf einen oder zwei Kilometer rein elektrisch zu meinem Arbeitsplatz in Buxtehude.“
Der Unterschied: Während Dirk Kaiser mit seinem AMG-Mercedes in der Woche an die 100 Liter Benzin verbrauchte, kommt er mit dem Hybrid-Fahrzeug gerade mal auf 4,8 Liter Diesel. „Plus das tägliche Laden der Batterie. Mit einer Ladung hat der E300de eine Reichweite von 35 bis 50 Kilometer – das kostet etwa drei Euro.“
Doch macht so ein Fahrzeug auch Spaß beim Fahren? „Ich bin nur unwesentlich langsamer. Die Hybridtechologie lässt alle Möglichkeiten offen. Ich kann rein auf Diesel schalten oder rein auf Strom. Beim Kickdown werden kurzzeitig beide Antriebe aktiviert – das sind dann fast 320 PS. Reicht doch.“ Abends kommt der E-Mercedes an die normale Steckdose und ist nach etwa fünf Stunden wieder voll geladen. Tagsüber wird er bei Tesmer auf dem Hof angeschlossen: „Wir haben jetzt an allen Standorten Ladesäulen“, sagt Dirk Kaiser und berichtet von begeisterten Kunden, die es genießen, mit einem E-Fahrzeug ein völlig neues Fahrerlebnis zu haben.
Und damit alle Kundenwünsche erfüllt werden können, spult Daimler jetzt das volle E-Programm ab. Dirk Kaiser: „Jetzt kommen die A- und die B-Klasse als E-Version auf den Markt. 2020 erwarten wir auch die erste S-Klasse im E-Format. Die nächste Generation der Hybridmodelle wird eine Reichweite von etwa 100 Kilometern haben – das sind absolut taugliche Fahrzeuge gerade auch für die ländlichen Bereiche.“ Die Nachfrage nach E-Autos sei zweifellos da, nur mit der Produktion hapere es noch. Umso mehr wird das Jahr 2020 spannend, denn dann wird sich zeigen, wie gut die neuen E-Modelle vom Markt angenommen werden. wb
Web: https://www.mercedes-benz-hans-tesmer.de
Service ist ein Thema, das alle Markenhändler umtreibt, denn mit der E-Mobilität sinkt das Servicevolumen der Fahrzeuge auf 30 bis 40 Prozent. Gerade der Service ist aber Teil der Gesamtkalkulation und garantiert Einnahmen. Dirk Kaiser: „Natürlich fallen beim E-Mobil einige Dinge weg wie beispielsweise der Ölwechsel und die Wartung der Motoren. Aber Bremsen, Reifen und Stoßdämpfer hat ein E-Fahrzeug auch. Reparaturaufträge werden nach Unfällen ebenfalls erteilt. Und das Thema Pflege haben wir auch. Dennoch: Ein großer Teil der Standardwartung entfällt. Allerdings stellen wir auch fest: Der Programmieraufwand für so ein Auto ist zum Teil erheblich. Ich gehe davon aus, dass sich der Servicejob verändern wird. Er wird sauberer, aber auch komplexer. Und auch die Mitarbeiter stehen vor Herausforderungen. Was die heute schon können müssen, ist absolut anspruchsvoll.“ wb