„Digital werden, Sparkasse bleiben“

Mit der Bestellung von Sabine Schölzel ist der Vorstand der Sparkasse Lüneburg nun wieder komplett. Der Vorstandsvorsitzende Torsten Schrell und seine neue Kollegin führen das Haus insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung in einen spannenden Entwicklungsprozess, der am Ende allen Kunden gerecht werden soll. Foto: SK Lüneburg

INTERVIEW Torsten Schrell und Sabine Schölzel, die neue Zweierspitze der Sparkasse Lüneburg, über Aufgabenteilung, Führungskultur, die Filial-Frage und das Kundenverhalten

Die Sparkasse Lüneburg startet nach dem erfolgreichen Mittelstandskongress im Frühjahr nun auch personell neu durch: Mit dem Vorstandsvorsitzenden, Torsten Schrell, und seiner neuen Vorstandskollegin Sabine Schölzel sprach B&P-Redakteur Wolfgang Becker über die Herausforderungen und die Ausrichtung der Sparkasse.

Frau Schölzel, Sie kommen eigentlich aus dem Niederrhein-Gebiet, haben eine kurze bayerische Station hinter sich und sind nun ganz neu hier in Norddeutschland gelandet. Was ist Ihre Aufgabe?

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Mein Aufgabenbereich im Vorstand ist die Hälfte der Sparkasse, die sich mit Vertrieb beschäftigt – sowohl das Privatkunden- als auch das Firmenkundengeschäft liegen in meiner Verantwortung. Also die Hausbank und die Businessbank innerhalb der Sparkasse Lüneburg.

Herr Schrell, Sie haben dann also die andere Hälfte . . .

. . . ja, die andere Hälfte, die sich aber auch mit unseren Kunden beschäftigt. Die Gesamtbank als übergeordneter Bereich sowie die Stabs- und Backoffice-Bereiche als Ergänzung zu den Kollegen, die im Dezernat von Frau Schölzel sind. Es geht uns dabei darum, die Prozesse so zu steuern und zu strukturieren, dass sie aus Kundensicht optimal funktionieren. Das geht nur im Zusammenspiel.

Die Sparkasse Lüneburg hat in den vergangenen Jahren stark in den Bereich Teambuilding investiert. Ist das die Basis, auf der Sie Ihre gemeinsame Führungskultur weiterentwickeln wollen?

Schölzel: Zu der Historie kann ich noch nicht so viel sagen, aber ich erzähle gern, wie wir das gemacht haben: Wir sind im Gespräch seit August vorigen Jahres. Für mich war es bei der Auswahl der Sparkasse, in der ich meine Vorstandsposition antreten wollte, sehr wichtig, einen Vorstand vorzufinden, mit dem eine kooperative und effiziente Zusammenarbeit möglich ist. Wir haben uns gegenseitig auf Herz und Nieren geprüft, um zu sehen, ob unsere Zusammenarbeit funktionieren kann. Das ist für mich positiv ausgegangen. Wir hatten von Anfang an einen guten Draht und greifen auf ähnliche Werte zurück. Bei uns beiden stehen die Sparkasse, unsere Kunden und auch das Vorankommen der Mitarbeiter im Vordergrund. Das Ziel ist, dauerhaft eine stabile Sparkasse in der Region zu haben.

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Die Sparkasse Lüneburg ist in den vergangenen Jahren durchaus offensiv und selbstbewusst aufgetreten. Dazu zählt auch die Organisation des ersten Mittelstandskongresses und der Blick als Finanzdienstleister über die Lüneburger Grenzen hinaus in die Metropolregion Hamburg. Ist das auch die Ansage für die Zukunft?

Schölzel: Ja klar, der Kongress war eine ganz hervorragende Veranstaltung, die wir sicherlich weiterführen werden, wenn auch nicht im jährlichen Turnus.

Schrell: Der Mittelstandskongress war für uns eine große Veranstaltung und im Nachgang betrachtet für uns als Haus ein sehr guter Erfolg. Wir sind mit dem Verlauf daher auch sehr zufrieden. Aber: Der Erfolg lag sicherlich auch an der Premiere an sich und daran, dass er nicht jährlich stattfinden wird. Er soll etwas Besonderes bleiben. Wir würden ihn gern 2021 wieder durchführen, da laufen bereits erste Planungen. Und natürlich werden wir weiterhin aktiv in der Metropolregion unterwegs sein, wissen aber auch, dass unser Schwerpunkt in der Hansestadt und im Landkreis Lüneburg liegt.

Je näher wir an Hamburg heranrücken, desto stärker begegnen uns die Bestrebungen von Sparkassen und Banken, das Thema Filiale neu zu definieren. Jeder sucht nach dem richtigen Weg, dem richtigen Konzept.

Welche Strategie fahren Sie in Lüneburg?

Schölzel: Es ist unser genetischer Code, in der Region vor Ort und präsent zu sein. Wir müssen uns intensiv anschauen, was unsere Kunden brauchen. Aber durch unsere Nähe zum Kunden heben wir uns von unseren Wettbewerbern ab. Ich glaube, dass unsere Kunden hybrid sind und es schätzen, alle Vertriebswege nutzen zu können. Wir haben die Filiale, die Spezialisten, das Kundenservicecenter für die telefonische Betreuung und einen sehr professionellen Online-Banking-Auftritt.

Gibt es ein neues Filial-Modell?

Schölzel: Das wird der Kunde mitgestalten. Ich denke, der direkte Service wird im Zuge der Digitalisierung in den kommenden Jahren abnehmen, aber Beratung zum Beispiel im Wertpapiergeschäft, bei der Baufinanzierung oder im Vorsorgegeschäft wird auf jeden Fall weiterhin gebraucht werden. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Wo die genau stattfindet, entscheidet der Kunde. Wir werden ihm die Wege zur Verfügung stellen und sehen, welche er nutzt.

Schrell: Entscheidend ist für uns, wo und wie der Kunde beraten werden möchte. In der Filiale? Am Mittwochabend zu Hause?

Schölzel: Oder am Sonntagnachmittag per Videoberatung . . .

Am Sonntagnachmittag?

Ja, wenn der Kunde das irgendwann so wünscht – das heißt aber nicht, dass wir diesen Service jetzt schon in der Pipeline haben und es in zwei Wochen losgeht.

Schrell: Das ist das Entscheidende: Wenn die Kunden das so wollen, werden wir es für sie bereitstellen. Wenn nicht, ist das ja in Ordnung. Der Kunde entscheidet. Wir können allerdings bei einer Marktdurchdringung von mehr als 50 Prozent nicht von heute auf morgen mal eben das Beratungssystem umstellen. Wir werden einen Veränderungsprozess erleben und uns darauf sukzessive einstellen. Wir können als Marktführer keinen Big Bang machen, sondern müssen uns mit unseren Kunden entwickeln.

Was ist derzeit die größte Herausforderung der Sparkasse Lüneburg?

Schrell: „Digital werden, Sparkasse bleiben“ – ein Slogan, der jüngst in einer Diskussionsrunde genannt wurde. Wir haben eine regionale Verpflichtung vor Ort, aber in Zeiten der Digitalisierung müssen wir unser Geschäftsmodell ein Stück weit neu erfinden. Es gibt Kunden, die die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen und schätzen, aber auch solche, denen dieses Thema verschlossen bleibt oder die sich dem Thema gar nicht öffnen möchten – wir müssen für alle Ansprechpartner bleiben. Diesen Spagat in dieser hybriden Kundenstruktur zu machen, das ist unsere zentrale Aufgabe in den kommenden Jahren.

Zuletzt nun noch die Frauenfrage: Im direkten Umfeld sind Sie, Frau Schölzel, mittlerweile die dritte Frau auf Vorstands­ebene der Sparkassen und Volksbanken. Verändert sich da gerade etwas? Bröckelt die Männerdomäne? Herr Schrell, haben Sie bewusst eine Kollegin gesucht?

Schrell: Nein, wir hatten ein ganz normales Ausschreibungsverfahren, auf das sich Damen wie Herren beworben haben – und dann ist es Frau Schölzel geworden, weil sie die am besten Qualifizierteste für den Job ist. Das Entscheidende war die gleiche Wertebasis und die Notwendigkeit, bei einer Zweierspitze die unterschiedlichen Arbeitsbereiche qualifiziert zu besetzen.

Schölzel: Die Frauenquote in den Sparkassenvorständen liegt nach wie vor unter fünf Prozent. Und die paar Frauen, die in den vergangenen Jahren in Vorstände bestellt worden sind, finden wir vorzugsweise in Niedersachsen. Das heißt, Niedersachsen müsste jetzt bei etwa zehn Prozent Frauenanteil in den Vorständen der Sparkassen liegen. Das ist immer noch niedrig, aber ich kann eine Lanze für die Sparkasse Lüneburg brechen, denn in diesem Haus sind weitere Führungsposten mit Frauen besetzt. Da ist Lüneburg sicherlich eine Vorzeigesparkasse.