Lars Oldach und Stefanie Feindt über Netzwerken und Zusammenhalt in Zeiten der Pandemie.
Als der Winter Ende Mai endlich vorüber ist, sitzen wir erstmals wieder in einem Straßencafé beim Cappuccino und fragen uns: Ist es jetzt wieder wie früher? Oder kommt da noch was? Corona hat Spuren hinterlassen – auch beim Wirtschaftsverein Buxtehude, wie der Vorsitzende, Lars Oldach, und Geschäftsführerin Stefanie Feindt berichten. Diese Spuren sind allerdings keineswegs negativ, denn der regionale Zusammenhalt steht in diesen Zeiten hoch im Kurs. Wer als Unternehmer eben noch meinte, Herr der Lage zu sein und niemanden zu brauchen, der entdeckte seine Nachbarn vielleicht ganz neu. Passend dazu ein alter Song von Klaus Lage: „1000 Mal berührt, 1000 Mal ist nichts passiert . . .“:
Corona machte den Direktkontakt zeitweise unmöglich und brachte das übliche Vereinsleben mit zahlreichen Präsenzveranstaltungen zwar weitgehend zum Erliegen, zeigte aber auch neue Wege auf – die Digitalisierung hat im Wirtschaftsverein, wie in vielen Unternehmen, einen beträchtlichen Schub bekommen. Steffi Feindt: „Also gab es statt Präsenz fast zwei Dutzend Online-Veranstaltungen.“
28 neue Mitglieder aufgenommen
Lars Oldach: „Wir haben dazu unsere Aktivitäten auf YouTube und Facebook ausgebaut. Und wir haben uns sehr schnell eine Zoom-Lizenz gekauft.“ Will heißen: „. . . und es hat Zooooom gemacht“: Video-Konferenzen und Chats sind heute ganz normal – als hätten wir das schon immer so gehandhabt.
Stefanie Feindt: „Für eine Pandemie-Bilanz ist es sicherlich noch zu früh, aber ich hatte am Anfang schon das Gefühl, dass wir als Verein nicht unser gewohntes Programm bieten können. Es fiel ja gefühlt irgendwie alles aus. Wir versuchten dann, unseren Mitgliedern die aktuellen Informationen zum Thema Corona mitzuteilen – ein ziemlich schwieriges Unterfangen, da sich ständig alles änderte. Für Buxtehude kann ich aber sagen: Die Stadtverwaltung und auch die IHK haben unser Netzwerk als Schnittstelle zu den Unternehmen genutzt – das hat wirklich gut geklappt. Unsere Geschäftsstelle war durchgängig besetzt.“ Dann kamen die ersten Anrufe von Mitgliedern, die einfach mal mit jemandem sprechen wollten. Lars Oldach: „Nach den langen Phasen der Kontaktverbote war der Bedarf da, einfach mal wieder zu hören, was da draußen los ist. Das haben wir als Verein gespürt.“
Der Wirtschaftsverein Buxtehude reagierte umgehend auf die Bedürfnisse seiner 265 Mitglieder und entwickelte ein alternatives und vor allem Corona-konformes Angebot. Lars Oldach: „Wir erleben eine Rückbesinnung auf Regionalität und haben seit der Pandemie 28 neue Mitglieder aufgenommen.“ Und Stefanie Feindt fügt hinzu: „Durch die neuen Kommunikationswege erreichen wir jetzt auch andere Altersgruppen. Die neuen Mitglieder sind bunt gemischt – es sind verstärkt jüngere Unternehmerinnen und Unternehmer darunter.“ So betrachtet, wirkt Corona auf einer besonderen Ebene als Frischzellenkur.
Der Buxtehuder Wirtschaftsverein schaffte es, seine Aktivitäten neu zu denken. Alle Arbeitskreise blieben am Ball und nutzten die Möglichkeiten der digitalen Medien, um Kontakt zu halten und im Gespräch zu sein. Lars Oldach: „Es ist ein neues Wir-Gefühl entstanden.“ Was nicht zuletzt auch daran liegt, dass plötzlich alle Menschen denselben Gegner hatten: ein unsichtbares Virus. Richtig in Fahrt kamen die Buxtehuder, als die Stadt Modellregion werden sollte. Stefanie Feindt: „Alle arbeiteten sehr schnell zusammen – die Stadt, die Hochschule, der Einzelhandel, die Wirtschaft und so weiter. Die Idee, die sich nachher nicht umsetzen ließ, beflügelte uns alle und schaffte eine neue gemeinsame Ebene. Ich denke, das wird bleiben – das ist nachhaltig.“
Gegenseitige Wertschätzung
Das bestätigt auch Lars Oldach: „Corona macht ja etwas mit uns. Ich muss jeden Morgen meine Mitarbeiter und die Bewohner der Seniorenresidenz testen. Seit Monaten schreibe ich zig Mal ‚negativ‘ auf. Das färbt dann irgendwann ab. Allein deshalb müssen wir dem etwas Positives entgegensetzen. Und das sehe ich zum Beispiel ganz deutlich in den Beziehungen: Die gegenseitige Wertschätzung ist eine andere geworden. Früher gingen wir selbstverständlich mittags in ein Café – jetzt wissen wir: Das ist gar nicht selbstverständlich, sondern super, dass wir das können.“
Ebenfalls nicht selbstverständlich war die spontane Solidarität einzelner Vereinsmitglieder. Stefanie Feindt: „Die Firma Implantcast bot beispielsweise über den Wirtschaftsverein Masken zum Selbstkostenpreis an. So etwas ist doch toll. Wir haben jetzt alle gemeinsame Erlebnisse.“ Was beide freut, ist die Tatsache, dass bislang kein einziges Mitgliedsunternehmen von Corona in die Knie gezwungen worden ist. Lars Oldach: „Es wurde zwar hier und da mal eng, sodass wir Beiträge ausgesetzt haben, aber es musste niemand aufgeben.“
Wie geht es nun weiter? Durch Wanderungsbewegungen von neuen Mitgliedern, die beispielsweise vom Landkreis Harburg in den Landkreis Stade umgezogen sind, haben sich neue Kontakte ergeben. Lars Oldach: „Es ist noch ein zartes Pflänzchen, aber es gibt Kontakte zwischen dem Wirtschaftsverein Buxtehude und dem Gewerbeverein in Neu Wulmstorf. Das begrüßen wir, denn als Wirtschaftsverein denken wir ja auch regional. Wir haben übrigens auch Mitgliedsunternehmen aus Stade.“ Durch Hybrid- oder Online-Veranstaltungen, aber auch über die YouTube-Aktivitäten sind neue Kontakte entstanden – die Vereine nehmen sich heute stärker wahr. Was wiederum zu Synergieeffekten führen kann.
Vier Arbeitskreise laden ein
Die Mitglieder des Buxtehuder Wirtschaftsvereins haben die Möglichkeit, sich im Internet in einem Forum auf der Vereins-Homepage zu präsentieren. Die vier Arbeitskreise sind weiterhin aktiv: Medien, Personal, Steuern-Recht-Finanzen und seit 2020 neu das Thema Digitalisierung. Gute Möglichkeiten, für Unternehmer, sich aktiv einzubringen. Und auch die nächste Veranstaltung ist in der Planungsphase. Stefanie Feindt: „Der Titel lautet: ‚Raus aus der Zoom-Zone‘. Es geht darum, wie wir künftig die Unternehmen erreichen. Ich denke, damit sind wir sehr aktuell. Und für das nächste Jahr haben wir eine Einladung von Eurogate – darauf freue ich mich besonders.“ Endlich wieder raus, endlich wieder unter Menschen – nicht nur Buxtehudes Wirtschaft fiebert der Rückkehr in das normale Leben entgegen. wb
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